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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

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einem Fragezeichen angeführt. -- Endlich ist von Raoul-
Rochette (Lettre a Mr. Schorn p. 209) auch

Antiochus
als Künstler in diesem Fache wegen einer Stelle bei Sym-
machus (epist. VIII, 41) bezeichnet worden: Nunc elegantia
ingenii tui et inventionis subtilitas pretianda est; novum
quippe musivi genus et intentatum superioribus reperisti;
quod etiam nostra ruditas ornandis cameris tentabit affligere,
si vel in tabulis vel in tegulis exemplum de te praemeditati
operis sumpserimus. Aber die ganze Art, wie Symmachus
die Erfindung des Antiochus preist und von ihr selbst Ge-
brauch zu machen wünscht, deutet darauf hin, dass es sich
nur um eine neue Art der Anwendung oder Anordnung von
Mosaiken handelt, die Antiochus, ohne selbst Künstler zu
sein, erdacht hatte.

Rückblick.

Es wird keiner Rechtfertigung bedürfen, wenn wir dies-
mal darauf verzichten, nach den kümmerlichen uns erhal-
tenen Nachrichten über die einzelnen Künstler auch nur die
Grundlinien einer Entwickelungsgeschichte der Malerei zur
Zeit der römischen Herrschaft zu entwerfen. Kein einziges
Werk, kein einziger Künstler von hervorragender Bedeutung
wird angeführt, der unsere Aufmerksamkeit etwas länger zu
fesseln vermöchte. Die Klagen über den frühen Verfall der
Malerei, welche z. B. bei Plinius und Petronius laut werden,
können daher von dieser Seite nur ihre Bestätigung er-
halten. Die Beurtheilung, welche die wenigen römischen
Maler bei ihren Landsleuten fanden, zeigt zur Genüge, einen
wie niedrigen Begriff diese von der Würde des Künstlers
hegten, und lässt uns von vorn herein annehmen, dass es
mit der Würde der Kunst selbst kaum anders sein konnte.
Man suchte alte, berühmte Werke, schätzte sie aber mei-
stens gewiss noch mehr wegen ihrer Kostbarkeit, als wegen
ihres inneren Werthes; was von neuen Werken begehrt
wurde, hatte nur den Zweck, als Gegenstand des Luxus zum
Schmuck und zur Zierde zu dienen. Das zeigt sich uns
recht deutlich, wenn wir die einzige Erscheinung, welche
als neu auf dem Gebiete der Malerei angeführt wird, die
Erfindung des Ludius, ins Auge fassen. Man hat diesen

einem Fragezeichen angeführt. — Endlich ist von Raoul-
Rochette (Lettre à Mr. Schorn p. 209) auch

Antiochus
als Künstler in diesem Fache wegen einer Stelle bei Sym-
machus (epist. VIII, 41) bezeichnet worden: Nunc elegantia
ingenii tui et inventionis subtilitas pretianda est; novum
quippe musivi genus et intentatum superioribus reperisti;
quod etiam nostra ruditas ornandis cameris tentabit affligere,
si vel in tabulis vel in tegulis exemplum de te praemeditati
operis sumpserimus. Aber die ganze Art, wie Symmachus
die Erfindung des Antiochus preist und von ihr selbst Ge-
brauch zu machen wünscht, deutet darauf hin, dass es sich
nur um eine neue Art der Anwendung oder Anordnung von
Mosaiken handelt, die Antiochus, ohne selbst Künstler zu
sein, erdacht hatte.

Rückblick.

Es wird keiner Rechtfertigung bedürfen, wenn wir dies-
mal darauf verzichten, nach den kümmerlichen uns erhal-
tenen Nachrichten über die einzelnen Künstler auch nur die
Grundlinien einer Entwickelungsgeschichte der Malerei zur
Zeit der römischen Herrschaft zu entwerfen. Kein einziges
Werk, kein einziger Künstler von hervorragender Bedeutung
wird angeführt, der unsere Aufmerksamkeit etwas länger zu
fesseln vermöchte. Die Klagen über den frühen Verfall der
Malerei, welche z. B. bei Plinius und Petronius laut werden,
können daher von dieser Seite nur ihre Bestätigung er-
halten. Die Beurtheilung, welche die wenigen römischen
Maler bei ihren Landsleuten fanden, zeigt zur Genüge, einen
wie niedrigen Begriff diese von der Würde des Künstlers
hegten, und lässt uns von vorn herein annehmen, dass es
mit der Würde der Kunst selbst kaum anders sein konnte.
Man suchte alte, berühmte Werke, schätzte sie aber mei-
stens gewiss noch mehr wegen ihrer Kostbarkeit, als wegen
ihres inneren Werthes; was von neuen Werken begehrt
wurde, hatte nur den Zweck, als Gegenstand des Luxus zum
Schmuck und zur Zierde zu dienen. Das zeigt sich uns
recht deutlich, wenn wir die einzige Erscheinung, welche
als neu auf dem Gebiete der Malerei angeführt wird, die
Erfindung des Ludius, ins Auge fassen. Man hat diesen

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[314/0322] einem Fragezeichen angeführt. — Endlich ist von Raoul- Rochette (Lettre à Mr. Schorn p. 209) auch Antiochus als Künstler in diesem Fache wegen einer Stelle bei Sym- machus (epist. VIII, 41) bezeichnet worden: Nunc elegantia ingenii tui et inventionis subtilitas pretianda est; novum quippe musivi genus et intentatum superioribus reperisti; quod etiam nostra ruditas ornandis cameris tentabit affligere, si vel in tabulis vel in tegulis exemplum de te praemeditati operis sumpserimus. Aber die ganze Art, wie Symmachus die Erfindung des Antiochus preist und von ihr selbst Ge- brauch zu machen wünscht, deutet darauf hin, dass es sich nur um eine neue Art der Anwendung oder Anordnung von Mosaiken handelt, die Antiochus, ohne selbst Künstler zu sein, erdacht hatte. Rückblick. Es wird keiner Rechtfertigung bedürfen, wenn wir dies- mal darauf verzichten, nach den kümmerlichen uns erhal- tenen Nachrichten über die einzelnen Künstler auch nur die Grundlinien einer Entwickelungsgeschichte der Malerei zur Zeit der römischen Herrschaft zu entwerfen. Kein einziges Werk, kein einziger Künstler von hervorragender Bedeutung wird angeführt, der unsere Aufmerksamkeit etwas länger zu fesseln vermöchte. Die Klagen über den frühen Verfall der Malerei, welche z. B. bei Plinius und Petronius laut werden, können daher von dieser Seite nur ihre Bestätigung er- halten. Die Beurtheilung, welche die wenigen römischen Maler bei ihren Landsleuten fanden, zeigt zur Genüge, einen wie niedrigen Begriff diese von der Würde des Künstlers hegten, und lässt uns von vorn herein annehmen, dass es mit der Würde der Kunst selbst kaum anders sein konnte. Man suchte alte, berühmte Werke, schätzte sie aber mei- stens gewiss noch mehr wegen ihrer Kostbarkeit, als wegen ihres inneren Werthes; was von neuen Werken begehrt wurde, hatte nur den Zweck, als Gegenstand des Luxus zum Schmuck und zur Zierde zu dienen. Das zeigt sich uns recht deutlich, wenn wir die einzige Erscheinung, welche als neu auf dem Gebiete der Malerei angeführt wird, die Erfindung des Ludius, ins Auge fassen. Man hat diesen

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/322>, abgerufen am 19.03.2024.