Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite
Waldweg am Teich.
Nacht. Wozzeck (kommt herangewankt.)
Das Messer? -- Wo ist das Messer? -- Ich habs
da gelassen. -- Näher, noch näher. -- Mir graut's -- Da
regt sich was. Still! -- Alles still und todt. -- Mörder!
Mörder! Ha! da ruft's. Nein -- ich selbst. (stößt auf die
Leiche.)
Marie! Marie! Was hast du für eine rothe Schnur um
den Hals? Hast dir das rothe Halsband verdient, wie die
Ohr-Ringlein, mit deiner Sünde! Was hängen dir die
schwarzen Haare so wild --?! -- Mörder! -- Mörder!
-- Sie werden nach mir suchen. Das Messer verräth mich!
Da, da ist's -- -- Leute! -- -- fort!

(Am Teich.)
So! da hinunter! (wirft das Messer hinein.) Es taucht
ins dunkle Wasser wie ein Stein. Aber der Mond ver-
räth mich -- der Mond ist blutig. Will denn die ganze
Welt es ausplaudern?! -- Das Messer, es liegt zu weit
vorn, sie findens beim Baden oder wenn sie nach Muscheln
tauchen. (geht in den Teich hinein.) Ich find's nicht. Aber ich
muß mich waschen. Ich bin blutig. Da ein Fleck -- und
noch einer. Weh! weh! ich wasche mich mit Blut -- das
Wasser ist Blut ... Blut ...
(ertrinkt.)
(Es kommen Leute.)
Erster Bürger. Halt!
Zweiter Bürger. Hörst du? Dort!
Erster Bürger. Jesus! das war ein Ton.
Zweiter Bürger. Es ist das Wasser im Teich. Das
Wasser ruft. Es ist schon lange Niemand ertrunken. Komm
-- es ist nicht gut zu hören.

Waldweg am Teich.
Nacht. Wozzeck (kommt herangewankt.)
Das Meſſer? — Wo iſt das Meſſer? — Ich habs
da gelaſſen. — Näher, noch näher. — Mir graut's — Da
regt ſich was. Still! — Alles ſtill und todt. — Mörder!
Mörder! Ha! da ruft's. Nein — ich ſelbſt. (ſtößt auf die
Leiche.)
Marie! Marie! Was haſt du für eine rothe Schnur um
den Hals? Haſt dir das rothe Halsband verdient, wie die
Ohr-Ringlein, mit deiner Sünde! Was hängen dir die
ſchwarzen Haare ſo wild —?! — Mörder! — Mörder!
— Sie werden nach mir ſuchen. Das Meſſer verräth mich!
Da, da iſt's — — Leute! — — fort!

