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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 142. Unzucht, Ehebruch und Blutschande.
pflichtmässige Obsorge, so haftet er unter bestimmten Voraussetzungen
für einfachen Ersatz des verursachten Schadens; so nach burgun-
dischem Rechte27, wenn das Feuer nicht etwa vom Winde fortge-
trieben wurde, so nach langobardischem28 und sächsischem29, wenn
es binnen 24 Stunden einen Schaden anrichtete. Einfachen Ersatz
verlangt bei Feuerverwahrlosung auch das westgotische Recht30. Nach
einer Satzung Rotharis ist ersatzpflichtig, wer Feuer 9 Fuss vom Feuer-
herde wegträgt, wenn daraus ein Schaden entsteht31. Ein in den
Liber Papiensis unter die Satzungen Lothars I. aufgenommenes Kapi-
tular32 setzt auf Erregung eines Brandes im Walde, abgesehen von
der Ersatzpflicht, die königliche Bannbusse, während die Lex Wisigo-
thorum, gleichfalls unter polizeilichem Gesichtspunkte, das Anzünden
eines Waldes oder einzelner Bäume mit Prügelstrafe bedroht33.

§ 142. Unzucht, Ehebruch und Blutschande.

Wilda, Strafrecht S. 809. 821. 849. 855. Walter, RG II 398 f. v. Richthofen,
Zur Lex Saxonum S. 281. Osenbrüggen, Strafrecht der Langobarden S. 97.
Dahn, Studien S. 230 f. Rosenthal, Die Rechtsfolgen des Ehebruchs nach
kanonischem und deutschem Recht 1880. Bennecke, Die strafrechtliche Lehre
vom Ehebruch in ihrer historisch-dogmatischen Entwickelung 1884. Sohm, Das
Recht der Eheschliessung 1875, S. 76 f. Derselbe, Trauung und Verlobung
1876, S. 2 ff. Edgar Loening, Kirchenrecht II 584. Habicht, Die altdeutsche
Verlobung 1879, S. 51. Koehne, Die Geschlechtsverbindungen der Unfreien im
fränkischen Rechte in Gierkes Untersuchungen XXII 12 ff. Konrad Maurer,
Die Schuldknechtschaft nach altnordischem Rechte, Münchener SB 1874, S. 11 ff.
v. Amira, Vollstreckungsverfahren S. 263 f. Brandt, Forelaesninger II 85 ff.

1. Unzucht.

Man mag über die oft behauptete und oft bezweifelte Sitten-
strenge, die man den Germanen hinsichtlich des geschlechtlichen Um-
gangs nachrühmt, denken wie man will, jedenfalls bleibt es ein
bemerkenswerter Zug des germanischen Strafrechtes, dass es die
geschlechtliche Entehrung fornicatio oder adulterium1, ahd. farlegani,

27 Lex Burg. 41.
28 Roth. 148.
29 Lex Sax. 55, wo allerdings nur von der Tötung eines Menschen durch das
Feuer die Rede ist, aber eine analoge Anwendung auf sonstigen Brandschaden in
der Natur der Sache liegt. Vgl. oben I 373, Anm. 24.
30 Lex Wisig. VIII 2, 3.
31 Roth. 147.
32 Liber Papiensis, Lothar 81 = Cap. ital. I 335, c. 3.
33 Lex Wisig. VIII 2, 2. Über die nordischen Rechte siehe Wilda, Straf-
recht S. 951.
1 Das Wort adulterium ist nach dem Sprachgebrauche der Quellen nicht auf
den Ehebruch beschränkt. Greg. Tur. Hist. Franc. VI 36. Concil. Turon. v. J. 567,

§ 142. Unzucht, Ehebruch und Blutschande.
pflichtmäſsige Obsorge, so haftet er unter bestimmten Voraussetzungen
für einfachen Ersatz des verursachten Schadens; so nach burgun-
dischem Rechte27, wenn das Feuer nicht etwa vom Winde fortge-
trieben wurde, so nach langobardischem28 und sächsischem29, wenn
es binnen 24 Stunden einen Schaden anrichtete. Einfachen Ersatz
verlangt bei Feuerverwahrlosung auch das westgotische Recht30. Nach
einer Satzung Rotharis ist ersatzpflichtig, wer Feuer 9 Fuſs vom Feuer-
herde wegträgt, wenn daraus ein Schaden entsteht31. Ein in den
Liber Papiensis unter die Satzungen Lothars I. aufgenommenes Kapi-
tular32 setzt auf Erregung eines Brandes im Walde, abgesehen von
der Ersatzpflicht, die königliche Bannbuſse, während die Lex Wisigo-
thorum, gleichfalls unter polizeilichem Gesichtspunkte, das Anzünden
eines Waldes oder einzelner Bäume mit Prügelstrafe bedroht33.

§ 142. Unzucht, Ehebruch und Blutschande.

Wilda, Strafrecht S. 809. 821. 849. 855. Walter, RG II 398 f. v. Richthofen,
Zur Lex Saxonum S. 281. Osenbrüggen, Strafrecht der Langobarden S. 97.
Dahn, Studien S. 230 f. Rosenthal, Die Rechtsfolgen des Ehebruchs nach
kanonischem und deutschem Recht 1880. Bennecke, Die strafrechtliche Lehre
vom Ehebruch in ihrer historisch-dogmatischen Entwickelung 1884. Sohm, Das
Recht der Eheschlieſsung 1875, S. 76 f. Derselbe, Trauung und Verlobung
1876, S. 2 ff. Edgar Loening, Kirchenrecht II 584. Habicht, Die altdeutsche
Verlobung 1879, S. 51. Koehne, Die Geschlechtsverbindungen der Unfreien im
fränkischen Rechte in Gierkes Untersuchungen XXII 12 ff. Konrad Maurer,
Die Schuldknechtschaft nach altnordischem Rechte, Münchener SB 1874, S. 11 ff.
v. Amira, Vollstreckungsverfahren S. 263 f. Brandt, Forelæsninger II 85 ff.

