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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
Euer Durchleuchtigkeit/ welche/ da sie ihrer Wirdigkeit den Stab reichen wird/ muß er freylich über
meine Seele gebrochen werden; solte aber (O Glük!) das Hoch Fürstliche Mitleiden sich auff den
Richterstuel setzen wollen/ würde mir verhoffentlich/ so viel Gnade begegnen/ daß einige Hoffnung
annoch überbleiben könte/ Euer Durchl. unwirdigem/ doch biß in den Tod bereitwilligstem Knechte
Arbianes.

O daß dich ja kein Mensch mehr sehe/ sagte sie zu dem Briefe/ ich dörffte sonst meine
Augen förder vor niemand auffschlagen; legte ihn wieder zusammen/ und ging hin/ ihn in
das näheste Feur zuwerffen; aber da sie hinzu trat dauchte sie/ es hätte sie jemand zurücke
gezogen; ja sie meynete nicht anders/ als läge ein kleines Bildichen (wie etwa dieser Fürst
aussehen möchte) in der Gluht/ welches mit betrübten Augen umb Hülffe ansuchete; züc-
kete demnach/ und wolte ihn in den Busem stecken/ aber sie fürchtete sich/ der klagende Ar-
bianes sässe leibhafftig drinnen/ und würde zugleich mit hinein fahren. O sagte sie/ in was
Angst bin ich! wo lasse ich doch dieses Schreiben/ welches ich weder verbergen noch hin-
weg werffen kan? Als sie aber ihren Herr Vater von ferne daher kommen sahe/ fuhr sie ohn
weiteres bedenken damit zum Busem hinein/ und nam sich durchaus keines Dinges an.
Der Groß Fürst hatte inzwischen seinem Marschalk befohlen/ den Gesanten gütlich zutuhn/
und wahr mit seinem Gemahl hingangen/ sich mit ihr zubereden/ da er ihr offenbahrete/ wz
gestalt der Wendische Fürst vor dreyen Wochen an ihn geschrieben/ und seines Sohns
wegen umb eine Heyraht mit seiner Tochter angehalten; dem er zwar keine ausdrükliche
Zusage/ aber auch keine gar abschlägige Antwort erteilet/ sondern seines lieben Kindes Ju-
gend eingewand/ und daß er mit seiner Fr. Schwester der Königin in Böhmen es zuvor
bereden wolte. Das wil ich ja nimmermehr hoffen/ antwortete sie/ daß mein geliebtes Kind
dem Erz Räuber zuteile werden solte; dann was höret man von Krito dem Wenden/ und
seinem Sohn Gotschalk anders/ als daß sie zu Wasser und Lande die Wege unsicher ma-
chen/ und die Kauffleute überfallen/ so daß fast alle Handlung nidergeleget ist; Ich wil nit
sagen/ wie schändlich dieser junge Räuber sol zugerichtet seyn/ daß er nicht allein am linken
Arme lahm/ und am rechten Beine hinkend/ sondern darzu auch einäugig ist. Solches ist
ihm nicht schimpflich vorzuwerffen/ sagte der Groß Fürst/ dann er hats im Gefechte von
seinen Feinden bekommen. Ja auf dem Strassenraube antwortete sie/ da ihn die Kaufleu-
te ertappet/ und gebührlich abgestraffet haben; Wil demnach nimmetmehr hoffen/ dz mein
Gemahl dergestalt unser Kind verrahten/ und in die tiefste Unglükspfütze stürzen wolle/ wel-
che/ ungeachtet ihrer frommen Einfalt/ hierin nimmermehr gehehlen wird. Es ist noch we-
der ja noch nein gesprochen/ sagte er; aber meynet ihr/ daß der jetzige Vorschlag besser seyn
werde/ da wir unsere Tochter einen so fernen Weg über Meer in fremde Landschafften schi-
cken müssen? Warumb nicht/ antwortete sie; es ist besser tausend Meilenüber Feld nach
Ehren auszihen/ als vor der Tühr in Schande leben; so wissen wir ohndas/ daß wir unsere
liebe Tochter nicht stets bey uns behalten können/ und würde unsere Fr. Tochter Valiska
uns hierzu nicht rahten/ wann es uns irgend verweißlich seyn könte. Ich wil euch hierin e-
ben so hart nicht zuwider seyn/ sagte er/ aber völlige Verheissung von mir zugeben/ bin ich
nicht willens; Ist es ihm dann Ernst/ wird er auff eine ziemliche Hoffnung schon weiter
anhalten; Sie ist noch jung/ und etwa von 15 Jahren/ auch der Freyer in dem Alter/ da er

billich
e e

Fuͤnftes Buch.
Euer Durchleuchtigkeit/ welche/ da ſie ihrer Wirdigkeit den Stab reichen wird/ muß er freylich uͤber
meine Seele gebrochen werden; ſolte aber (O Gluͤk!) das Hoch Fuͤrſtliche Mitleiden ſich auff den
Richterſtuel ſetzen wollen/ wuͤrde mir verhoffentlich/ ſo viel Gnade begegnen/ daß einige Hoffnung
annoch uͤberbleiben koͤnte/ Euer Durchl. unwirdigem/ doch biß in den Tod bereitwilligſtem Knechte
Arbianes.

