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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
nach der jetzigen/ und führete sie von der Landstrassen auf einen ungebahneten Weg/ hörete
auch zwo ganzer Stunden nicht auf zurennen/ biß sich der Regen gelegt hatte/ da endlich
das Fräulein sagete: Wie kömt es doch/ daß mir der Weg ungleich länger vorkomt/ als
vor nie/ und gleichwol die Pferde immerzu in Flüchten gangen sind? gewißlich hat der
Gutscher des Weges verfehlet. Fr. Sophien mißdauchte es gleich so wol/ öfnete den Wa-
gen/ und als sie sich umsahe/ merkete sie alsbald/ daß sie auf dem rechten Wege nicht wah-
ren/ deswegen schalt sie den Gutscher aus/ wie er darzu kähme/ und ohn ihr Geheiß einen
andern Weg vor sich nehmen dürffte. Dieser entschuldigte sich auffs beste/ er hätte aus gu-
ter Wolmeynung solches getahn/ der gemeine Weg währe gar zu kotig in diesem Regen-
wetter/ daher hätte er einen andern gesuchet/ welcher zwar etwas umb/ aber nun schier ge-
endiget währe. Das Frauenzimmer empfand grosse Angst im Herzen/ und rieffen einhel-
lig/ er solte wieder umkehren/ und nach Padua fahren; aber der Bube taht/ als hörete ers
nicht/ und wie er merkete/ daß sie absteigen wolten/ jagete er mit verhängeten Zügeln nach
einem dicken Gepüsche zu; Worauf Frl. Sibylla sagete: Ach ihr Götter/ wir sind gewiß-
lich verrahten/ oder wol gar verkaufft; worüber Fr. Ursul sich dergestalt entsetzete/ daß ihr
eine Ohmacht zustieß; doch weil Fr. Sophia ihr hart zuredete/ sie solte sich fest halten/ und
das Unglük nicht häuffen/ fand sie sich bald wieder/ gleich da 20 Räuber aus dem nähesten
Gepüsche hervor sprungen/ die Gutsche umgaben/ und ihr Führer das Frauenzimmer al-
so anredete: Ihr schönen Bilderchen seyd uns dieses ungewöhnlichen Orts sehr wilkom-
men/ als deren wir schon unterschiedliche mahl/ aber bißher vergeblich erwartet haben; weil
dann nun das heutige Glük uns so günstig ist/ werdet ihr euch nicht wegern/ mit uns zuge-
hen/ dann wir sind nicht willens/ euch einiges Leid oder Betrübniß anzufügen; nur allein
werde ich mich bemühen/ durch euren Vorschub und Befoderung meine Gelder wieder
zuerlangen/ die mir vor zwey Jahren ungefehr entwendet sind/ und eurer etliche darumb
gute Wissenschafft tragen. Ich habe zu dem mahle Mühe gehabt/ mich zuerretten/ da die
wolerbauete Höhle unvermuhtlich gestürmet ward/ aber nunmehr bin ich willens/ die Zin-
sen samt dem Hauptstuel einzuhohlen. Das Frauenzimmer erschrak der Rede heftig/ doch
erhohlete sich Fr. Sophia mitten in der Augst/ fassete ein Herz/ und gab ihm diese Antwort:
Mein Freund/ ich vermerke aus allen euren Reden/ daß wir euch nicht unbekant sind/ wil
euch daher erinnert haben/ daß ihr bescheidentlich mit uns umgehet/ und euer keiner sich ge-
lüsten lasse/ ichtwas wider unsere weibliche Ehre und Zucht vorzunehmen; Hat man euch
dann/ wie ihr vorgebet/ und wol seyn kan/ eure Gelder entwendet/ so versichert euch/ daß sie
annoch unverzehret und in guter Gewarsam sind/ auch mit leichter Müh wieder können
beygebracht werden. So lasset mich nun wissen/ wie hoch eure Anfoderung sey/ und trauet
meinem versprechen/ welches ich äidlich leisten wil/ daß euch noch heut diesen Tag solche
Gelder sollen eingehändiget werden/ und kein ander Mensch als wir dessen jemahl ichtwz in
Erfahrung bringen/ viel weniger einiger/ solches an euch zueifern sich unterstehen sol; lasset
mich nur mit meiner Geselschaft unbeschimpfet nach Padua wieder umkehren; oder deucht
euch ein solches einige Gefahr auf sich zuhaben/ welche doch ferne ist/ so behaltet unser eine
in redlicher Verwahrung/ biß die Auszahlung und eure gänzliche sicherheit euch vergnü-
get ist; ein mehr es werdet ihr ja weder fodern noch begehren können. Dieser Vortrag wol-

te fast

Sechſtes Buch.
