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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Erster Abschnitt.
Die Sage und die ältesten Künstlergruppen bis gegen 01. 60.

Von dem ersten Ursprunge der Kunst haben wir keine ge-
schichtliche Nachricht erhalten. Rohe Versuche, welche noch
damit kämpften, die Schwierigkeiten des gemeinen Handwer-
kes zu überwinden, verdienen nicht einmal in der Gestalt der
Sage zur Kenntniss der Nachwelt zu kommen. Als aber
diese Versuche zu einer Art von Selbstständigkeit gelangt
waren, so dass sie einigermassen auf den Namen der Kunst
Anspruch machen durften, war natürlich die Kunde von den
ersten Anfängen längst vergessen. Doch die Sage zeigt sich
stets geschickt, die Lücken der Geschichte auszufüllen, und
so war auch hier leicht ein Ausweg gefunden. Von wem
anders, als von den Göttern konnte die Kunst zu den Men-
schen gelangt sein? Die ersten Kunstwerke, die Götterbilder,
fallen vom Himmel; Götter oder göttliche Wesen arbeiten auf
der Erde. Endlich aber treten die Götter mit den Sterblichen
selbst in Verbindung und theilen ihnen die Geheimnisse der
Kunst mit. Jetzt erst wird es möglich, die Kunde von jedem
weiteren Fortschritte zu bewahren; und mag sich uns auch
diese Ueberlieferung noch eine Zeit lang in dem Gewande der
Sage darstellen, so ist es doch von diesem Punkte an Pflicht
der Geschichtschreibung, selbst diese mit wachsamem Auge zu
verfolgen, und nach der geschichtlichen Wahrheit zu forschen,
die in ihr enthalten ist. Wir beginnen deshalb die Geschichte
der Künstler mit einem Namen, der noch mitten in der Heroen-
welt der Griechen erscheint und daher vielmehr den vornehm-
sten Heros der Kunstsage bezeichnet, als eine wirkliche Per-
sönlichkeit, welche sich etwa am Anfange der Geschichte
über ihre Umgebung bedeutend erhoben und der Kunst neue
Bahnen eröffnet hätte.

Erster Abschnitt.
Die Sage und die ältesten Künstlergruppen bis gegen 01. 60.

Von dem ersten Ursprunge der Kunst haben wir keine ge-
schichtliche Nachricht erhalten. Rohe Versuche, welche noch
damit kämpften, die Schwierigkeiten des gemeinen Handwer-
kes zu überwinden, verdienen nicht einmal in der Gestalt der
Sage zur Kenntniss der Nachwelt zu kommen. Als aber
diese Versuche zu einer Art von Selbstständigkeit gelangt
waren, so dass sie einigermassen auf den Namen der Kunst
Anspruch machen durften, war natürlich die Kunde von den
ersten Anfängen längst vergessen. Doch die Sage zeigt sich
stets geschickt, die Lücken der Geschichte auszufüllen, und
so war auch hier leicht ein Ausweg gefunden. Von wem
anders, als von den Göttern konnte die Kunst zu den Men-
schen gelangt sein? Die ersten Kunstwerke, die Götterbilder,
fallen vom Himmel; Götter oder göttliche Wesen arbeiten auf
der Erde. Endlich aber treten die Götter mit den Sterblichen
selbst in Verbindung und theilen ihnen die Geheimnisse der
Kunst mit. Jetzt erst wird es möglich, die Kunde von jedem
weiteren Fortschritte zu bewahren; und mag sich uns auch
diese Ueberlieferung noch eine Zeit lang in dem Gewande der
Sage darstellen, so ist es doch von diesem Punkte an Pflicht
der Geschichtschreibung, selbst diese mit wachsamem Auge zu
verfolgen, und nach der geschichtlichen Wahrheit zu forschen,
die in ihr enthalten ist. Wir beginnen deshalb die Geschichte
der Künstler mit einem Namen, der noch mitten in der Heroen-
welt der Griechen erscheint und daher vielmehr den vornehm-
sten Heros der Kunstsage bezeichnet, als eine wirkliche Per-
sönlichkeit, welche sich etwa am Anfange der Geschichte
über ihre Umgebung bedeutend erhoben und der Kunst neue
Bahnen eröffnet hätte.

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[[13]/0026] Erster Abschnitt. Die Sage und die ältesten Künstlergruppen bis gegen 01. 60. Von dem ersten Ursprunge der Kunst haben wir keine ge- schichtliche Nachricht erhalten. Rohe Versuche, welche noch damit kämpften, die Schwierigkeiten des gemeinen Handwer- kes zu überwinden, verdienen nicht einmal in der Gestalt der Sage zur Kenntniss der Nachwelt zu kommen. Als aber diese Versuche zu einer Art von Selbstständigkeit gelangt waren, so dass sie einigermassen auf den Namen der Kunst Anspruch machen durften, war natürlich die Kunde von den ersten Anfängen längst vergessen. Doch die Sage zeigt sich stets geschickt, die Lücken der Geschichte auszufüllen, und so war auch hier leicht ein Ausweg gefunden. Von wem anders, als von den Göttern konnte die Kunst zu den Men- schen gelangt sein? Die ersten Kunstwerke, die Götterbilder, fallen vom Himmel; Götter oder göttliche Wesen arbeiten auf der Erde. Endlich aber treten die Götter mit den Sterblichen selbst in Verbindung und theilen ihnen die Geheimnisse der Kunst mit. Jetzt erst wird es möglich, die Kunde von jedem weiteren Fortschritte zu bewahren; und mag sich uns auch diese Ueberlieferung noch eine Zeit lang in dem Gewande der Sage darstellen, so ist es doch von diesem Punkte an Pflicht der Geschichtschreibung, selbst diese mit wachsamem Auge zu verfolgen, und nach der geschichtlichen Wahrheit zu forschen, die in ihr enthalten ist. Wir beginnen deshalb die Geschichte der Künstler mit einem Namen, der noch mitten in der Heroen- welt der Griechen erscheint und daher vielmehr den vornehm- sten Heros der Kunstsage bezeichnet, als eine wirkliche Per- sönlichkeit, welche sich etwa am Anfange der Geschichte über ihre Umgebung bedeutend erhoben und der Kunst neue Bahnen eröffnet hätte.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. [13]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/26>, abgerufen am 29.03.2024.