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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Erster Theil.
jeden Individuums für sich seyn; die Heilkunst ist nur
competente Richterin über die deshalb zu ergreifenden
Maaßregeln, vermöge der Kenntnisse, welche ihr voraus-
gehen, und auf welchen sie begründet ist **).

*) Röschlaub über die Definition und Eintheilung der Me-
dicin. -- (In seinem Magazin. I. Bd. S. 279 f. f.)
**) Fr. Hoffmanni Diss. de necessario sanis medico. Ha-
lae
733. 4.


Drittes Kapitel.
Gegenstand der Heilkunst
.


§ 45.

Der Gegenstand der Heilkunst ist der kranke Mensch, eine
Erscheinung der äußern Sinnenwelt, und zwar eine solche,
welche nicht durch den Menschen veränderte und willkührlich
zusammengesetzte Kräfte voraussetzt, sondern unmittelbar
von den ursprünglichen, bestimmten Würkungsgesetzen der
Natur selbst abhängt. Die Heilwissenschaft ist also eine
Naturwissenschaft.

§ 46.

Es macht den Gegenstand der Heilkunst kein innerer
Zustand aus, auf welchen wir nur schließen können, sondern
eine Kette sinnlich wahrnehmbarer Erscheinungen, welche
für sich, einzeln genommen, Symptome genannt werden.
Hat sie nämlich die verschiedenen Symptome an dem kran-
ken Menschen, ihrem Zusammenhange, ihren Ursachen und

Würkungen

Erſter Theil.
jeden Individuums fuͤr ſich ſeyn; die Heilkunſt iſt nur
competente Richterin uͤber die deshalb zu ergreifenden
Maaßregeln, vermoͤge der Kenntniſſe, welche ihr voraus-
gehen, und auf welchen ſie begruͤndet iſt **).

*) Roͤſchlaub uͤber die Definition und Eintheilung der Me-
dicin. — (In ſeinem Magazin. I. Bd. S. 279 f. f.)
**) Fr. Hoffmanni Diſſ. de neceſſario ſanis medico. Ha-
lae
733. 4.


Drittes Kapitel.
Gegenſtand der Heilkunſt
.


§ 45.

Der Gegenſtand der Heilkunſt iſt der kranke Menſch, eine
Erſcheinung der aͤußern Sinnenwelt, und zwar eine ſolche,
welche nicht durch den Menſchen veraͤnderte und willkuͤhrlich
zuſammengeſetzte Kraͤfte vorausſetzt, ſondern unmittelbar
von den urſpruͤnglichen, beſtimmten Wuͤrkungsgeſetzen der
Natur ſelbſt abhaͤngt. Die Heilwiſſenſchaft iſt alſo eine
Naturwiſſenſchaft.

§ 46.

Es macht den Gegenſtand der Heilkunſt kein innerer
Zuſtand aus, auf welchen wir nur ſchließen koͤnnen, ſondern
eine Kette ſinnlich wahrnehmbarer Erſcheinungen, welche
fuͤr ſich, einzeln genommen, Symptome genannt werden.
Hat ſie naͤmlich die verſchiedenen Symptome an dem kran-
ken Menſchen, ihrem Zuſammenhange, ihren Urſachen und

Wuͤrkungen
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[18/0036] Erſter Theil. jeden Individuums fuͤr ſich ſeyn; die Heilkunſt iſt nur competente Richterin uͤber die deshalb zu ergreifenden Maaßregeln, vermoͤge der Kenntniſſe, welche ihr voraus- gehen, und auf welchen ſie begruͤndet iſt **). *⁾ Roͤſchlaub uͤber die Definition und Eintheilung der Me- dicin. — (In ſeinem Magazin. I. Bd. S. 279 f. f.) **⁾ Fr. Hoffmanni Diſſ. de neceſſario ſanis medico. Ha- lae 733. 4. Drittes Kapitel. Gegenſtand der Heilkunſt. § 45. Der Gegenſtand der Heilkunſt iſt der kranke Menſch, eine Erſcheinung der aͤußern Sinnenwelt, und zwar eine ſolche, welche nicht durch den Menſchen veraͤnderte und willkuͤhrlich zuſammengeſetzte Kraͤfte vorausſetzt, ſondern unmittelbar von den urſpruͤnglichen, beſtimmten Wuͤrkungsgeſetzen der Natur ſelbſt abhaͤngt. Die Heilwiſſenſchaft iſt alſo eine Naturwiſſenſchaft. § 46. Es macht den Gegenſtand der Heilkunſt kein innerer Zuſtand aus, auf welchen wir nur ſchließen koͤnnen, ſondern eine Kette ſinnlich wahrnehmbarer Erſcheinungen, welche fuͤr ſich, einzeln genommen, Symptome genannt werden. Hat ſie naͤmlich die verſchiedenen Symptome an dem kran- ken Menſchen, ihrem Zuſammenhange, ihren Urſachen und Wuͤrkungen

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/36>, abgerufen am 24.04.2024.