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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Dritter Theil.
ses gleichförmiges Maas von Ideen empfängt, und da-
durch mit dem ganzen Umfange der Heilkunst ganz allmäh-
lig bekannt wird, dahingegen man bey dem Privatstudium
wegen des geschwinden Fassens die Gegenstände zu eilig
verläßt, und weder dem Gedächtnisse, noch der Urtheilskraft
die gehörige Zeit läßt, diesen Stoff zu verarbeiten. -- Man
verhüte aus derselben Ursache alle Lücken im Besuchen der
Vorlesungen, und halte sich daher auch in dieser Rücksicht
Manuscripte.

§ 571.

Eher noch können die Nebenwissenschaften der Heilkunst
durch das Privatstudium erlernt werden, weil hier nicht so-
wohl neue Ideen vorgetragen, als vielmehr die schon be-
kannten neu geordnet, und auf einen anderen bestimmten
Zweck bezogen werden.

§ 572.

In jedem Fache macht man größere Fortschritte, sobald
man sich für dasselbe interessirt. Man suche also bey dem
Studium einer jeden einzelnen Wissenschaft der Heilkunst der-
selben Geschmack abzugewinnen, und da wir diesen Zweck
dadurch erreichen, daß wir unsere Kräfte an den Gegenstän-
den der Wissenschaften selbst üben, so untersuche man selbst
das was man kennen gelernt hat: man lege z. B. naturhisto-
rische, anatomische, pharmaceutische Sammlungen an, man
zergliedre Pflanzen und Mineralien, thierische und mensch-
liche Körper, man stelle chemische Untersuchungen an, man
nehme Versuche über physiologische Gegenstände vor, man
suche bey seiner Lektüre und bey andern Gelegenheiten eigne
Resultate zu finden, oder über die bekannten Wahrheiten
Gewißheit zu erlangen, man benutze frühzeitig die Gelegen-
heit, Kranke zu beobachten etc.


§ 573.

Dritter Theil.
ſes gleichfoͤrmiges Maas von Ideen empfaͤngt, und da-
durch mit dem ganzen Umfange der Heilkunſt ganz allmaͤh-
lig bekannt wird, dahingegen man bey dem Privatſtudium
wegen des geſchwinden Faſſens die Gegenſtaͤnde zu eilig
verlaͤßt, und weder dem Gedaͤchtniſſe, noch der Urtheilskraft
die gehoͤrige Zeit laͤßt, dieſen Stoff zu verarbeiten. — Man
verhuͤte aus derſelben Urſache alle Luͤcken im Beſuchen der
Vorleſungen, und halte ſich daher auch in dieſer Ruͤckſicht
Manuſcripte.

§ 571.

Eher noch koͤnnen die Nebenwiſſenſchaften der Heilkunſt
durch das Privatſtudium erlernt werden, weil hier nicht ſo-
wohl neue Ideen vorgetragen, als vielmehr die ſchon be-
kannten neu geordnet, und auf einen anderen beſtimmten
Zweck bezogen werden.

§ 572.

In jedem Fache macht man groͤßere Fortſchritte, ſobald
man ſich fuͤr daſſelbe intereſſirt. Man ſuche alſo bey dem
Studium einer jeden einzelnen Wiſſenſchaft der Heilkunſt der-
ſelben Geſchmack abzugewinnen, und da wir dieſen Zweck
dadurch erreichen, daß wir unſere Kraͤfte an den Gegenſtaͤn-
den der Wiſſenſchaften ſelbſt uͤben, ſo unterſuche man ſelbſt
das was man kennen gelernt hat: man lege z. B. naturhiſto-
riſche, anatomiſche, pharmaceutiſche Sammlungen an, man
zergliedre Pflanzen und Mineralien, thieriſche und menſch-
liche Koͤrper, man ſtelle chemiſche Unterſuchungen an, man
nehme Verſuche uͤber phyſiologiſche Gegenſtaͤnde vor, man
ſuche bey ſeiner Lektuͤre und bey andern Gelegenheiten eigne
Reſultate zu finden, oder uͤber die bekannten Wahrheiten
Gewißheit zu erlangen, man benutze fruͤhzeitig die Gelegen-
heit, Kranke zu beobachten ꝛc.


§ 573.
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[176/0194] Dritter Theil. ſes gleichfoͤrmiges Maas von Ideen empfaͤngt, und da- durch mit dem ganzen Umfange der Heilkunſt ganz allmaͤh- lig bekannt wird, dahingegen man bey dem Privatſtudium wegen des geſchwinden Faſſens die Gegenſtaͤnde zu eilig verlaͤßt, und weder dem Gedaͤchtniſſe, noch der Urtheilskraft die gehoͤrige Zeit laͤßt, dieſen Stoff zu verarbeiten. — Man verhuͤte aus derſelben Urſache alle Luͤcken im Beſuchen der Vorleſungen, und halte ſich daher auch in dieſer Ruͤckſicht Manuſcripte. § 571. Eher noch koͤnnen die Nebenwiſſenſchaften der Heilkunſt durch das Privatſtudium erlernt werden, weil hier nicht ſo- wohl neue Ideen vorgetragen, als vielmehr die ſchon be- kannten neu geordnet, und auf einen anderen beſtimmten Zweck bezogen werden. § 572. In jedem Fache macht man groͤßere Fortſchritte, ſobald man ſich fuͤr daſſelbe intereſſirt. Man ſuche alſo bey dem Studium einer jeden einzelnen Wiſſenſchaft der Heilkunſt der- ſelben Geſchmack abzugewinnen, und da wir dieſen Zweck dadurch erreichen, daß wir unſere Kraͤfte an den Gegenſtaͤn- den der Wiſſenſchaften ſelbſt uͤben, ſo unterſuche man ſelbſt das was man kennen gelernt hat: man lege z. B. naturhiſto- riſche, anatomiſche, pharmaceutiſche Sammlungen an, man zergliedre Pflanzen und Mineralien, thieriſche und menſch- liche Koͤrper, man ſtelle chemiſche Unterſuchungen an, man nehme Verſuche uͤber phyſiologiſche Gegenſtaͤnde vor, man ſuche bey ſeiner Lektuͤre und bey andern Gelegenheiten eigne Reſultate zu finden, oder uͤber die bekannten Wahrheiten Gewißheit zu erlangen, man benutze fruͤhzeitig die Gelegen- heit, Kranke zu beobachten ꝛc. § 573.

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/194>, abgerufen am 29.03.2024.