Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Kritik der Heilkunst.
Sinne, und diese Modificationen sind leichter zu entdecken.
Deshalb hat derjenige Zweig der Heilkunst, welcher die
Form des menschlichen Körpers zum Gegenstande hat, oder
den Menschen in physischer und organischer Rücksicht be-
trachtet, weniger Schwierigkeiten.

§ 102.

Deshalb macht die Chirurgie, subjectiv betrachtet, d.
h. in so fern sie durch ein Individuum realisirt wird, An-
spruch auf mehrere Gewißheit; oder der Chirurg kann im
Ganzen genommen, mit einem geringern Aufwande von Be-
urtheilung zu dem Grade der Gewißheit gelangen, nach wel-
chem der Arzt strebt.

Magati confiderationes medicae, quibus potiores difficultates
in praxi contingentes expenduntur. Bonon.
637.
Th. Bartholinus de artis medicae difficultate, Hafn. 668. 8.
Haase Progr. 4. de iis, quae artem difficilem reddunt. Lips.
798-99. 4.


Siebentes Kapitel.
Gränzen der Heilkunst
.


§ 103.

Die Heilkunst hat ihre Gränzen, auf welche sie, wie
bey Erkenntniß, so bey Heilung der Krankheiten einge-
schränkt ist, und es giebt einen Punkt, welchen das Maaß
ihrer Kräfte nicht zu überschreiten gestattet, so wie über-
haupt der Mensch weder eine vollständige Einsicht in die
gesammte Natur hat, noch die Naturkraft selbst in ihrem in-
nern Wesen umzuändern vermag.


§ 104.
C 2

Kritik der Heilkunſt.
Sinne, und dieſe Modificationen ſind leichter zu entdecken.
Deshalb hat derjenige Zweig der Heilkunſt, welcher die
Form des menſchlichen Koͤrpers zum Gegenſtande hat, oder
den Menſchen in phyſiſcher und organiſcher Ruͤckſicht be-
trachtet, weniger Schwierigkeiten.

§ 102.

Deshalb macht die Chirurgie, ſubjectiv betrachtet, d.
h. in ſo fern ſie durch ein Individuum realiſirt wird, An-
ſpruch auf mehrere Gewißheit; oder der Chirurg kann im
Ganzen genommen, mit einem geringern Aufwande von Be-
urtheilung zu dem Grade der Gewißheit gelangen, nach wel-
chem der Arzt ſtrebt.

Magati confiderationes medicæ, quibus potiores difficultates
in praxi contingentes expenduntur. Bonon.
637.
Th. Bartholinus de artis medicæ difficultate, Hafn. 668. 8.
Haaſe Progr. 4. de iis, quæ artem difficilem reddunt. Lipſ.
798-99. 4.


Siebentes Kapitel.
Graͤnzen der Heilkunſt
.


§ 103.

Die Heilkunſt hat ihre Graͤnzen, auf welche ſie, wie
bey Erkenntniß, ſo bey Heilung der Krankheiten einge-
ſchraͤnkt iſt, und es giebt einen Punkt, welchen das Maaß
ihrer Kraͤfte nicht zu uͤberſchreiten geſtattet, ſo wie uͤber-
haupt der Menſch weder eine vollſtaͤndige Einſicht in die
geſammte Natur hat, noch die Naturkraft ſelbſt in ihrem in-
nern Weſen umzuaͤndern vermag.


