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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
nach du ungehorsamer wiederspenstiger Bube dich unterstehen darfft/ dasselbe schimpflich
zuverachten/ welches wir uns sonderlich außersehen/ und es zuerlangen/ Leib und Gut wa-
gen wollen/ hastu dich forthin keiner Königlichen Gnade mehr zugetrösten; und ob du zwar
dein Leben verwirket hast/ wollen wir doch nach der schärffe nicht verfahren/ sondern du
solt in das Untergemach dieses Turms gehen/ biß wir uns einer gewissen Straffe erkläret
haben. Der erschrockene Mensch fiel vor ihm nider/ und baht sehr kläglich/ ihm seine un-
bedachtsame Reden allergnädigst zuverzeihen/ weil er sie böser Meynung nit vorgebracht/
sondern in den Gedanken gestanden/ ihre Hocheit hätten einen ungnädigen Willen auff
das Durchl. Fräulein geworffen/ wolte sich hinfüro wissen zuhüten/ auch sonst in allen be-
gebenheiten sein Blut und Leben vor ihrer Hocheit Wolfahrt willigst anwenden. Weil
dann Bagophanes auch sehr vor ihn baht/ überkam er endlich verzeihung/ jedoch mit dem
bedinge/ daß da er dieses Gespräch einigem Menschen offenbahren würde/ er eines schänd-
lichen todes sterben solte. Hiedurch ward Sysimithres gewitziget/ seiner Zungen Frey-
heit zu mässigen/ und in dem er seines Königes bestes suchete/ zugleich auch seiner eigenen
Wolfahrt wahr zunehmen; dann grosse Herrn können von ihren Untertahnen die Un-
terweisung zum guten nicht wol annehmen/ insonderheit wann sie einer wüterischen Art
sind/ und ihren Willen zur Richtschnur der Erbarkeit setzen; aber den Ohrenbläsern und
lasterhaften/ und die alle Tugend/ so wieder des Königs Willen strebet/ unterdrücken/ de-
nen stehet gemeinlich der Fürstliche Saal offen/ welche man doch billich mit verfluchung
und instendigem Gebeht der unmündigen Kinder tödten solte/ weil von ihnen alle Landes
verderbung herrühret/ und umb ihretwillen die frommen solche Straffe über sich nehmen
müssen/ welche sie nicht verschuldet haben. O des glükseligen Landes/ dessen Fürst oder
König nicht gedenket/ er könne allein rahten/ sondern höret auch die/ so bey redlichen Leuten
wol geachtet sind/ insonderheit/ wann sie nicht so sehr auff die bereicherung ihrer selbst oder
der Fürstlichen Schazkammer/ sondern auff des Fürstlichen Hauses und des Landes wol-
fahrt sehen. Wie leicht ist es geschehen/ daß ein boßhafter Mensch unter dem Schatten
einer sonderlichen Frömmigkeit und untertähnigen gehorsams sich bey dem Fürsten be-
liebt machet/ und wann er erst freien Zutrit hat/ gibt er genaue achtung/ wohin dessen Ge-
müht am meisten sich lenket; findet er ihn dem Trunk zugetahn/ so ist er mit Bechern und
Gläsern bereit und fertig; ist er liebsüchtig/ so rühmet er ihm fleisches Wollust/ und weiß
das Laster der Unzucht so artig zuentschuldigen/ als währe es eine halbe Tugend/ durch un-
sere Eltern selbst uns eingepflanzet/ dessen lässet sich dann ein ohndaß freier Herr leicht be-
reden/ und da er vorhin den Begierden kaum das Schwankrütlein erteilete/ häuet er sie
mit beyden Sporen an/ daß er alle so ihm im Wege stehen/ übern hauffen rennet/ und von
allem guten reine Bahn machet/ biß ihm niemand einreden darff. O ihr Fürsten/ O leidet
ja diese Schmeichler an euren Höfen nicht/ die euch nur nach dem Maule reden; ihr seid
ja in euer Jugend zum guten und löblichen angeführet/ und wisset/ was an sich selbst straff-
bar und lobwirdig ist; drumb leihet denen eure Ohren nicht/ welche vorgeben dürffen/ ei-
nem Fürsten stehe dieses oft wol an/ was andere mit dem Kopfe bezahlen müssen. Hätte
Artabanus auffrichtige Rähte hören wollen/ die sein und seines Reichs bestes sucheten/
und dagegen den Fuchsschwänzern/ Bagophanes und andern seines gleichen nicht ins

Maul

Fuͤnftes Buch.
