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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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den Abend wieder bei uns zubringen könnte, und deßwegen
unser gewöhnliches Lesekränzchen nicht abgesagt; da er aber
nicht dabei sein konnte, ließ er sich von uns erzählen, womit
wir uns unterhalten hatten.

4. Februar. Das Fieber war etwas stärker, doch
gab es zu keiner Besorgniß Raum; er aß etwas Suppe und
Obst und versicherte, daß es ihm ganz wohl in seinem Bette
sei. Wir erhielten Briefe von den Unsrigen, die ich ihm
vorlas und denen er mit Interesse zuhörte.

5. Februar. Er klagte über Schlaflosigkeit; ich suchte
ihn damit zu trösten, daß ich in meiner kürzlichen Krankheit
viele Nächte nicht geschlafen und dabei noch Schmerzen habe
leiden müssen. Er war sehr geduldig und ruhig; da wir
genöthigt waren einige Besuche zu machen, so blieb sein
liebster Freund Schmid bei ihm; als wir wieder nach Hause
kamen, ließ er sich von uns erzählen; doch hatte er es nicht
gerne, wenn man laut sprach.

6. Februar. Da ich keine häuslichen Geschäfte hatte,
konnte ich mich ganz seiner Pflege widmen, was ich von
Herzen gerne that. Es zeigte sich nach und nach eine große
Empfindlichkeit bei ihm; man konnte ihm nicht leicht etwas
recht machen, was seine Freunde oft nicht begreifen konnten.
Ich, die ich aber aus Erfahrung wußte, wie es Einem ist,
wenn man an den Nerven leidet, ich that ihm alles, was
er nur haben wollte, worüber ich jetzt doppelt froh bin.

7. Februar. Frau Sell schickte für Büchner Suppe,
die ihm sehr gut schmeckte; auch die vorgeschriebene Arzenei
nahm er gerne, worüber ich ihn oft lobte. Da wir den
Fastnachts-Abend bei Sell zubringen sollten, so blieb Büchners
Freund Braubach bei ihm, den er auch sehr gerne hatte.


den Abend wieder bei uns zubringen könnte, und deßwegen
unſer gewöhnliches Leſekränzchen nicht abgeſagt; da er aber
nicht dabei ſein konnte, ließ er ſich von uns erzählen, womit
wir uns unterhalten hatten.

4. Februar. Das Fieber war etwas ſtärker, doch
gab es zu keiner Beſorgniß Raum; er aß etwas Suppe und
Obſt und verſicherte, daß es ihm ganz wohl in ſeinem Bette
ſei. Wir erhielten Briefe von den Unſrigen, die ich ihm
vorlas und denen er mit Intereſſe zuhörte.

5. Februar. Er klagte über Schlafloſigkeit; ich ſuchte
ihn damit zu tröſten, daß ich in meiner kürzlichen Krankheit
viele Nächte nicht geſchlafen und dabei noch Schmerzen habe
leiden müſſen. Er war ſehr geduldig und ruhig; da wir
genöthigt waren einige Beſuche zu machen, ſo blieb ſein
liebſter Freund Schmid bei ihm; als wir wieder nach Hauſe
kamen, ließ er ſich von uns erzählen; doch hatte er es nicht
gerne, wenn man laut ſprach.

6. Februar. Da ich keine häuslichen Geſchäfte hatte,
konnte ich mich ganz ſeiner Pflege widmen, was ich von
Herzen gerne that. Es zeigte ſich nach und nach eine große
Empfindlichkeit bei ihm; man konnte ihm nicht leicht etwas
recht machen, was ſeine Freunde oft nicht begreifen konnten.
Ich, die ich aber aus Erfahrung wußte, wie es Einem iſt,
wenn man an den Nerven leidet, ich that ihm alles, was
er nur haben wollte, worüber ich jetzt doppelt froh bin.

7. Februar. Frau Sell ſchickte für Büchner Suppe,
die ihm ſehr gut ſchmeckte; auch die vorgeſchriebene Arzenei
nahm er gerne, worüber ich ihn oft lobte. Da wir den
Faſtnachts-Abend bei Sell zubringen ſollten, ſo blieb Büchners
Freund Braubach bei ihm, den er auch ſehr gerne hatte.


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[422/0618] den Abend wieder bei uns zubringen könnte, und deßwegen unſer gewöhnliches Leſekränzchen nicht abgeſagt; da er aber nicht dabei ſein konnte, ließ er ſich von uns erzählen, womit wir uns unterhalten hatten. 4. Februar. Das Fieber war etwas ſtärker, doch gab es zu keiner Beſorgniß Raum; er aß etwas Suppe und Obſt und verſicherte, daß es ihm ganz wohl in ſeinem Bette ſei. Wir erhielten Briefe von den Unſrigen, die ich ihm vorlas und denen er mit Intereſſe zuhörte. 5. Februar. Er klagte über Schlafloſigkeit; ich ſuchte ihn damit zu tröſten, daß ich in meiner kürzlichen Krankheit viele Nächte nicht geſchlafen und dabei noch Schmerzen habe leiden müſſen. Er war ſehr geduldig und ruhig; da wir genöthigt waren einige Beſuche zu machen, ſo blieb ſein liebſter Freund Schmid bei ihm; als wir wieder nach Hauſe kamen, ließ er ſich von uns erzählen; doch hatte er es nicht gerne, wenn man laut ſprach. 6. Februar. Da ich keine häuslichen Geſchäfte hatte, konnte ich mich ganz ſeiner Pflege widmen, was ich von Herzen gerne that. Es zeigte ſich nach und nach eine große Empfindlichkeit bei ihm; man konnte ihm nicht leicht etwas recht machen, was ſeine Freunde oft nicht begreifen konnten. Ich, die ich aber aus Erfahrung wußte, wie es Einem iſt, wenn man an den Nerven leidet, ich that ihm alles, was er nur haben wollte, worüber ich jetzt doppelt froh bin. 7. Februar. Frau Sell ſchickte für Büchner Suppe, die ihm ſehr gut ſchmeckte; auch die vorgeſchriebene Arzenei nahm er gerne, worüber ich ihn oft lobte. Da wir den Faſtnachts-Abend bei Sell zubringen ſollten, ſo blieb Büchners Freund Braubach bei ihm, den er auch ſehr gerne hatte.

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/618>, abgerufen am 24.04.2024.