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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
warff sein Landsman der schnöde Menander sich vor das Haupt dieser schändlichen Rot-
te auff/ und wahr ja so ein grosser Zäuberer/ als sein Lehrmeister Simon. Wenige Zeit nach
diesem Leutebescheisser entstunden die unflätigen Nicolaiten/ deren in Johannes heimlicher
Offenbahrung gedacht wird. Diese durfften sich auch vor Christen ausgeben/ und waren
doch ein abgeschäumeter Unflaht aller unverschämten Buben/ weil sie allerhand Schan-
de und Unfläterey betrieben/ und ihre Weiber unter sich gemein hatten. Aus dieser frechen
Geselschafft entstunden die alten Gnostici oder die Wissende und Erleuchtete genennet/
welche in den Fleisches unzimlichen Werken noch mehr ersoffen wahren als die vorigen;
dann sie gaben vor/ daß durch solche Schandenbetreibung man eigentlich zur Seligkeit
gelangete. Und damit auch diese möchten die reine Lehre von unserm Heylande zerrütten/
gaben sie vor/ derselbe währe nicht von Marien der Heilig hochgelobeten Jungfrauen
gezeuget/ sondern sie hätte denselben uns nur gezeiget oder gewiesen; es hätte dersel-
be auch nicht die wahre Menscheit angenommen/ sondern nur eine Gestalt/ derselben ähn-
lich. Der Nazareer/ wie auch des Korinthus und Ebions Ketzerey trat auff die Bahn/ ohn
gefehr/ da Jerusalem von Vespasian zerstöret ward. Diese lebeten zwar nit so gar unrein/
aber die Heilige Lehre verfälscheten sie gewaltig; gaben vor/ nicht Gott selbst hätte die Welt
erschaffen/ sondern eine andere Nebenkrafft/ die nicht Gott sey. So währe auch der HErr
JEsus nicht wahrer Gott/ noch Gottes Sohn/ sondern von Joseph und Marien gezeu-
get; doch währe er klüger und heiliger gewesen als andere Menschen. Ihr erster Ketzer-
Meister Cerinthus tichtete; es währe JEsus von Marien gebohren/ Christus aber wäh-
re in denselben JEsus kommen/ als er die Tauffe empfangen/ und zwar in gestalt einer Tau-
be/ und durch diesen empfangenen Christ hätte JEsus Zeichen und Wunder getahn. Als
nun JEsus gelitten/ währe Christus wieder von ihm gewichen und gen Himmel geflogen/
als welcher nicht hätte leiden können. Ebion aber hielt es in diesen Stücken nicht mit dem
Cerinth/ sondern gestund beydes/ daß Gott selbst die Welt gemacht/ und daß Jesus und
Christ ein einziges Wesen oder eine Person wehre/ nur steckete er in dem Irtuhm/ daß der-
selbe nicht Gott/ sondern ein blosser Mensch wehre; und eben dieses meyneten auch die Na-
zareer/ welche nebest den beyden jeztgedachten vorgaben/ es müsten die Christen so wol die
Beschneidung und andere Judische Gesetz halten/ als nach dem Evangelion leben. Es hat
aber der Evangelist Johannes die wahre Gottheit unsers Heylandes wider diese Ketzer/
in seinen Schrifften gewaltig verteidiget. Nachgehends/ etwa vor hundert Jahren/ ist des
Simons und Menanders Schule groß worden/ durch die teuflischen Ketzer/ den Satur-
ninus/ Basilides und Karpokrates/ welche zwar unter sich selbst nicht allerdinge einig wa-
ren/ aber doch dergestalt mit einander leicheten/ daß sie die Schöpfung der Welt nicht Gott
selbsten/ sondern den Engeln zulegten/ und zugleich unsers Heylandes wahre Gottheit un-
verschämt leugneten; überdas auch die schändlichen Werke des Fleisches vor gut und wol
zugelassen hielten/ und hingegen den Heiligen Ehestand schändeten. Insonderheit enthielt
sich des Saturninus Anhang alles Fleischessens/ und betrogen durch solchen äusserlichen
Schein viel einfältige Herzen. Diese miteinander verneuerten den ehmahls von andern
gebrauchten Nahmen/ und nenneten sich Gnosticos, die Erfahrnen und Hochverständigen/
da sie doch von dem Satan am Verstande allerdinge verblendet wahren/ daß sie das böse

gut/
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Fuͤnftes Buch.
