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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
und dero herzgeliebete Eltern zuschreiben/ umb zuvernehmen/ ob Euer Liebe Herr Vater und Frau
Mutter in solche Heyraht gehehlen/ auch sie selbst einem solchen wirdigen Fürsten ihr Herz gönnen/
und in demselben ihm die Wohnung einräumen können. Ich ruffe Gott zu Zeugen/ dz ich nicht das aller-
geringste meines Eigennutzes hierunter suche/ ohn was Euer Liebe Wolfahrt halber mir zustossen
kan. Bitte demnach/ mir unter Schwesterlicher Träue in geheim anzudeuten/ ob Eure Liebe diesem
herzinbrünstigen Ansuchen stat zugeben/ und dem hochverliebeten Fürsten durch genehme Antwort
seine bißher geführete Schwermühtigkeit zulindern sich bereden könne/ wie dessen ich ungezweifelt[e]
Hoffnung trage/ und sie dem gewaltigen Gott in seinem Schutz empfehlen wil/ als die ich zeit mei-
nes Lebens verbleibe/ Euer Liebe geträueste und ergebene Schwester Valiska.

Ach ihr Götter/ sagte sie bey sich selber; sol ich dann lieben/ ehe ich unterrichtet bin/
was lieben heisse? Libussa/ Libussa! ich hätte mich dessen zu euch nicht versehen/ daß ihr mit
meinem unachtsamen Bildniß mir so grossen Kummer machen würdet. Jezt gedachte sie
auff den andern Brief/ aus welchem sie den Ring genommen/ und sagte: Ey lieber/ wer
muß doch dieses geschrieben haben? Etwa mein herzallerliebster Herr Bruder/ Herkules;
oder mein geliebter Oheim und Bruder König Ladisla? deren einer mir ohn zweifel den
köstlichen Ring wird zugeschicket haben. Dann des fremden Fürsten wegen sind mir schon
so teurbare Sachen zugestellet. Sie kuckete zuunterst in den Brief/ den untergezeichneten
Namen zusehen/ da sie diese Worte fand: Euer Durchl unwirdigem/ doch biß in den Tod bereit-
willigstem Knechte Arbianes. O weh mir/ sagte sie/ daß dieser Brief geöffnet ist/ welchen ich ja
meiner Fr. Schwester unversehret hätte können zurük senden; woraus meine Jungfräuli-
che Zucht ihr wäre kund getahn. Aber du unbedachtsame Hand/ sagete sie zu ihrer Rechten/
hast mir diese Angst zugerichtet. Wie hefftig sie nun mit sich selbsten schalt/ begunte doch dz
auffrichtige Herz verlangen zutragen/ ob er auch in seinem selbsteigenen Schreiben so ver-
liebet währe/ als Valiska ihn machete; begab sich in einen Winkel/ um/ sich vor sich selbst zu
verbergen/ und versuchete/ ob ihre Schahm zugeben könte/ eines Verliebeten Brief zulesen/
dessen Inhalt in Lateinischer Sprache dieser wahr: Der/ welcher die Vollkommenheit der
trefflichsten Fräulein dieser Unterwelt anbehtet/ straffet sich selbst der dumkühnen Verwägenheit/ wel-
che er durch Ansetzung seiner frevelmühtigen Feder begehet; würde auch nimmermehr so viel herzens
haben/ nur deren Bildniß anzuschauen/ die fast höher scheinet/ als daß sie unter das irdische solte ge-
rechnet werden; wann er sich nicht gründete auff das Mitleiden/ welches die volkommene Tugend al-
lemahl mit den Unverständigen träget. Sonne der Teutschen Welt/ wie hefftig brennen eure Strah-
len die jenigen/ die sich dürffen gelüsten lassen/ mit ihren gar zu blöden Augen in dieses flammichte Licht
hinein zuschauen; welches der geblendete Arbianes zwar bekennen muß/ aber das wenige übrige sei-
nes fast erloschenen Gesichtes lieber zusetzen/ als von diesem gar zu angenehmen Lust-Himmel ab-
kehren wil. Verzeihet Durchleuchtigstes Fräulein Klara/ eurem Knechte/ (O wehe mir/ sagte
sie bey Verlesung ihres Nahmens/ woher kommen mir Unwirdigen solche gar zu hohe Eh-
renbenennungen/ daß ich mich der Sonnen vergleichen lassen muß/ und dem allerdunkel-
sten Sterne die Wage nicht halten kan; und was zeihet sich dieser grosse Fürst/ daß er sich
so unzimlich vor mir demühtiget? Doch lase sie diese Worte noch einmahl/ umb den rech-
ten Verstand zufassen) Verzeihet/ Durchleuchtigstes Fräulein Klara/ eurem Knechte/ welcher
durch alle Liebesangst gepeiniget/ und auff der Folter der hunderttausendfachen Begierden ausgedeh-
net/ vor der grausamen Ansträngerin und Peinigerin (die Verzweifelung meyneter) seine Missetaht
auszubeichten gedrungen wird/ und durchaus keinen andern Richter leiden kan/ als den Ausspruch

