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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Zweyter Theil.
durch die Krankheiten in ihrem ganzen Umfange, und also
auch nach ihrem Sitze und ihrem Grade zu erkennen: -- so
liefert sie die pathologische Semiotik, oder die Zei-
chenlehre der Krankheiten.

§ 304.

Die Nosologie befriedigt also das erste und wichtigste
Bedürfniß der Heilkunst, indem sie zunächst in den Stand
setzt, die Krankheitsfälle zu erkennen und zu beurtheilen,
und sie ist deshalb unentbehrlich für die Hauptwissenschaften
oder für die specielle Therapie, Chirurgie und Entbindungs-
kunst, mit welchen Wissenschaften sie auch gemeiniglich im
Vortrage verbunden wird.

§ 305.

Ferner muß sie der Lehre von den Würkungen der Heil-
kräfte auf die menschliche Natur vorausgehen, und durch
Mittheilung ihrer Beobachtungen die allgemeine Pathologie
und ihre Zweige, die pathologische Anatomie und Anthro-
pochemie begründen, nicht weniger auch über mehrere Ge-
genstände der Physiologie und Psychologie, ja selbst über
Anthropochemie, über Anatomie und Naturgeschichte des
Menschen mehr Licht verbreiten.

§ 306.

Diese Wissenschaften aber, welche sie unterstützt, be-
nutzt sie hinwiederum zu ihrem eigenen Zwecke; denn sie be-
darf der Kenntniß der Form und Mischung des menschlichen
Körpers überhaupt (Anatomie, Naturgeschichte des Men-
schen und Anthropochemie), so wie der Würkungsgesetze der
körperlichen und geistigen Natur des Menschen (Physiologie
und Psychologie), um die Krankheiten, als Modificationen
jener Erscheinungen und Kräfte gehörig einzusehen, und um
sie vollständig zu beurtheilen, benutzt sie auch die Lehre von

der

Zweyter Theil.
durch die Krankheiten in ihrem ganzen Umfange, und alſo
auch nach ihrem Sitze und ihrem Grade zu erkennen: — ſo
liefert ſie die pathologiſche Semiotik, oder die Zei-
chenlehre der Krankheiten.

§ 304.

Die Noſologie befriedigt alſo das erſte und wichtigſte
Beduͤrfniß der Heilkunſt, indem ſie zunaͤchſt in den Stand
ſetzt, die Krankheitsfaͤlle zu erkennen und zu beurtheilen,
und ſie iſt deshalb unentbehrlich fuͤr die Hauptwiſſenſchaften
oder fuͤr die ſpecielle Therapie, Chirurgie und Entbindungs-
kunſt, mit welchen Wiſſenſchaften ſie auch gemeiniglich im
Vortrage verbunden wird.

§ 305.

Ferner muß ſie der Lehre von den Wuͤrkungen der Heil-
kraͤfte auf die menſchliche Natur vorausgehen, und durch
Mittheilung ihrer Beobachtungen die allgemeine Pathologie
und ihre Zweige, die pathologiſche Anatomie und Anthro-
pochemie begruͤnden, nicht weniger auch uͤber mehrere Ge-
genſtaͤnde der Phyſiologie und Pſychologie, ja ſelbſt uͤber
Anthropochemie, uͤber Anatomie und Naturgeſchichte des
Menſchen mehr Licht verbreiten.

§ 306.

Dieſe Wiſſenſchaften aber, welche ſie unterſtuͤtzt, be-
nutzt ſie hinwiederum zu ihrem eigenen Zwecke; denn ſie be-
darf der Kenntniß der Form und Miſchung des menſchlichen
Koͤrpers uͤberhaupt (Anatomie, Naturgeſchichte des Men-
ſchen und Anthropochemie), ſo wie der Wuͤrkungsgeſetze der
koͤrperlichen und geiſtigen Natur des Menſchen (Phyſiologie
und Pſychologie), um die Krankheiten, als Modificationen
jener Erſcheinungen und Kraͤfte gehoͤrig einzuſehen, und um
ſie vollſtaͤndig zu beurtheilen, benutzt ſie auch die Lehre von

der
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[92/0110] Zweyter Theil. durch die Krankheiten in ihrem ganzen Umfange, und alſo auch nach ihrem Sitze und ihrem Grade zu erkennen: — ſo liefert ſie die pathologiſche Semiotik, oder die Zei- chenlehre der Krankheiten. § 304. Die Noſologie befriedigt alſo das erſte und wichtigſte Beduͤrfniß der Heilkunſt, indem ſie zunaͤchſt in den Stand ſetzt, die Krankheitsfaͤlle zu erkennen und zu beurtheilen, und ſie iſt deshalb unentbehrlich fuͤr die Hauptwiſſenſchaften oder fuͤr die ſpecielle Therapie, Chirurgie und Entbindungs- kunſt, mit welchen Wiſſenſchaften ſie auch gemeiniglich im Vortrage verbunden wird. § 305. Ferner muß ſie der Lehre von den Wuͤrkungen der Heil- kraͤfte auf die menſchliche Natur vorausgehen, und durch Mittheilung ihrer Beobachtungen die allgemeine Pathologie und ihre Zweige, die pathologiſche Anatomie und Anthro- pochemie begruͤnden, nicht weniger auch uͤber mehrere Ge- genſtaͤnde der Phyſiologie und Pſychologie, ja ſelbſt uͤber Anthropochemie, uͤber Anatomie und Naturgeſchichte des Menſchen mehr Licht verbreiten. § 306. Dieſe Wiſſenſchaften aber, welche ſie unterſtuͤtzt, be- nutzt ſie hinwiederum zu ihrem eigenen Zwecke; denn ſie be- darf der Kenntniß der Form und Miſchung des menſchlichen Koͤrpers uͤberhaupt (Anatomie, Naturgeſchichte des Men- ſchen und Anthropochemie), ſo wie der Wuͤrkungsgeſetze der koͤrperlichen und geiſtigen Natur des Menſchen (Phyſiologie und Pſychologie), um die Krankheiten, als Modificationen jener Erſcheinungen und Kraͤfte gehoͤrig einzuſehen, und um ſie vollſtaͤndig zu beurtheilen, benutzt ſie auch die Lehre von der

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/110>, abgerufen am 18.04.2024.