warff ſein Landsman der ſchnoͤde Menander ſich vor das Haupt dieſer ſchaͤndlichen Rot-
te auff/ und wahr ja ſo ein groſſer Zaͤuberer/ als ſein Lehrmeiſter Simon. Wenige Zeit nach
dieſem Leutebeſcheiſſer entſtunden die unflaͤtigen Nicolaiten/ deren in Johannes heimlicher
Offenbahrung gedacht wird. Dieſe durfften ſich auch vor Chriſten ausgeben/ und waren
doch ein abgeſchaͤumeter Unflaht aller unverſchaͤmten Buben/ weil ſie allerhand Schan-
de und Unflaͤterey betrieben/ und ihre Weiber unter ſich gemein hatten. Aus dieſer frechen
Geſelſchafft entſtunden die alten Gnoſtici oder die Wiſſende und Erleuchtete genennet/
welche in den Fleiſches unzimlichen Werken noch mehr erſoffen wahren als die vorigen;
dann ſie gaben vor/ daß durch ſolche Schandenbetreibung man eigentlich zur Seligkeit
gelangete. Und damit auch dieſe moͤchten die reine Lehre von unſerm Heylande zerruͤtten/
gaben ſie vor/ derſelbe waͤhre nicht von Marien der Heilig hochgelobeten Jungfrauen
gezeuget/ ſondern ſie haͤtte denſelben uns nur gezeiget oder gewieſen; es haͤtte derſel-
be auch nicht die wahre Menſcheit angenommen/ ſondern nur eine Geſtalt/ derſelben aͤhn-
lich. Der Nazareer/ wie auch des Korinthus und Ebions Ketzerey trat auff die Bahn/ ohn
gefehr/ da Jeruſalem von Veſpaſian zerſtoͤret ward. Dieſe lebeten zwar nit ſo gar unrein/
aber die Heilige Lehre verfaͤlſcheten ſie gewaltig; gaben vor/ nicht Gott ſelbſt haͤtte die Welt
erſchaffen/ ſondern eine andere Nebenkrafft/ die nicht Gott ſey. So waͤhre auch der HErr
JEſus nicht wahrer Gott/ noch Gottes Sohn/ ſondern von Joſeph und Marien gezeu-
get; doch waͤhre er kluͤger und heiliger geweſen als andere Menſchen. Ihr erſter Ketzer-
Meiſter Cerinthus tichtete; es waͤhre JEſus von Marien gebohren/ Chriſtus aber waͤh-
re in denſelben JEſus kommẽ/ als er die Tauffe empfangen/ und zwar in geſtalt einer Tau-
be/ und durch dieſen empfangenen Chriſt haͤtte JEſus Zeichen und Wunder getahn. Als
nun JEſus gelitten/ waͤhre Chriſtus wieder von ihm gewichen und gen Himmel geflogẽ/
als welcher nicht haͤtte leiden koͤnnen. Ebion aber hielt es in dieſen Stuͤcken nicht mit dem
Cerinth/ ſondern geſtund beydes/ daß Gott ſelbſt die Welt gemacht/ und daß Jeſus und
Chriſt ein einziges Weſen oder eine Perſon wehre/ nur ſteckete er in dem Irtuhm/ daß der-
ſelbe nicht Gott/ ſondern ein bloſſer Menſch wehre; und eben dieſes meyneten auch die Na-
zareer/ welche nebeſt den beyden jeztgedachten vorgaben/ es muͤſten die Chriſten ſo wol die
Beſchneidung und andere Judiſche Geſetz halten/ als nach dem Evangelion leben. Es hat
aber der Evangeliſt Johannes die wahre Gottheit unſers Heylandes wider dieſe Ketzer/
in ſeinen Schrifften gewaltig verteidiget. Nachgehends/ etwa vor hundert Jahren/ iſt des
Simons und Menanders Schule groß worden/ durch die teufliſchen Ketzer/ den Satuꝛ-
ninus/ Baſilides und Karpokrates/ welche zwar unter ſich ſelbſt nicht allerdinge einig wa-
ren/ aber doch dergeſtalt mit einander leicheten/ daß ſie die Schoͤpfung der Welt nicht Gott
ſelbſten/ ſondern den Engeln zulegten/ und zugleich unſers Heylandes wahre Gottheit un-
verſchaͤmt leugneten; uͤberdas auch die ſchaͤndlichen Werke des Fleiſches vor gut und wol
zugelaſſen hielten/ und hingegen den Heiligen Eheſtand ſchaͤndeten. Inſonderheit enthielt
ſich des Saturninus Anhang alles Fleiſcheſſens/ und betrogen durch ſolchen aͤuſſerlichen
Schein viel einfaͤltige Herzen. Dieſe miteinander verneuerten den ehmahls von andern
gebrauchten Nahmen/ und nenneten ſich Gnoſticos, die Erfahrnen und Hochverſtaͤndigen/