nach der jetzigen/ und fuͤhrete ſie von der Landſtraſſen auf einen ungebahneten Weg/ hoͤrete
auch zwo ganzer Stunden nicht auf zurennen/ biß ſich der Regen gelegt hatte/ da endlich
das Fraͤulein ſagete: Wie koͤmt es doch/ daß mir der Weg ungleich laͤnger vorkomt/ als
vor nie/ und gleichwol die Pferde immerzu in Fluͤchten gangen ſind? gewißlich hat der
Gutſcher des Weges verfehlet. Fr. Sophien mißdauchte es gleich ſo wol/ oͤfnete den Wa-
gen/ und als ſie ſich umſahe/ merkete ſie alsbald/ daß ſie auf dem rechten Wege nicht wah-
ren/ deswegen ſchalt ſie den Gutſcher aus/ wie er darzu kaͤhme/ und ohn ihr Geheiß einen
andern Weg vor ſich nehmen duͤrffte. Dieſer entſchuldigte ſich auffs beſte/ er haͤtte aus gu-
ter Wolmeynung ſolches getahn/ der gemeine Weg waͤhre gar zu kotig in dieſem Regen-
wetter/ daher haͤtte er einen andern geſuchet/ welcher zwar etwas umb/ aber nun ſchier ge-
endiget waͤhre. Das Frauenzimmer empfand groſſe Angſt im Herzen/ und rieffen einhel-
lig/ er ſolte wieder umkehren/ und nach Padua fahren; aber der Bube taht/ als hoͤrete ers
nicht/ und wie er merkete/ daß ſie abſteigen wolten/ jagete er mit verhaͤngeten Zügeln nach
einem dicken Gepuͤſche zu; Worauf Frl. Sibylla ſagete: Ach ihr Goͤtter/ wir ſind gewiß-
lich verrahten/ oder wol gar verkaufft; woruͤber Fr. Urſul ſich dergeſtalt entſetzete/ daß ihr
eine Ohmacht zuſtieß; doch weil Fr. Sophia ihr hart zuredete/ ſie ſolte ſich feſt halten/ und
das Ungluͤk nicht haͤuffen/ fand ſie ſich bald wieder/ gleich da 20 Raͤuber aus dem naͤheſten
Gepuͤſche hervor ſprungen/ die Gutſche umgaben/ und ihr Führer das Frauenzimmer al-
ſo anredete: Ihr ſchoͤnen Bilderchen ſeyd uns dieſes ungewoͤhnlichen Orts ſehr wilkom-
men/ als deren wir ſchon unterſchiedliche mahl/ aber bißher vergeblich erwartet haben; weil
dann nun das heutige Gluͤk uns ſo guͤnſtig iſt/ werdet ihr euch nicht wegern/ mit uns zuge-
hen/ dann wir ſind nicht willens/ euch einiges Leid oder Betruͤbniß anzufuͤgen; nur allein
werde ich mich bemuͤhen/ durch euren Vorſchub und Befoderung meine Gelder wieder
zuerlangen/ die mir vor zwey Jahren ungefehr entwendet ſind/ und eurer etliche darumb
gute Wiſſenſchafft tragen. Ich habe zu dem mahle Muͤhe gehabt/ mich zuerretten/ da die
wolerbauete Hoͤhle unvermuhtlich geſtuͤrmet ward/ aber nunmehr bin ich willens/ die Zin-
ſen ſamt dem Hauptſtuel einzuhohlen. Das Frauenzimmer erſchrak der Rede heftig/ doch
erhohlete ſich Fr. Sophia mitten in der Augſt/ faſſete ein Herz/ und gab ihm dieſe Antwort:
Mein Freund/ ich vermerke aus allen euren Reden/ daß wir euch nicht unbekant ſind/ wil
euch daher erinnert haben/ daß ihr beſcheidentlich mit uns umgehet/ und euer keineꝛ ſich ge-
luͤſten laſſe/ ichtwas wider unſere weibliche Ehre und Zucht vorzunehmen; Hat man euch
dann/ wie ihr vorgebet/ und wol ſeyn kan/ eure Gelder entwendet/ ſo verſichert euch/ daß ſie
annoch unverzehret und in guter Gewarſam ſind/ auch mit leichter Muͤh wieder koͤnnen
beygebracht werden. So laſſet mich nun wiſſen/ wie hoch eure Anfoderung ſey/ und trauet
meinem verſprechen/ welches ich aͤidlich leiſten wil/ daß euch noch heut dieſen Tag ſolche
Gelder ſollen eingehaͤndiget werden/ und kein andeꝛ Menſch als wir deſſen jemahl ichtwz in
Erfahrung bringen/ viel weniger einiger/ ſolches an euch zueifern ſich unterſtehen ſol; laſſet
mich nur mit meiner Geſelſchaft unbeſchimpfet nach Padua wieder umkehrẽ; oder deucht
euch ein ſolches einige Gefahr auf ſich zuhaben/ welche doch ferne iſt/ ſo behaltet unſer eine
in redlicher Verwahrung/ biß die Auszahlung und eure gaͤnzliche ſicherheit euch vergnuͤ-
get iſt; ein mehr es werdet ihr ja weder fodern noch begehren koͤnnen. Dieſer Vortrag wol-

