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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Dritter Theil.
knüpft sind, durch die Erstere immer unterstützt, und kann
nie einen Schritt ohne dieselbe thun.

§ 616.

Noch inniger hängt die Geschichte der Heilkunst mit der
Geschichte der übrigen Wissenschaften, besonders der Philo-
sophie und der Naturgeschichte zusammen; ohne diese Ver-
bindung bleibt sie eine bloße, unfruchtbare Erzählung, denn
sie verfehlt ihren Zweck: Beobachtung der Fortschritt des
menschlichen Geistes und Belehrung über die deshalb künftig
einzuschlagenden Wege.



Drittes Kapitel.
Schöne Künste und Wissenschaften
.


§ 617.

Da der Zauber der Dichtkunst besonders geschickt ist,
die zartesten Gefühle des Herzens zu wecken und zu bewah-
ren, den Sinn für das Gute und Schöne, für Menschen-
wohl und Veredlung zu beleben: so muß man auch vor Er-
lernung der Heilkunst mit dem Studium unserer Dichter den
Anfang machen, und es wird bey Ausübung derselben oft
Trost, Ruhe und Muth gewähren.

§ 618.

Es erhält dadurch auch die Einbildungskraft einen hö-
hern Schwung, welcher sich durch Energie der Gedanken
und des Ausdrucks offenbart; und wenn diese thätigere
Phantasie einer scharfen Urtheilskraft die Hand reicht: so
entsteht der schönste Bund, durch welchen einige Meister un-

serer

Dritter Theil.
knuͤpft ſind, durch die Erſtere immer unterſtuͤtzt, und kann
nie einen Schritt ohne dieſelbe thun.

§ 616.

Noch inniger haͤngt die Geſchichte der Heilkunſt mit der
Geſchichte der uͤbrigen Wiſſenſchaften, beſonders der Philo-
ſophie und der Naturgeſchichte zuſammen; ohne dieſe Ver-
bindung bleibt ſie eine bloße, unfruchtbare Erzaͤhlung, denn
ſie verfehlt ihren Zweck: Beobachtung der Fortſchritt des
menſchlichen Geiſtes und Belehrung uͤber die deshalb kuͤnftig
einzuſchlagenden Wege.



Drittes Kapitel.
Schoͤne Kuͤnſte und Wiſſenſchaften
.


§ 617.

Da der Zauber der Dichtkunſt beſonders geſchickt iſt,
die zarteſten Gefuͤhle des Herzens zu wecken und zu bewah-
ren, den Sinn fuͤr das Gute und Schoͤne, fuͤr Menſchen-
wohl und Veredlung zu beleben: ſo muß man auch vor Er-
lernung der Heilkunſt mit dem Studium unſerer Dichter den
Anfang machen, und es wird bey Ausuͤbung derſelben oft
Troſt, Ruhe und Muth gewaͤhren.

§ 618.

Es erhaͤlt dadurch auch die Einbildungskraft einen hoͤ-
hern Schwung, welcher ſich durch Energie der Gedanken
und des Ausdrucks offenbart; und wenn dieſe thaͤtigere
Phantaſie einer ſcharfen Urtheilskraft die Hand reicht: ſo
entſteht der ſchoͤnſte Bund, durch welchen einige Meiſter un-

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[190/0208] Dritter Theil. knuͤpft ſind, durch die Erſtere immer unterſtuͤtzt, und kann nie einen Schritt ohne dieſelbe thun. § 616. Noch inniger haͤngt die Geſchichte der Heilkunſt mit der Geſchichte der uͤbrigen Wiſſenſchaften, beſonders der Philo- ſophie und der Naturgeſchichte zuſammen; ohne dieſe Ver- bindung bleibt ſie eine bloße, unfruchtbare Erzaͤhlung, denn ſie verfehlt ihren Zweck: Beobachtung der Fortſchritt des menſchlichen Geiſtes und Belehrung uͤber die deshalb kuͤnftig einzuſchlagenden Wege. Drittes Kapitel. Schoͤne Kuͤnſte und Wiſſenſchaften. § 617. Da der Zauber der Dichtkunſt beſonders geſchickt iſt, die zarteſten Gefuͤhle des Herzens zu wecken und zu bewah- ren, den Sinn fuͤr das Gute und Schoͤne, fuͤr Menſchen- wohl und Veredlung zu beleben: ſo muß man auch vor Er- lernung der Heilkunſt mit dem Studium unſerer Dichter den Anfang machen, und es wird bey Ausuͤbung derſelben oft Troſt, Ruhe und Muth gewaͤhren. § 618. Es erhaͤlt dadurch auch die Einbildungskraft einen hoͤ- hern Schwung, welcher ſich durch Energie der Gedanken und des Ausdrucks offenbart; und wenn dieſe thaͤtigere Phantaſie einer ſcharfen Urtheilskraft die Hand reicht: ſo entſteht der ſchoͤnſte Bund, durch welchen einige Meiſter un- ſerer

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/208>, abgerufen am 28.03.2024.