O daß dich ja kein Menſch mehr ſehe/ ſagte ſie zu dem Briefe/ ich doͤrffte ſonſt meine
Augen foͤrder vor niemand auffſchlagen; legte ihn wieder zuſammen/ und ging hin/ ihn in
das naͤheſte Feur zuwerffen; aber da ſie hinzu trat dauchte ſie/ es haͤtte ſie jemand zuruͤcke
gezogen; ja ſie meynete nicht anders/ als laͤge ein kleines Bildichen (wie etwa dieſer Fuͤrſt
ausſehen moͤchte) in der Gluht/ welches mit betruͤbten Augen umb Huͤlffe anſuchete; zuͤc-
kete demnach/ und wolte ihn in den Buſem ſtecken/ aber ſie fuͤrchtete ſich/ der klagende Ar-
bianes ſaͤſſe leibhafftig drinnen/ und wuͤrde zugleich mit hinein fahren. O ſagte ſie/ in was
Angſt bin ich! wo laſſe ich doch dieſes Schreiben/ welches ich weder verbergen noch hin-
weg werffen kan? Als ſie aber ihren Herꝛ Vater von ferne daher kommen ſahe/ fuhr ſie ohn
weiteres bedenken damit zum Buſem hinein/ und nam ſich durchaus keines Dinges an.
Der Groß Fuͤrſt hatte inzwiſchen ſeinem Marſchalk befohlen/ den Geſantẽ guͤtlich zutuhn/
und wahr mit ſeinem Gemahl hingangen/ ſich mit ihr zubereden/ da er ihr offenbahrete/ wz
geſtalt der Wendiſche Fuͤrſt vor dreyen Wochen an ihn geſchrieben/ und ſeines Sohns
wegen umb eine Heyraht mit ſeiner Tochter angehalten; dem er zwar keine ausdruͤkliche
Zuſage/ aber auch keine gar abſchlaͤgige Antwort erteilet/ ſondern ſeines lieben Kindes Ju-
gend eingewand/ und daß er mit ſeiner Fr. Schweſter der Koͤnigin in Boͤhmen es zuvor
bereden wolte. Das wil ich ja nimmermehr hoffen/ antwortete ſie/ daß mein geliebtes Kind
dem Erz Raͤuber zuteile werden ſolte; dann was hoͤret man von Krito dem Wenden/ und
ſeinem Sohn Gotſchalk anders/ als daß ſie zu Waſſer und Lande die Wege unſicher ma-
chen/ und die Kauffleute uͤberfallen/ ſo daß faſt alle Handlung nidergeleget iſt; Ich wil nit
ſagen/ wie ſchaͤndlich dieſer junge Raͤuber ſol zugerichtet ſeyn/ daß er nicht allein am linken
Arme lahm/ und am rechten Beine hinkend/ ſondern darzu auch einaͤugig iſt. Solches iſt
ihm nicht ſchimpflich vorzuwerffen/ ſagte der Groß Fuͤrſt/ dann er hats im Gefechte von
ſeinen Feinden bekommen. Ja auf dem Straſſenraube antwortete ſie/ da ihn die Kaufleu-
te ertappet/ und gebuͤhrlich abgeſtraffet haben; Wil demnach nimmetmehr hoffen/ dz mein
Gemahl dergeſtalt unſer Kind verrahten/ und in die tiefſte Ungluͤkspfuͤtze ſtuͤrzen wolle/ wel-
che/ ungeachtet ihrer frommen Einfalt/ hierin nimmermehr gehehlen wird. Es iſt noch we-
der ja noch nein geſprochen/ ſagte er; aber meynet ihr/ daß der jetzige Vorſchlag beſſer ſeyn
werde/ da wir unſere Tochter einen ſo fernen Weg uͤber Meer in fremde Landſchafften ſchi-
cken muͤſſen? Warumb nicht/ antwortete ſie; es iſt beſſer tauſend Meilenüber Feld nach
Ehren auszihen/ als vor der Tuͤhr in Schande leben; ſo wiſſen wir ohndas/ daß wir unſere
liebe Tochter nicht ſtets bey uns behalten koͤnnen/ und wuͤrde unſere Fr. Tochter Valiſka
uns hierzu nicht rahten/ wann es uns irgend verweißlich ſeyn koͤnte. Ich wil euch hierin e-
ben ſo hart nicht zuwider ſeyn/ ſagte er/ aber voͤllige Verheiſſung von mir zugeben/ bin ich
nicht willens; Iſt es ihm dann Ernſt/ wird er auff eine ziemliche Hoffnung ſchon weiter