1. Unzucht.

Man mag über die oft behauptete und oft bezweifelte Sitten-
strenge, die man den Germanen hinsichtlich des geschlechtlichen Um-
gangs nachrühmt, denken wie man will, jedenfalls bleibt es ein
bemerkenswerter Zug des germanischen Strafrechtes, daſs es die
geschlechtliche Entehrung fornicatio oder adulterium1, ahd. farlegani,

27 Lex Burg. 41.
28 Roth. 148.
29 Lex Sax. 55, wo allerdings nur von der Tötung eines Menschen durch das
Feuer die Rede ist, aber eine analoge Anwendung auf sonstigen Brandschaden in
der Natur der Sache liegt. Vgl. oben I 373, Anm. 24.
30 Lex Wisig. VIII 2, 3.
31 Roth. 147.
32 Liber Papiensis, Lothar 81 = Cap. ital. I 335, c. 3.
33 Lex Wisig. VIII 2, 2. Über die nordischen Rechte siehe Wilda, Straf-
recht S. 951.
1 Das Wort adulterium ist nach dem Sprachgebrauche der Quellen nicht auf
den Ehebruch beschränkt. Greg. Tur. Hist. Franc. VI 36. Concil. Turon. v. J. 567,
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[658/0676] § 142. Unzucht, Ehebruch und Blutschande. pflichtmäſsige Obsorge, so haftet er unter bestimmten Voraussetzungen für einfachen Ersatz des verursachten Schadens; so nach burgun- dischem Rechte 27, wenn das Feuer nicht etwa vom Winde fortge- trieben wurde, so nach langobardischem 28 und sächsischem 29, wenn es binnen 24 Stunden einen Schaden anrichtete. Einfachen Ersatz verlangt bei Feuerverwahrlosung auch das westgotische Recht 30. Nach einer Satzung Rotharis ist ersatzpflichtig, wer Feuer 9 Fuſs vom Feuer- herde wegträgt, wenn daraus ein Schaden entsteht 31. Ein in den Liber Papiensis unter die Satzungen Lothars I. aufgenommenes Kapi- tular 32 setzt auf Erregung eines Brandes im Walde, abgesehen von der Ersatzpflicht, die königliche Bannbuſse, während die Lex Wisigo- thorum, gleichfalls unter polizeilichem Gesichtspunkte, das Anzünden eines Waldes oder einzelner Bäume mit Prügelstrafe bedroht 33. § 142. Unzucht, Ehebruch und Blutschande. Wilda, Strafrecht S. 809. 821. 849. 855. Walter, RG II 398 f. v. Richthofen, Zur Lex Saxonum S. 281. Osenbrüggen, Strafrecht der Langobarden S. 97. Dahn, Studien S. 230 f. Rosenthal, Die Rechtsfolgen des Ehebruchs nach kanonischem und deutschem Recht 1880. Bennecke, Die strafrechtliche Lehre vom Ehebruch in ihrer historisch-dogmatischen Entwickelung 1884. Sohm, Das Recht der Eheschlieſsung 1875, S. 76 f. Derselbe, Trauung und Verlobung 1876, S. 2 ff. Edgar Loening, Kirchenrecht II 584. Habicht, Die altdeutsche Verlobung 1879, S. 51. Koehne, Die Geschlechtsverbindungen der Unfreien im fränkischen Rechte in Gierkes Untersuchungen XXII 12 ff. Konrad Maurer, Die Schuldknechtschaft nach altnordischem Rechte, Münchener SB 1874, S. 11 ff. v. Amira, Vollstreckungsverfahren S. 263 f. Brandt, Forelæsninger II 85 ff. 1. Unzucht. Man mag über die oft behauptete und oft bezweifelte Sitten- strenge, die man den Germanen hinsichtlich des geschlechtlichen Um- gangs nachrühmt, denken wie man will, jedenfalls bleibt es ein bemerkenswerter Zug des germanischen Strafrechtes, daſs es die geschlechtliche Entehrung fornicatio oder adulterium 1, ahd. farlegani, 27 Lex Burg. 41. 28 Roth. 148. 29 Lex Sax. 55, wo allerdings nur von der Tötung eines Menschen durch das Feuer die Rede ist, aber eine analoge Anwendung auf sonstigen Brandschaden in der Natur der Sache liegt. Vgl. oben I 373, Anm. 24. 30 Lex Wisig. VIII 2, 3. 31 Roth. 147. 32 Liber Papiensis, Lothar 81 = Cap. ital. I 335, c. 3. 33 Lex Wisig. VIII 2, 2. Über die nordischen Rechte siehe Wilda, Straf- recht S. 951. 1 Das Wort adulterium ist nach dem Sprachgebrauche der Quellen nicht auf den Ehebruch beschränkt. Greg. Tur. Hist. Franc. VI 36. Concil. Turon. v. J. 567,

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/676>, abgerufen am 28.03.2024.