nach du ungehorſamer wiederſpenſtiger Bube dich unterſtehen darfft/ daſſelbe ſchimpflich
zuverachten/ welches wir uns ſonderlich außerſehen/ und es zuerlangen/ Leib und Gut wa-
gen wollen/ haſtu dich forthin keiner Koͤniglichen Gnade mehr zugetroͤſten; uñ ob du zwaꝛ
dein Leben verwirket haſt/ wollen wir doch nach der ſchaͤrffe nicht verfahren/ ſondern du
ſolt in das Untergemach dieſes Turms gehen/ biß wir uns einer gewiſſen Straffe erklaͤret
haben. Der erſchrockene Menſch fiel vor ihm nider/ und baht ſehr klaͤglich/ ihm ſeine un-
bedachtſame Reden allergnaͤdigſt zuverzeihen/ weil er ſie boͤſer Meynung nit vorgebracht/
ſondern in den Gedanken geſtanden/ ihre Hocheit haͤtten einen ungnaͤdigen Willen auff
das Durchl. Fraͤulein geworffen/ wolte ſich hinfuͤro wiſſen zuhuͤten/ auch ſonſt in allen be-
gebenheiten ſein Blut und Leben vor ihrer Hocheit Wolfahrt willigſt anwenden. Weil
dann Bagophanes auch ſehr vor ihn baht/ uͤberkam er endlich verzeihung/ jedoch mit dem
bedinge/ daß da eꝛ dieſes Geſpraͤch einigem Menſchen offenbahꝛen wuͤrde/ er eines ſchaͤnd-
lichen todes ſterben ſolte. Hiedurch ward Syſimithres gewitziget/ ſeiner Zungen Frey-
heit zu maͤſſigen/ und in dem er ſeines Koͤniges beſtes ſuchete/ zugleich auch ſeiner eigenen
Wolfahrt wahr zunehmen; dann groſſe Herrn koͤnnen von ihren Untertahnen die Un-
terweiſung zum guten nicht wol annehmen/ inſonderheit wann ſie einer wuͤteriſchen Art
ſind/ und ihren Willen zur Richtſchnur der Erbarkeit ſetzen; aber den Ohrenblaͤſern und
laſterhaften/ und die alle Tugend/ ſo wieder des Koͤnigs Willen ſtrebet/ unterdrücken/ de-
nen ſtehet gemeinlich der Fuͤrſtliche Saal offen/ welche man doch billich mit verfluchung
und inſtendigem Gebeht der unmuͤndigen Kinder toͤdten ſolte/ weil von ihnen alle Landes
verderbung herruͤhret/ und umb ihretwillen die frommen ſolche Straffe uͤber ſich nehmen
muͤſſen/ welche ſie nicht verſchuldet haben. O des gluͤkſeligen Landes/ deſſen Fuͤrſt oder
Koͤnig nicht gedenket/ er koͤnne allein rahten/ ſondern hoͤret auch die/ ſo bey redlichen Leutẽ
wol geachtet ſind/ inſonderheit/ wann ſie nicht ſo ſehr auff die bereicheꝛung ihrer ſelbſt oder
der Fuͤrſtlichen Schazkammer/ ſondern auff des Fürſtlichen Hauſes und des Landes wol-
fahrt ſehen. Wie leicht iſt es geſchehen/ daß ein boßhafter Menſch unter dem Schatten
einer ſonderlichen Froͤmmigkeit und untertaͤhnigen gehorſams ſich bey dem Fuͤrſten be-
liebt machet/ und wann er erſt freien Zutrit hat/ gibt er genaue achtung/ wohin deſſen Ge-
muͤht am meiſten ſich lenket; findet er ihn dem Trunk zugetahn/ ſo iſt er mit Bechern und
Glaͤſern bereit und fertig; iſt er liebſuͤchtig/ ſo ruͤhmet er ihm fleiſches Wolluſt/ und weiß
das Laſter der Unzucht ſo artig zuentſchuldigen/ als waͤhre es eine halbe Tugend/ durch un-
ſere Eltern ſelbſt uns eingepflanzet/ deſſen laͤſſet ſich dann ein ohndaß freier Herr leicht be-
reden/ und da er vorhin den Begierden kaum das Schwankruͤtlein erteilete/ haͤuet er ſie
mit beyden Sporen an/ daß er alle ſo ihm im Wege ſtehen/ uͤbern hauffen rennet/ und von
allem guten reine Bahn machet/ biß ihm niemand einreden darff. O ihr Fuͤrſten/ O leidet
ja dieſe Schmeichler an euren Hoͤfen nicht/ die euch nur nach dem Maule reden; ihr ſeid
ja in euer Jugend zum guten und loͤblichen angefuͤhret/ und wiſſet/ was an ſich ſelbſt ſtraff-
bar und lobwirdig iſt; drumb leihet denen eure Ohren nicht/ welche vorgeben dürffen/ ei-
nem Fuͤrſten ſtehe dieſes oft wol an/ was andere mit dem Kopfe bezahlen muͤſſen. Haͤtte
Artabanus auffrichtige Raͤhte hoͤren wollen/ die ſein und ſeines Reichs beſtes ſucheten/
und dagegen den Fuchsſchwaͤnzern/ Bagophanes und andern ſeines gleichen nicht ins

Maul