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[255/0261] Sechſtes Buch. nach der jetzigen/ und fuͤhrete ſie von der Landſtraſſen auf einen ungebahneten Weg/ hoͤrete auch zwo ganzer Stunden nicht auf zurennen/ biß ſich der Regen gelegt hatte/ da endlich das Fraͤulein ſagete: Wie koͤmt es doch/ daß mir der Weg ungleich laͤnger vorkomt/ als vor nie/ und gleichwol die Pferde immerzu in Fluͤchten gangen ſind? gewißlich hat der Gutſcher des Weges verfehlet. Fr. Sophien mißdauchte es gleich ſo wol/ oͤfnete den Wa- gen/ und als ſie ſich umſahe/ merkete ſie alsbald/ daß ſie auf dem rechten Wege nicht wah- ren/ deswegen ſchalt ſie den Gutſcher aus/ wie er darzu kaͤhme/ und ohn ihr Geheiß einen andern Weg vor ſich nehmen duͤrffte. Dieſer entſchuldigte ſich auffs beſte/ er haͤtte aus gu- ter Wolmeynung ſolches getahn/ der gemeine Weg waͤhre gar zu kotig in dieſem Regen- wetter/ daher haͤtte er einen andern geſuchet/ welcher zwar etwas umb/ aber nun ſchier ge- endiget waͤhre. Das Frauenzimmer empfand groſſe Angſt im Herzen/ und rieffen einhel- lig/ er ſolte wieder umkehren/ und nach Padua fahren; aber der Bube taht/ als hoͤrete ers nicht/ und wie er merkete/ daß ſie abſteigen wolten/ jagete er mit verhaͤngeten Zügeln nach einem dicken Gepuͤſche zu; Worauf Frl. Sibylla ſagete: Ach ihr Goͤtter/ wir ſind gewiß- lich verrahten/ oder wol gar verkaufft; woruͤber Fr. Urſul ſich dergeſtalt entſetzete/ daß ihr eine Ohmacht zuſtieß; doch weil Fr. Sophia ihr hart zuredete/ ſie ſolte ſich feſt halten/ und das Ungluͤk nicht haͤuffen/ fand ſie ſich bald wieder/ gleich da 20 Raͤuber aus dem naͤheſten Gepuͤſche hervor ſprungen/ die Gutſche umgaben/ und ihr Führer das Frauenzimmer al- ſo anredete: Ihr ſchoͤnen Bilderchen ſeyd uns dieſes ungewoͤhnlichen Orts ſehr wilkom- men/ als deren wir ſchon unterſchiedliche mahl/ aber bißher vergeblich erwartet haben; weil dann nun das heutige Gluͤk uns ſo guͤnſtig iſt/ werdet ihr euch nicht wegern/ mit uns zuge- hen/ dann wir ſind nicht willens/ euch einiges Leid oder Betruͤbniß anzufuͤgen; nur allein werde ich mich bemuͤhen/ durch euren Vorſchub und Befoderung meine Gelder wieder zuerlangen/ die mir vor zwey Jahren ungefehr entwendet ſind/ und eurer etliche darumb gute Wiſſenſchafft tragen. Ich habe zu dem mahle Muͤhe gehabt/ mich zuerretten/ da die wolerbauete Hoͤhle unvermuhtlich geſtuͤrmet ward/ aber nunmehr bin ich willens/ die Zin- ſen ſamt dem Hauptſtuel einzuhohlen. Das Frauenzimmer erſchrak der Rede heftig/ doch erhohlete ſich Fr. Sophia mitten in der Augſt/ faſſete ein Herz/ und gab ihm dieſe Antwort: Mein Freund/ ich vermerke aus allen euren Reden/ daß wir euch nicht unbekant ſind/ wil euch daher erinnert haben/ daß ihr beſcheidentlich mit uns umgehet/ und euer keineꝛ ſich ge- luͤſten laſſe/ ichtwas wider unſere weibliche Ehre und Zucht vorzunehmen; Hat man euch dann/ wie ihr vorgebet/ und wol ſeyn kan/ eure Gelder entwendet/ ſo verſichert euch/ daß ſie annoch unverzehret und in guter Gewarſam ſind/ auch mit leichter Muͤh wieder koͤnnen beygebracht werden. So laſſet mich nun wiſſen/ wie hoch eure Anfoderung ſey/ und trauet meinem verſprechen/ welches ich aͤidlich leiſten wil/ daß euch noch heut dieſen Tag ſolche Gelder ſollen eingehaͤndiget werden/ und kein andeꝛ Menſch als wir deſſen jemahl ichtwz in Erfahrung bringen/ viel weniger einiger/ ſolches an euch zueifern ſich unterſtehen ſol; laſſet mich nur mit meiner Geſelſchaft unbeſchimpfet nach Padua wieder umkehrẽ; oder deucht euch ein ſolches einige Gefahr auf ſich zuhaben/ welche doch ferne iſt/ ſo behaltet unſer eine in redlicher Verwahrung/ biß die Auszahlung und eure gaͤnzliche ſicherheit euch vergnuͤ- get iſt; ein mehr es werdet ihr ja weder fodern noch begehren koͤnnen. Dieſer Vortrag wol- te faſt

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/261>, abgerufen am 25.04.2024.