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[227/0233] Fuͤnftes Buch. warff ſein Landsman der ſchnoͤde Menander ſich vor das Haupt dieſer ſchaͤndlichen Rot- te auff/ und wahr ja ſo ein groſſer Zaͤuberer/ als ſein Lehrmeiſter Simon. Wenige Zeit nach dieſem Leutebeſcheiſſer entſtunden die unflaͤtigen Nicolaiten/ deren in Johannes heimlicher Offenbahrung gedacht wird. Dieſe durfften ſich auch vor Chriſten ausgeben/ und waren doch ein abgeſchaͤumeter Unflaht aller unverſchaͤmten Buben/ weil ſie allerhand Schan- de und Unflaͤterey betrieben/ und ihre Weiber unter ſich gemein hatten. Aus dieſer frechen Geſelſchafft entſtunden die alten Gnoſtici oder die Wiſſende und Erleuchtete genennet/ welche in den Fleiſches unzimlichen Werken noch mehr erſoffen wahren als die vorigen; dann ſie gaben vor/ daß durch ſolche Schandenbetreibung man eigentlich zur Seligkeit gelangete. Und damit auch dieſe moͤchten die reine Lehre von unſerm Heylande zerruͤtten/ gaben ſie vor/ derſelbe waͤhre nicht von Marien der Heilig hochgelobeten Jungfrauen gezeuget/ ſondern ſie haͤtte denſelben uns nur gezeiget oder gewieſen; es haͤtte derſel- be auch nicht die wahre Menſcheit angenommen/ ſondern nur eine Geſtalt/ derſelben aͤhn- lich. Der Nazareer/ wie auch des Korinthus und Ebions Ketzerey trat auff die Bahn/ ohn gefehr/ da Jeruſalem von Veſpaſian zerſtoͤret ward. Dieſe lebeten zwar nit ſo gar unrein/ aber die Heilige Lehre verfaͤlſcheten ſie gewaltig; gaben vor/ nicht Gott ſelbſt haͤtte die Welt erſchaffen/ ſondern eine andere Nebenkrafft/ die nicht Gott ſey. So waͤhre auch der HErr JEſus nicht wahrer Gott/ noch Gottes Sohn/ ſondern von Joſeph und Marien gezeu- get; doch waͤhre er kluͤger und heiliger geweſen als andere Menſchen. Ihr erſter Ketzer- Meiſter Cerinthus tichtete; es waͤhre JEſus von Marien gebohren/ Chriſtus aber waͤh- re in denſelben JEſus kommẽ/ als er die Tauffe empfangen/ und zwar in geſtalt einer Tau- be/ und durch dieſen empfangenen Chriſt haͤtte JEſus Zeichen und Wunder getahn. Als nun JEſus gelitten/ waͤhre Chriſtus wieder von ihm gewichen und gen Himmel geflogẽ/ als welcher nicht haͤtte leiden koͤnnen. Ebion aber hielt es in dieſen Stuͤcken nicht mit dem Cerinth/ ſondern geſtund beydes/ daß Gott ſelbſt die Welt gemacht/ und daß Jeſus und Chriſt ein einziges Weſen oder eine Perſon wehre/ nur ſteckete er in dem Irtuhm/ daß der- ſelbe nicht Gott/ ſondern ein bloſſer Menſch wehre; und eben dieſes meyneten auch die Na- zareer/ welche nebeſt den beyden jeztgedachten vorgaben/ es muͤſten die Chriſten ſo wol die Beſchneidung und andere Judiſche Geſetz halten/ als nach dem Evangelion leben. Es hat aber der Evangeliſt Johannes die wahre Gottheit unſers Heylandes wider dieſe Ketzer/ in ſeinen Schrifften gewaltig verteidiget. Nachgehends/ etwa vor hundert Jahren/ iſt des Simons und Menanders Schule groß worden/ durch die teufliſchen Ketzer/ den Satuꝛ- ninus/ Baſilides und Karpokrates/ welche zwar unter ſich ſelbſt nicht allerdinge einig wa- ren/ aber doch dergeſtalt mit einander leicheten/ daß ſie die Schoͤpfung der Welt nicht Gott ſelbſten/ ſondern den Engeln zulegten/ und zugleich unſers Heylandes wahre Gottheit un- verſchaͤmt leugneten; uͤberdas auch die ſchaͤndlichen Werke des Fleiſches vor gut und wol zugelaſſen hielten/ und hingegen den Heiligen Eheſtand ſchaͤndeten. Inſonderheit enthielt ſich des Saturninus Anhang alles Fleiſcheſſens/ und betrogen durch ſolchen aͤuſſerlichen Schein viel einfaͤltige Herzen. Dieſe miteinander verneuerten den ehmahls von andern gebrauchten Nahmen/ und nenneten ſich Gnoſticos, die Erfahrnen und Hochverſtaͤndigen/ da ſie doch von dem Satan am Verſtande allerdinge verblendet wahren/ daß ſie das boͤſe gut/ f f ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/233>, abgerufen am 25.04.2024.