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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Zweyter Theil.
§ 290.

Sie berechnet aber auch die Heilkunst in Rücksicht auf
die Erkenntniß der Würkung der Heilmittel, und sie unter-
stützt sie auch in Entdeckung derselben zur Beseitigung gewis-
ser Krankheiten.



Drittes Kapitel.
Nosologie
.


§ 291.

Die Nosologie (oder specielle Pathologie) ist derjenige
Theil der Naturlehre des Menschen, welcher seine verschie-
denen kraukhaften Erscheinungen (im engern Sinne des
Worts) als einzelne Ganze, nach ihrem Ursprunge, Ver-
laufe, ihren Ursachen, Zeichen und Würkungen, erläutert
Sie bezieht sich also auf sein geistiges sowohl, als auf sein
körperliches Wesen.

§ 292.

Sie schöpft also einzig und allein aus der Beobach-
tung der an einzelnen Menschen vorkommenden Krankheits-
fälle. Sie unterscheidet nämlich die Ursachen, Erscheinun-
gen und Würkungen, welche dieser Krankheitsfall mit
andern Fällen gemein hat. Entdeckt sie nun, daß, so oft sie
Beobachtungen anstellt, gewisse Erscheinungen immer mit
einander verbunden sind, oder auf einander folgen, so
nimmt sie dieselben für wesentliche, beschreibt diese mit Hint-
ansetzung der unwesentlichen, d. h. solcher, welche auf der
übrigen und in keinem unmittelbaren Bezuge damit stehen-
den individuellen Lage des Kranken, nicht auf den gemeinen
Eigenschaften der menschlichen Natur beruhen, und liefert

durch
Zweyter Theil.
§ 290.

Sie berechnet aber auch die Heilkunſt in Ruͤckſicht auf
die Erkenntniß der Wuͤrkung der Heilmittel, und ſie unter-
ſtuͤtzt ſie auch in Entdeckung derſelben zur Beſeitigung gewiſ-
ſer Krankheiten.



Drittes Kapitel.
Noſologie
.


§ 291.

Die Noſologie (oder ſpecielle Pathologie) iſt derjenige
Theil der Naturlehre des Menſchen, welcher ſeine verſchie-
denen kraukhaften Erſcheinungen (im engern Sinne des
Worts) als einzelne Ganze, nach ihrem Urſprunge, Ver-
laufe, ihren Urſachen, Zeichen und Wuͤrkungen, erlaͤutert
Sie bezieht ſich alſo auf ſein geiſtiges ſowohl, als auf ſein
koͤrperliches Weſen.

§ 292.

Sie ſchoͤpft alſo einzig und allein aus der Beobach-
tung der an einzelnen Menſchen vorkommenden Krankheits-
faͤlle. Sie unterſcheidet naͤmlich die Urſachen, Erſcheinun-
gen und Wuͤrkungen, welche dieſer Krankheitsfall mit
andern Faͤllen gemein hat. Entdeckt ſie nun, daß, ſo oft ſie
Beobachtungen anſtellt, gewiſſe Erſcheinungen immer mit
einander verbunden ſind, oder auf einander folgen, ſo
nimmt ſie dieſelben fuͤr weſentliche, beſchreibt dieſe mit Hint-
anſetzung der unweſentlichen, d. h. ſolcher, welche auf der
uͤbrigen und in keinem unmittelbaren Bezuge damit ſtehen-
den individuellen Lage des Kranken, nicht auf den gemeinen
Eigenſchaften der menſchlichen Natur beruhen, und liefert

durch
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[88/0106] Zweyter Theil. § 290. Sie berechnet aber auch die Heilkunſt in Ruͤckſicht auf die Erkenntniß der Wuͤrkung der Heilmittel, und ſie unter- ſtuͤtzt ſie auch in Entdeckung derſelben zur Beſeitigung gewiſ- ſer Krankheiten. Drittes Kapitel. Noſologie. § 291. Die Noſologie (oder ſpecielle Pathologie) iſt derjenige Theil der Naturlehre des Menſchen, welcher ſeine verſchie- denen kraukhaften Erſcheinungen (im engern Sinne des Worts) als einzelne Ganze, nach ihrem Urſprunge, Ver- laufe, ihren Urſachen, Zeichen und Wuͤrkungen, erlaͤutert Sie bezieht ſich alſo auf ſein geiſtiges ſowohl, als auf ſein koͤrperliches Weſen. § 292. Sie ſchoͤpft alſo einzig und allein aus der Beobach- tung der an einzelnen Menſchen vorkommenden Krankheits- faͤlle. Sie unterſcheidet naͤmlich die Urſachen, Erſcheinun- gen und Wuͤrkungen, welche dieſer Krankheitsfall mit andern Faͤllen gemein hat. Entdeckt ſie nun, daß, ſo oft ſie Beobachtungen anſtellt, gewiſſe Erſcheinungen immer mit einander verbunden ſind, oder auf einander folgen, ſo nimmt ſie dieſelben fuͤr weſentliche, beſchreibt dieſe mit Hint- anſetzung der unweſentlichen, d. h. ſolcher, welche auf der uͤbrigen und in keinem unmittelbaren Bezuge damit ſtehen- den individuellen Lage des Kranken, nicht auf den gemeinen Eigenſchaften der menſchlichen Natur beruhen, und liefert durch

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/106>, abgerufen am 18.04.2024.