Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite
Marie. Luder! (Schlägt das Fenster zu). Komm, mein
Bub! Was die Leut wollen! Bist nur ein arm Huren-
kind und machst deiner Mutter doch so viel Freud' mit
deinem unehrlichen Gesicht! Sa! sa!
(Singt:)
Mädel, was fangst du jetzt an?
Hast ein klein Kind und kein Mann!
Ei was frag ich darnach,
Sing' ich die ganze Nacht:
Eia, popeia, mein Bub, juchhu!
Gibt mir kein Mensch nix dazu!
Hansel! spann deine sechs Schimmel an,
Gib sie zu fressen auf's Neu --
Kein Haber fresse sie,
Kein Wasser saufe sie,
Lauter kühle Wein muß es sein, Juchhe!
Lauter kühle Wein muß es sein!

(Es klopft am Fenster.)
Marie. Wer da? Bist du's, Franz? Komm herein!
Wozzeck. Kann nit. Muß zum Verles!
Marie. Hast Stecken geschnitten für den Major?
Wozzeck. Ja, Marie. Ach ...
Marie. Was hast du, Franz, du siehst so verstört?
Wozzeck. Pst, still! Ich hab's aus! Es war ein
Gebild am Himmel, und Alles in Gluth! Ich bin Vielem
auf der Spur!
Marie. Mann!
Wozzeck. Und jetzt Alles finster, finster! ... Marie,
es war wieder was, viel ... (Geheimnißvoll.) Steht nicht
Marie. Luder! (Schlägt das Fenſter zu). Komm, mein
Bub! Was die Leut wollen! Biſt nur ein arm Huren-
kind und machſt deiner Mutter doch ſo viel Freud' mit
deinem unehrlichen Geſicht! Sa! ſa!
(Singt:)
Mädel, was fangſt du jetzt an?
Haſt ein klein Kind und kein Mann!
Ei was frag ich darnach,
Sing' ich die ganze Nacht:
Eia, popeia, mein Bub, juchhu!
Gibt mir kein Menſch nix dazu!
Hanſel! ſpann deine ſechs Schimmel an,
Gib ſie zu freſſen auf's Neu —
Kein Haber freſſe ſie,
Kein Waſſer ſaufe ſie,
Lauter kühle Wein muß es ſein, Juchhe!
Lauter kühle Wein muß es ſein!

(Es klopft am Fenſter.)
Marie. Wer da? Biſt du's, Franz? Komm herein!
Wozzeck. Kann nit. Muß zum Verles!
Marie. Haſt Stecken geſchnitten für den Major?
Wozzeck. Ja, Marie. Ach ...
Marie. Was haſt du, Franz, du ſiehſt ſo verſtört?
Wozzeck. Pſt, ſtill! Ich hab's aus! Es war ein
Gebild am Himmel, und Alles in Gluth! Ich bin Vielem
auf der Spur!
Marie. Mann!
Wozzeck. Und jetzt Alles finſter, finſter! ... Marie,
es war wieder was, viel ... (Geheimnißvoll.) Steht nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div type="scene" n="3">
            <pb facs="#f0370" n="174"/>
            <sp who="#MARIE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Luder! <stage>(Schlägt das Fen&#x017F;ter zu).</stage> Komm, mein<lb/>
Bub! Was die Leut wollen! Bi&#x017F;t nur ein arm Huren-<lb/>
kind und mach&#x017F;t deiner Mutter doch &#x017F;o viel Freud' mit<lb/>
deinem unehrlichen Ge&#x017F;icht! Sa! &#x017F;a!</p>
              <stage>(Singt:)</stage><lb/>
              <lg type="poem">
                <lg n="1">
                  <l>Mädel, was fang&#x017F;t du jetzt an?</l><lb/>
                  <l>Ha&#x017F;t ein klein Kind und kein Mann!</l><lb/>
                  <l>Ei was frag ich darnach,</l><lb/>
                  <l>Sing' ich die ganze Nacht:</l><lb/>
                  <l>Eia, popeia, mein Bub, juchhu!</l><lb/>
                  <l>Gibt mir kein Men&#x017F;ch nix dazu!</l>
                </lg><lb/>
                <lg n="2">
                  <l>Han&#x017F;el! &#x017F;pann deine &#x017F;echs Schimmel an,</l><lb/>
                  <l>Gib &#x017F;ie zu fre&#x017F;&#x017F;en auf's Neu &#x2014;</l><lb/>
                  <l>Kein Haber fre&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie,</l><lb/>
                  <l>Kein Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;aufe &#x017F;ie,</l><lb/>
                  <l>Lauter kühle Wein muß es &#x017F;ein, Juchhe!</l><lb/>
                  <l>Lauter kühle Wein muß es &#x017F;ein!</l>
                </lg>
              </lg><lb/>
              <stage> <hi rendition="#c">(Es klopft am Fen&#x017F;ter.)</hi> </stage>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MARIE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Wer da? Bi&#x017F;t du's, Franz? Komm herein!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Kann nit. Muß zum Verles!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MARIE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Ha&#x017F;t Stecken ge&#x017F;chnitten für den Major?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Ja, Marie. Ach ...</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MARIE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Was ha&#x017F;t du, Franz, du &#x017F;ieh&#x017F;t &#x017F;o ver&#x017F;tört?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>P&#x017F;t, &#x017F;till! Ich hab's aus! Es war ein<lb/>
Gebild am Himmel, und Alles in Gluth! Ich bin Vielem<lb/>
auf der Spur!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MARIE">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Mann!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Und jetzt Alles fin&#x017F;ter, fin&#x017F;ter! ... Marie,<lb/>
es war wieder was, viel ... <stage>(Geheimnißvoll.)</stage> Steht nicht<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0370] Marie. Luder! (Schlägt das Fenſter zu). Komm, mein Bub! Was die Leut wollen! Biſt nur ein arm Huren- kind und machſt deiner Mutter doch ſo viel Freud' mit deinem unehrlichen Geſicht! Sa! ſa! (Singt:) Mädel, was fangſt du jetzt an? Haſt ein klein Kind und kein Mann! Ei was frag ich darnach, Sing' ich die ganze Nacht: Eia, popeia, mein Bub, juchhu! Gibt mir kein Menſch nix dazu! Hanſel! ſpann deine ſechs Schimmel an, Gib ſie zu freſſen auf's Neu — Kein Haber freſſe ſie, Kein Waſſer ſaufe ſie, Lauter kühle Wein muß es ſein, Juchhe! Lauter kühle Wein muß es ſein! (Es klopft am Fenſter.) Marie. Wer da? Biſt du's, Franz? Komm herein! Wozzeck. Kann nit. Muß zum Verles! Marie. Haſt Stecken geſchnitten für den Major? Wozzeck. Ja, Marie. Ach ... Marie. Was haſt du, Franz, du ſiehſt ſo verſtört? Wozzeck. Pſt, ſtill! Ich hab's aus! Es war ein Gebild am Himmel, und Alles in Gluth! Ich bin Vielem auf der Spur! Marie. Mann! Wozzeck. Und jetzt Alles finſter, finſter! ... Marie, es war wieder was, viel ... (Geheimnißvoll.) Steht nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/370
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/370>, abgerufen am 25.04.2024.