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[217/0223] Fuͤnftes Buch. Euer Durchleuchtigkeit/ welche/ da ſie ihrer Wirdigkeit den Stab reichen wird/ muß er freylich uͤber meine Seele gebrochen werden; ſolte aber (O Gluͤk!) das Hoch Fuͤrſtliche Mitleiden ſich auff den Richterſtuel ſetzen wollen/ wuͤrde mir verhoffentlich/ ſo viel Gnade begegnen/ daß einige Hoffnung annoch uͤberbleiben koͤnte/ Euer Durchl. unwirdigem/ doch biß in den Tod bereitwilligſtem Knechte Arbianes. O daß dich ja kein Menſch mehr ſehe/ ſagte ſie zu dem Briefe/ ich doͤrffte ſonſt meine Augen foͤrder vor niemand auffſchlagen; legte ihn wieder zuſammen/ und ging hin/ ihn in das naͤheſte Feur zuwerffen; aber da ſie hinzu trat dauchte ſie/ es haͤtte ſie jemand zuruͤcke gezogen; ja ſie meynete nicht anders/ als laͤge ein kleines Bildichen (wie etwa dieſer Fuͤrſt ausſehen moͤchte) in der Gluht/ welches mit betruͤbten Augen umb Huͤlffe anſuchete; zuͤc- kete demnach/ und wolte ihn in den Buſem ſtecken/ aber ſie fuͤrchtete ſich/ der klagende Ar- bianes ſaͤſſe leibhafftig drinnen/ und wuͤrde zugleich mit hinein fahren. O ſagte ſie/ in was Angſt bin ich! wo laſſe ich doch dieſes Schreiben/ welches ich weder verbergen noch hin- weg werffen kan? Als ſie aber ihren Herꝛ Vater von ferne daher kommen ſahe/ fuhr ſie ohn weiteres bedenken damit zum Buſem hinein/ und nam ſich durchaus keines Dinges an. Der Groß Fuͤrſt hatte inzwiſchen ſeinem Marſchalk befohlen/ den Geſantẽ guͤtlich zutuhn/ und wahr mit ſeinem Gemahl hingangen/ ſich mit ihr zubereden/ da er ihr offenbahrete/ wz geſtalt der Wendiſche Fuͤrſt vor dreyen Wochen an ihn geſchrieben/ und ſeines Sohns wegen umb eine Heyraht mit ſeiner Tochter angehalten; dem er zwar keine ausdruͤkliche Zuſage/ aber auch keine gar abſchlaͤgige Antwort erteilet/ ſondern ſeines lieben Kindes Ju- gend eingewand/ und daß er mit ſeiner Fr. Schweſter der Koͤnigin in Boͤhmen es zuvor bereden wolte. Das wil ich ja nimmermehr hoffen/ antwortete ſie/ daß mein geliebtes Kind dem Erz Raͤuber zuteile werden ſolte; dann was hoͤret man von Krito dem Wenden/ und ſeinem Sohn Gotſchalk anders/ als daß ſie zu Waſſer und Lande die Wege unſicher ma- chen/ und die Kauffleute uͤberfallen/ ſo daß faſt alle Handlung nidergeleget iſt; Ich wil nit ſagen/ wie ſchaͤndlich dieſer junge Raͤuber ſol zugerichtet ſeyn/ daß er nicht allein am linken Arme lahm/ und am rechten Beine hinkend/ ſondern darzu auch einaͤugig iſt. Solches iſt ihm nicht ſchimpflich vorzuwerffen/ ſagte der Groß Fuͤrſt/ dann er hats im Gefechte von ſeinen Feinden bekommen. Ja auf dem Straſſenraube antwortete ſie/ da ihn die Kaufleu- te ertappet/ und gebuͤhrlich abgeſtraffet haben; Wil demnach nimmetmehr hoffen/ dz mein Gemahl dergeſtalt unſer Kind verrahten/ und in die tiefſte Ungluͤkspfuͤtze ſtuͤrzen wolle/ wel- che/ ungeachtet ihrer frommen Einfalt/ hierin nimmermehr gehehlen wird. Es iſt noch we- der ja noch nein geſprochen/ ſagte er; aber meynet ihr/ daß der jetzige Vorſchlag beſſer ſeyn werde/ da wir unſere Tochter einen ſo fernen Weg uͤber Meer in fremde Landſchafften ſchi- cken muͤſſen? Warumb nicht/ antwortete ſie; es iſt beſſer tauſend Meilenüber Feld nach Ehren auszihen/ als vor der Tuͤhr in Schande leben; ſo wiſſen wir ohndas/ daß wir unſere liebe Tochter nicht ſtets bey uns behalten koͤnnen/ und wuͤrde unſere Fr. Tochter Valiſka uns hierzu nicht rahten/ wann es uns irgend verweißlich ſeyn koͤnte. Ich wil euch hierin e- ben ſo hart nicht zuwider ſeyn/ ſagte er/ aber voͤllige Verheiſſung von mir zugeben/ bin ich nicht willens; Iſt es ihm dann Ernſt/ wird er auff eine ziemliche Hoffnung ſchon weiter anhalten; Sie iſt noch jung/ und etwa von 15 Jahren/ auch der Freyer in dem Alter/ da er billich e e

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/223>, abgerufen am 28.03.2024.