§ 104.
C 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <div n="5">
              <p><pb facs="#f0053" n="35"/><fw place="top" type="header">Kritik der Heilkun&#x017F;t.</fw><lb/>
Sinne, und die&#x017F;e Modificationen &#x017F;ind leichter zu entdecken.<lb/>
Deshalb hat derjenige Zweig der Heilkun&#x017F;t, welcher die<lb/>
Form des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers zum Gegen&#x017F;tande hat, oder<lb/>
den Men&#x017F;chen in phy&#x017F;i&#x017F;cher und organi&#x017F;cher Ru&#x0364;ck&#x017F;icht be-<lb/>
trachtet, weniger Schwierigkeiten.</p>
            </div><lb/>
            <div n="5">
              <head>§ 102.</head><lb/>
              <p>Deshalb macht die Chirurgie, &#x017F;ubjectiv betrachtet, d.<lb/>
h. in &#x017F;o fern &#x017F;ie durch ein Individuum reali&#x017F;irt wird, An-<lb/>
&#x017F;pruch auf mehrere Gewißheit; oder der Chirurg kann im<lb/>
Ganzen genommen, mit einem geringern Aufwande von Be-<lb/>
urtheilung zu dem Grade der Gewißheit gelangen, nach wel-<lb/>
chem der Arzt &#x017F;trebt.</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Magati</hi> confiderationes medicæ, quibus potiores difficultates<lb/>
in praxi contingentes expenduntur. Bonon.</hi> 637.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Th. Bartholinus</hi> de artis medicæ difficultate, Hafn.</hi> 668. 8.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Haa&#x017F;e</hi> Progr. 4. de iis, quæ artem difficilem reddunt. Lip&#x017F;.</hi><lb/>
798-99. 4.</item>
              </list>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="4">
            <head><hi rendition="#g">Siebentes Kapitel.<lb/>
Gra&#x0364;nzen der Heilkun&#x017F;t</hi>.</head><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="5">
              <head>§ 103.</head><lb/>
              <p>Die Heilkun&#x017F;t hat ihre Gra&#x0364;nzen, auf welche &#x017F;ie, wie<lb/>
bey Erkenntniß, &#x017F;o bey Heilung der Krankheiten einge-<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;nkt i&#x017F;t, und es giebt einen Punkt, welchen das Maaß<lb/>
ihrer Kra&#x0364;fte nicht zu u&#x0364;ber&#x017F;chreiten ge&#x017F;tattet, &#x017F;o wie u&#x0364;ber-<lb/>
haupt der Men&#x017F;ch weder eine voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Ein&#x017F;icht in die<lb/>
ge&#x017F;ammte Natur hat, noch die Naturkraft &#x017F;elb&#x017F;t in ihrem in-<lb/>
nern We&#x017F;en umzua&#x0364;ndern vermag.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">C 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">§ 104.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0053] Kritik der Heilkunſt. Sinne, und dieſe Modificationen ſind leichter zu entdecken. Deshalb hat derjenige Zweig der Heilkunſt, welcher die Form des menſchlichen Koͤrpers zum Gegenſtande hat, oder den Menſchen in phyſiſcher und organiſcher Ruͤckſicht be- trachtet, weniger Schwierigkeiten. § 102. Deshalb macht die Chirurgie, ſubjectiv betrachtet, d. h. in ſo fern ſie durch ein Individuum realiſirt wird, An- ſpruch auf mehrere Gewißheit; oder der Chirurg kann im Ganzen genommen, mit einem geringern Aufwande von Be- urtheilung zu dem Grade der Gewißheit gelangen, nach wel- chem der Arzt ſtrebt. Magati confiderationes medicæ, quibus potiores difficultates in praxi contingentes expenduntur. Bonon. 637. Th. Bartholinus de artis medicæ difficultate, Hafn. 668. 8. Haaſe Progr. 4. de iis, quæ artem difficilem reddunt. Lipſ. 798-99. 4. Siebentes Kapitel. Graͤnzen der Heilkunſt. § 103. Die Heilkunſt hat ihre Graͤnzen, auf welche ſie, wie bey Erkenntniß, ſo bey Heilung der Krankheiten einge- ſchraͤnkt iſt, und es giebt einen Punkt, welchen das Maaß ihrer Kraͤfte nicht zu uͤberſchreiten geſtattet, ſo wie uͤber- haupt der Menſch weder eine vollſtaͤndige Einſicht in die geſammte Natur hat, noch die Naturkraft ſelbſt in ihrem in- nern Weſen umzuaͤndern vermag. § 104. C 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/53
Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/53>, abgerufen am 29.03.2024.