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[50/0056] Fuͤnftes Buch. nach du ungehorſamer wiederſpenſtiger Bube dich unterſtehen darfft/ daſſelbe ſchimpflich zuverachten/ welches wir uns ſonderlich außerſehen/ und es zuerlangen/ Leib und Gut wa- gen wollen/ haſtu dich forthin keiner Koͤniglichen Gnade mehr zugetroͤſten; uñ ob du zwaꝛ dein Leben verwirket haſt/ wollen wir doch nach der ſchaͤrffe nicht verfahren/ ſondern du ſolt in das Untergemach dieſes Turms gehen/ biß wir uns einer gewiſſen Straffe erklaͤret haben. Der erſchrockene Menſch fiel vor ihm nider/ und baht ſehr klaͤglich/ ihm ſeine un- bedachtſame Reden allergnaͤdigſt zuverzeihen/ weil er ſie boͤſer Meynung nit vorgebracht/ ſondern in den Gedanken geſtanden/ ihre Hocheit haͤtten einen ungnaͤdigen Willen auff das Durchl. Fraͤulein geworffen/ wolte ſich hinfuͤro wiſſen zuhuͤten/ auch ſonſt in allen be- gebenheiten ſein Blut und Leben vor ihrer Hocheit Wolfahrt willigſt anwenden. Weil dann Bagophanes auch ſehr vor ihn baht/ uͤberkam er endlich verzeihung/ jedoch mit dem bedinge/ daß da eꝛ dieſes Geſpraͤch einigem Menſchen offenbahꝛen wuͤrde/ er eines ſchaͤnd- lichen todes ſterben ſolte. Hiedurch ward Syſimithres gewitziget/ ſeiner Zungen Frey- heit zu maͤſſigen/ und in dem er ſeines Koͤniges beſtes ſuchete/ zugleich auch ſeiner eigenen Wolfahrt wahr zunehmen; dann groſſe Herrn koͤnnen von ihren Untertahnen die Un- terweiſung zum guten nicht wol annehmen/ inſonderheit wann ſie einer wuͤteriſchen Art ſind/ und ihren Willen zur Richtſchnur der Erbarkeit ſetzen; aber den Ohrenblaͤſern und laſterhaften/ und die alle Tugend/ ſo wieder des Koͤnigs Willen ſtrebet/ unterdrücken/ de- nen ſtehet gemeinlich der Fuͤrſtliche Saal offen/ welche man doch billich mit verfluchung und inſtendigem Gebeht der unmuͤndigen Kinder toͤdten ſolte/ weil von ihnen alle Landes verderbung herruͤhret/ und umb ihretwillen die frommen ſolche Straffe uͤber ſich nehmen muͤſſen/ welche ſie nicht verſchuldet haben. O des gluͤkſeligen Landes/ deſſen Fuͤrſt oder Koͤnig nicht gedenket/ er koͤnne allein rahten/ ſondern hoͤret auch die/ ſo bey redlichen Leutẽ wol geachtet ſind/ inſonderheit/ wann ſie nicht ſo ſehr auff die bereicheꝛung ihrer ſelbſt oder der Fuͤrſtlichen Schazkammer/ ſondern auff des Fürſtlichen Hauſes und des Landes wol- fahrt ſehen. Wie leicht iſt es geſchehen/ daß ein boßhafter Menſch unter dem Schatten einer ſonderlichen Froͤmmigkeit und untertaͤhnigen gehorſams ſich bey dem Fuͤrſten be- liebt machet/ und wann er erſt freien Zutrit hat/ gibt er genaue achtung/ wohin deſſen Ge- muͤht am meiſten ſich lenket; findet er ihn dem Trunk zugetahn/ ſo iſt er mit Bechern und Glaͤſern bereit und fertig; iſt er liebſuͤchtig/ ſo ruͤhmet er ihm fleiſches Wolluſt/ und weiß das Laſter der Unzucht ſo artig zuentſchuldigen/ als waͤhre es eine halbe Tugend/ durch un- ſere Eltern ſelbſt uns eingepflanzet/ deſſen laͤſſet ſich dann ein ohndaß freier Herr leicht be- reden/ und da er vorhin den Begierden kaum das Schwankruͤtlein erteilete/ haͤuet er ſie mit beyden Sporen an/ daß er alle ſo ihm im Wege ſtehen/ uͤbern hauffen rennet/ und von allem guten reine Bahn machet/ biß ihm niemand einreden darff. O ihr Fuͤrſten/ O leidet ja dieſe Schmeichler an euren Hoͤfen nicht/ die euch nur nach dem Maule reden; ihr ſeid ja in euer Jugend zum guten und loͤblichen angefuͤhret/ und wiſſet/ was an ſich ſelbſt ſtraff- bar und lobwirdig iſt; drumb leihet denen eure Ohren nicht/ welche vorgeben dürffen/ ei- nem Fuͤrſten ſtehe dieſes oft wol an/ was andere mit dem Kopfe bezahlen muͤſſen. Haͤtte Artabanus auffrichtige Raͤhte hoͤren wollen/ die ſein und ſeines Reichs beſtes ſucheten/ und dagegen den Fuchsſchwaͤnzern/ Bagophanes und andern ſeines gleichen nicht ins Maul

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/56>, abgerufen am 25.04.2024.