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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Zweyter Theil.
§ 141.

Bis hierher gehen die praktischen Wissenschaften, d. h.
welche eine unmittelbare Anwendung in einzelnen vorkom-
menden Krankheitsfällen finden.

§ 142.

Diese einzelnen Krankheitsfälle können aber nicht begrif-
fen werden, ohne gehörige Kenntniß der Krankheit im All-
gemeinen nach ihrem Wesen, ihren Ursachen, Folgen und
Modificationen (allgemeine Pathologie).

§ 143.

Diese Einsicht der Krankheiten ist aber nicht möglich
ohne Kenntniß der Erscheinungen am Menschen überhaupt,
und seiner Gesundheit insbesondere, und zwar der geistigen
Erscheinungen sowohl, als der körperlichen (Fysiologie und
Psychologie).

§ 144.

Um sich nun eine vollständige Kenntniß der körperlichen
und geistigen Gesundheit zu erwerben, und um dadurch eine
Norm zu finden, nach welcher die Krankheiten beurtheilt
werden müssen, bedarf man der Kenntniß der sich hierauf
beziehenden Zeichen (physiologische und psychologische Se-
miotik).

§ 145.

Dies sind theoretische Wissenschaften, weil sie die prak-
tischen begründen, und nur mittelbaren Einfluß auf die Hei-
lung haben, und zwar sind siedie philosophischen, weil sie nicht
blos das Wahrgenommene darstellen, sondern auch dessen
Zusammenhang und Ursachen untersuchen.


§. 146.
Zweyter Theil.
§ 141.

Bis hierher gehen die praktiſchen Wiſſenſchaften, d. h.
welche eine unmittelbare Anwendung in einzelnen vorkom-
menden Krankheitsfaͤllen finden.

§ 142.

Dieſe einzelnen Krankheitsfaͤlle koͤnnen aber nicht begrif-
fen werden, ohne gehoͤrige Kenntniß der Krankheit im All-
gemeinen nach ihrem Weſen, ihren Urſachen, Folgen und
Modificationen (allgemeine Pathologie).

§ 143.

Dieſe Einſicht der Krankheiten iſt aber nicht moͤglich
ohne Kenntniß der Erſcheinungen am Menſchen uͤberhaupt,
und ſeiner Geſundheit insbeſondere, und zwar der geiſtigen
Erſcheinungen ſowohl, als der koͤrperlichen (Fyſiologie und
Pſychologie).

§ 144.

Um ſich nun eine vollſtaͤndige Kenntniß der koͤrperlichen
und geiſtigen Geſundheit zu erwerben, und um dadurch eine
Norm zu finden, nach welcher die Krankheiten beurtheilt
werden muͤſſen, bedarf man der Kenntniß der ſich hierauf
beziehenden Zeichen (phyſiologiſche und pſychologiſche Se-
miotik).

§ 145.

Dies ſind theoretiſche Wiſſenſchaften, weil ſie die prak-
tiſchen begruͤnden, und nur mittelbaren Einfluß auf die Hei-
lung haben, und zwar ſind ſiedie philoſophiſchen, weil ſie nicht
blos das Wahrgenommene darſtellen, ſondern auch deſſen
Zuſammenhang und Urſachen unterſuchen.


§. 146.
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[48/0066] Zweyter Theil. § 141. Bis hierher gehen die praktiſchen Wiſſenſchaften, d. h. welche eine unmittelbare Anwendung in einzelnen vorkom- menden Krankheitsfaͤllen finden. § 142. Dieſe einzelnen Krankheitsfaͤlle koͤnnen aber nicht begrif- fen werden, ohne gehoͤrige Kenntniß der Krankheit im All- gemeinen nach ihrem Weſen, ihren Urſachen, Folgen und Modificationen (allgemeine Pathologie). § 143. Dieſe Einſicht der Krankheiten iſt aber nicht moͤglich ohne Kenntniß der Erſcheinungen am Menſchen uͤberhaupt, und ſeiner Geſundheit insbeſondere, und zwar der geiſtigen Erſcheinungen ſowohl, als der koͤrperlichen (Fyſiologie und Pſychologie). § 144. Um ſich nun eine vollſtaͤndige Kenntniß der koͤrperlichen und geiſtigen Geſundheit zu erwerben, und um dadurch eine Norm zu finden, nach welcher die Krankheiten beurtheilt werden muͤſſen, bedarf man der Kenntniß der ſich hierauf beziehenden Zeichen (phyſiologiſche und pſychologiſche Se- miotik). § 145. Dies ſind theoretiſche Wiſſenſchaften, weil ſie die prak- tiſchen begruͤnden, und nur mittelbaren Einfluß auf die Hei- lung haben, und zwar ſind ſiedie philoſophiſchen, weil ſie nicht blos das Wahrgenommene darſtellen, ſondern auch deſſen Zuſammenhang und Urſachen unterſuchen. §. 146.

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/66>, abgerufen am 28.03.2024.