(Am Teich.)
So! da hinunter! (wirft das Meſſer hinein.) Es taucht
ins dunkle Waſſer wie ein Stein. Aber der Mond ver-
räth mich — der Mond iſt blutig. Will denn die ganze
Welt es ausplaudern?! — Das Meſſer, es liegt zu weit
vorn, ſie findens beim Baden oder wenn ſie nach Muſcheln
tauchen. (geht in den Teich hinein.) Ich find's nicht. Aber ich
muß mich waſchen. Ich bin blutig. Da ein Fleck — und
noch einer. Weh! weh! ich waſche mich mit Blut — das
Waſſer iſt Blut ... Blut ...
(ertrinkt.)
(Es kommen Leute.)
Erſter Bürger. Halt!
Zweiter Bürger. Hörſt du? Dort!
Erſter Bürger. Jeſus! das war ein Ton.
Zweiter Bürger. Es iſt das Waſſer im Teich. Das
Waſſer ruft. Es iſt ſchon lange Niemand ertrunken. Komm
— es iſt nicht gut zu hören.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0395" n="199"/>
          <div type="scene" n="3">
            <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Waldweg am Teich.</hi> </hi> </hi> </head><lb/>
            <sp who="#WOZ">
              <stage> <hi rendition="#c">Nacht. </hi> </stage>
              <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Wozzeck</hi> </hi> </hi> </p>
              <stage> <hi rendition="#c">(kommt herangewankt.)</hi> </stage><lb/>
              <p>Das Me&#x017F;&#x017F;er? &#x2014; Wo i&#x017F;t das Me&#x017F;&#x017F;er? &#x2014; Ich habs<lb/>
da gela&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Näher, noch näher. &#x2014; Mir graut's &#x2014; Da<lb/>
regt &#x017F;ich was. Still! &#x2014; Alles &#x017F;till und todt. &#x2014; Mörder!<lb/>
Mörder! Ha! da ruft's. Nein &#x2014; ich &#x017F;elb&#x017F;t. <stage>(&#x017F;tößt auf die<lb/>
Leiche.)</stage> Marie! Marie! Was ha&#x017F;t du für eine rothe Schnur um<lb/>
den Hals? Ha&#x017F;t dir das rothe Halsband verdient, wie die<lb/>
Ohr-Ringlein, mit deiner Sünde! Was hängen dir die<lb/>
&#x017F;chwarzen Haare &#x017F;o wild &#x2014;?! &#x2014; Mörder! &#x2014; Mörder!<lb/>
&#x2014; Sie werden nach mir &#x017F;uchen. Das Me&#x017F;&#x017F;er verräth mich!<lb/>
Da, da i&#x017F;t's &#x2014; &#x2014; Leute! &#x2014; &#x2014; fort!</p><lb/>
              <stage>(Am Teich.)</stage><lb/>
              <p>So! da hinunter! <stage>(wirft das Me&#x017F;&#x017F;er hinein.)</stage> Es taucht<lb/>
ins dunkle Wa&#x017F;&#x017F;er wie ein Stein. Aber der Mond ver-<lb/>
räth mich &#x2014; der Mond i&#x017F;t blutig. Will denn die ganze<lb/>
Welt es ausplaudern?! &#x2014; Das Me&#x017F;&#x017F;er, es liegt zu weit<lb/>
vorn, &#x017F;ie findens beim Baden oder wenn &#x017F;ie nach Mu&#x017F;cheln<lb/>
tauchen. <stage>(geht in den Teich hinein.)</stage> Ich find's nicht. Aber ich<lb/>
muß mich wa&#x017F;chen. Ich bin blutig. Da ein Fleck &#x2014; und<lb/>
noch einer. Weh! weh! ich wa&#x017F;che mich mit Blut &#x2014; das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t Blut ... Blut ...</p>
              <stage>(ertrinkt.)<lb/>
(Es kommen Leute.)</stage>
            </sp><lb/>
            <sp who="#ERBUERG">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Bürger.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Halt!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#ZWEBUERG">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Zweiter Bürger.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Hör&#x017F;t du? Dort!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#ERBUERG">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Bürger.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Je&#x017F;us! das war ein Ton.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#ZWEBUERG">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Zweiter Bürger.</hi> </hi> </speaker>
              <p>Es i&#x017F;t das Wa&#x017F;&#x017F;er im Teich. Das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er ruft. Es i&#x017F;t &#x017F;chon lange Niemand ertrunken. Komm<lb/>
&#x2014; es i&#x017F;t nicht gut zu hören.</p>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0395] Waldweg am Teich. Nacht. Wozzeck (kommt herangewankt.) Das Meſſer? — Wo iſt das Meſſer? — Ich habs da gelaſſen. — Näher, noch näher. — Mir graut's — Da regt ſich was. Still! — Alles ſtill und todt. — Mörder! Mörder! Ha! da ruft's. Nein — ich ſelbſt. (ſtößt auf die Leiche.) Marie! Marie! Was haſt du für eine rothe Schnur um den Hals? Haſt dir das rothe Halsband verdient, wie die Ohr-Ringlein, mit deiner Sünde! Was hängen dir die ſchwarzen Haare ſo wild —?! — Mörder! — Mörder! — Sie werden nach mir ſuchen. Das Meſſer verräth mich! Da, da iſt's — — Leute! — — fort! (Am Teich.) So! da hinunter! (wirft das Meſſer hinein.) Es taucht ins dunkle Waſſer wie ein Stein. Aber der Mond ver- räth mich — der Mond iſt blutig. Will denn die ganze Welt es ausplaudern?! — Das Meſſer, es liegt zu weit vorn, ſie findens beim Baden oder wenn ſie nach Muſcheln tauchen. (geht in den Teich hinein.) Ich find's nicht. Aber ich muß mich waſchen. Ich bin blutig. Da ein Fleck — und noch einer. Weh! weh! ich waſche mich mit Blut — das Waſſer iſt Blut ... Blut ... (ertrinkt.) (Es kommen Leute.) Erſter Bürger. Halt! Zweiter Bürger. Hörſt du? Dort! Erſter Bürger. Jeſus! das war ein Ton. Zweiter Bürger. Es iſt das Waſſer im Teich. Das Waſſer ruft. Es iſt ſchon lange Niemand ertrunken. Komm — es iſt nicht gut zu hören.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/395
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/395>, abgerufen am 23.04.2024.