Euer

Fuͤnftes Buch.
und dero herzgeliebete Eltern zuſchreiben/ umb zuvernehmen/ ob Euer Liebe Herr Vater und Frau
Mutter in ſolche Heyraht gehehlen/ auch ſie ſelbſt einem ſolchen wirdigen Fuͤrſten ihr Herz goͤnnen/
und in demſelbẽ ihm die Wohnung einraͤumen koͤñen. Ich ruffe Gott zu Zeugen/ dz ich nicht das aller-
geringſte meines Eigennutzes hierunter ſuche/ ohn was Euer Liebe Wolfahrt halber mir zuſtoſſen
kan. Bitte demnach/ mir unter Schweſterlicher Traͤue in geheim anzudeuten/ ob Eure Liebe dieſem
herzinbruͤnſtigen Anſuchen ſtat zugeben/ und dem hochverliebeten Fuͤrſten durch genehme Antwort
ſeine bißher gefuͤhrete Schwermuͤhtigkeit zulindern ſich bereden koͤnne/ wie deſſen ich ungezweifelt[e]
Hoffnung trage/ und ſie dem gewaltigen Gott in ſeinem Schutz empfehlen wil/ als die ich zeit mei-
nes Lebens verbleibe/ Euer Liebe getraͤueſte und ergebene Schweſter Valiſka.

Ach ihr Goͤtter/ ſagte ſie bey ſich ſelber; ſol ich dann lieben/ ehe ich unterrichtet bin/
was lieben heiſſe? Libuſſa/ Libuſſa! ich haͤtte mich deſſen zu euch nicht verſehen/ daß ihr mit
meinem unachtſamen Bildniß mir ſo groſſen Kummer machen wuͤrdet. Jezt gedachte ſie
auff den andern Brief/ aus welchem ſie den Ring genommen/ und ſagte: Ey lieber/ wer
muß doch dieſes geſchrieben haben? Etwa mein herzallerliebſter Herr Bruder/ Herkules;
oder mein geliebter Oheim und Bruder Koͤnig Ladiſla? deren einer mir ohn zweifel den
koͤſtlichen Ring wird zugeſchicket haben. Dann des fremden Fuͤrſten wegen ſind mir ſchon
ſo teurbare Sachen zugeſtellet. Sie kuckete zuunterſt in den Brief/ den untergezeichneten
Namen zuſehen/ da ſie dieſe Worte fand: Euer Durchl unwirdigem/ doch biß in den Tod bereit-
willigſtem Knechte Arbianes. O weh mir/ ſagte ſie/ daß dieſer Brief geoͤffnet iſt/ welchen ich ja
meiner Fr. Schweſter unverſehret haͤtte koͤnnen zuruͤk ſenden; woꝛaus meine Jungfraͤuli-
che Zucht ihr waͤre kund getahn. Aber du unbedachtſame Hand/ ſagete ſie zu ihreꝛ Rechten/
haſt mir dieſe Angſt zugerichtet. Wie hefftig ſie nun mit ſich ſelbſten ſchalt/ begunte doch dz
auffrichtige Herz verlangen zutragen/ ob er auch in ſeinem ſelbſteigenen Schreiben ſo ver-
liebet waͤhre/ als Valiſka ihn machete; begab ſich in einen Winkel/ um/ ſich vor ſich ſelbſt zu
verbergen/ und verſuchete/ ob ihre Schahm zugeben koͤnte/ eines Verliebeten Brief zuleſen/
deſſen Inhalt in Lateiniſcher Sprache dieſer wahr: Der/ welcher die Vollkommenheit der
trefflichſten Fraͤulein dieſer Unterwelt anbehtet/ ſtraffet ſich ſelbſt der dumkuͤhnen Verwaͤgenheit/ wel-
che er durch Anſetzung ſeiner frevelmuͤhtigen Feder begehet; wuͤrde auch nimmermehr ſo viel herzens
haben/ nur deren Bildniß anzuſchauen/ die faſt hoͤher ſcheinet/ als daß ſie unter das irdiſche ſolte ge-
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lemahl mit den Unverſtaͤndigen traͤget. Sonne der Teutſchen Welt/ wie hefftig brennen eure Strah-
len die jenigen/ die ſich duͤrffen geluͤſten laſſen/ mit ihren gar zu bloͤden Augen in dieſes flam̃ichte Licht
hinein zuſchauen; welches der geblendete Arbianes zwar bekennen muß/ aber das wenige uͤbrige ſei-
nes faſt erloſchenen Geſichtes lieber zuſetzen/ als von dieſem gar zu angenehmen Luſt-Himmel ab-
kehren wil. Verzeihet Durchleuchtigſtes Fraͤulein Klara/ eurem Knechte/ (O wehe mir/ ſagte
ſie bey Verleſung ihres Nahmens/ woher kommen mir Unwirdigen ſolche gar zu hohe Eh-
renbenennungen/ daß ich mich der Sonnen vergleichen laſſen muß/ und dem allerdunkel-
ſten Sterne die Wage nicht halten kan; und was zeihet ſich dieſer groſſe Fuͤrſt/ daß er ſich
ſo unzimlich vor mir demuͤhtiget? Doch laſe ſie dieſe Worte noch einmahl/ umb den rech-
ten Verſtand zufaſſen) Verzeihet/ Durchleuchtigſtes Fraͤulein Klara/ eurem Knechte/ welcher
durch alle Liebesangſt gepeiniget/ und auff der Folter der hunderttauſendfachen Begierden ausgedeh-
net/ vor der grauſamen Anſtraͤngerin und Peinigerin (die Verzweifelung meyneter) ſeine Miſſetaht
auszubeichten gedrungen wird/ und durchaus keinen andern Richter leiden kan/ als den Ausſpruch

Euer
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/222>, abgerufen am 29.03.2024.