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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder
dem Hertzen deß Menschen ist Meister worden vnd
helt vnser Vernunfft gefangen vnter der schärpffe
jrer Gesetze sie seltzame Wirckung hat vnd mit sich
bringet Dann sie über vnd beweiset an vns das al-
lerschreck licheste/ daß sie nur kan erdichten vnnd er-
finden; Aber da ist kein Toben vnd Rasen zu ver-
gleichen der Zaumlosen vnd verzweiffelten Vnsin-
nigkeit/ welche ein von Lib eingenommener Mensch
als dann hat vnd erfähret/ wann er muß sehen/ daß
er von dem jenigen/ so er doch so hertzlich lieb hat/
noch gering geschätzet/ ja gar verspottet vnnd ver-
achtet wird: Ja daß die schmähliche Verachtung
soll ein Belohnung seiner getragenen Liebe seyn:
Dann wann die verzweifflung vnd Hoffnung sich
antreffen vnnd zusammen stossen/ wann man sich
auch erinnert/ dessen was geschehen ist/ vnd solches
helt gegen dem/ was zu gegenwertiger Zeit vorge-
het/ dardurch wird im Gemüht deß jenigen/ der
von Lieb ist eingenommen/ ein solches schreckliches
Vngewitter erwecket/ daß er nicht Straff genug
kan finden/ seine Vnsinnigkeit vnd Rache zuersät-
tigen. Wir haben dessen ein solches wunderliches
vnd zugleich frisches Exempel gesehen an der Per-
son deß Clario, eines über alle massen spitzfindigen
Diebs/ (dergleichen wol nie in der Welt ist gewe-
sen/) daß wer die alte Historien wolte deßwegen
auffschlagen vnd durchblettern/ damit er beweisen
möge/ was wir Eingangs allhie gesagt haben/ der
thete nichts anders/ als wann er wolte den Hanni-
bal zu Chartagine suchen/ da er doch an vnsern
Pforten ist anzutreffen.

Dann

Beutelſchneider/ oder
dem Hertzen deß Menſchen iſt Meiſter worden vnd
helt vnſer Vernunfft gefangen vnter der ſchaͤrpffe
jrer Geſetze ſie ſeltzame Wirckung hat vnd mit ſich
bringet Dann ſie uͤber vnd beweiſet an vns das al-
lerſchreck licheſte/ daß ſie nur kan erdichten vnnd er-
finden; Aber da iſt kein Toben vnd Raſen zu ver-
gleichen der Zaumloſen vnd verzweiffelten Vnſin-
nigkeit/ welche ein von Lib eingenommener Menſch
als dann hat vnd erfaͤhꝛet/ wann er muß ſehen/ daß
er von dem jenigen/ ſo er doch ſo hertzlich lieb hat/
noch gering geſchaͤtzet/ ja gar verſpottet vnnd ver-
achtet wird: Ja daß die ſchmaͤhliche Verachtung
ſoll ein Belohnung ſeiner getragenen Liebe ſeyn:
Dann wann die verzweifflung vnd Hoffnung ſich
antreffen vnnd zuſammen ſtoſſen/ wann man ſich
auch erinnert/ deſſen was geſchehen iſt/ vnd ſolches
helt gegen dem/ was zu gegenwertiger Zeit vorge-
het/ dardurch wird im Gemuͤht deß jenigen/ der
von Lieb iſt eingenommen/ ein ſolches ſchreckliches
Vngewitter erwecket/ daß er nicht Straff genug
kan finden/ ſeine Vnſinnigkeit vnd Rache zuerſaͤt-
tigen. Wir haben deſſen ein ſolches wunderliches
vnd zugleich friſches Exempel geſehen an der Per-
ſon deß Clario, eines uͤber alle maſſen ſpitzfindigen
Diebs/ (dergleichen wol nie in der Welt iſt gewe-
ſen/) daß wer die alte Hiſtorien wolte deßwegen
auffſchlagen vnd durchblettern/ damit er beweiſen
moͤge/ was wir Eingangs allhie geſagt haben/ der
thete nichts anders/ als wann er wolte den Hanni-
bal zu Chartagine ſuchen/ da er doch an vnſern
Pforten iſt anzutreffen.

Dann
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[160/0170] Beutelſchneider/ oder dem Hertzen deß Menſchen iſt Meiſter worden vnd helt vnſer Vernunfft gefangen vnter der ſchaͤrpffe jrer Geſetze ſie ſeltzame Wirckung hat vnd mit ſich bringet Dann ſie uͤber vnd beweiſet an vns das al- lerſchreck licheſte/ daß ſie nur kan erdichten vnnd er- finden; Aber da iſt kein Toben vnd Raſen zu ver- gleichen der Zaumloſen vnd verzweiffelten Vnſin- nigkeit/ welche ein von Lib eingenommener Menſch als dann hat vnd erfaͤhꝛet/ wann er muß ſehen/ daß er von dem jenigen/ ſo er doch ſo hertzlich lieb hat/ noch gering geſchaͤtzet/ ja gar verſpottet vnnd ver- achtet wird: Ja daß die ſchmaͤhliche Verachtung ſoll ein Belohnung ſeiner getragenen Liebe ſeyn: Dann wann die verzweifflung vnd Hoffnung ſich antreffen vnnd zuſammen ſtoſſen/ wann man ſich auch erinnert/ deſſen was geſchehen iſt/ vnd ſolches helt gegen dem/ was zu gegenwertiger Zeit vorge- het/ dardurch wird im Gemuͤht deß jenigen/ der von Lieb iſt eingenommen/ ein ſolches ſchreckliches Vngewitter erwecket/ daß er nicht Straff genug kan finden/ ſeine Vnſinnigkeit vnd Rache zuerſaͤt- tigen. Wir haben deſſen ein ſolches wunderliches vnd zugleich friſches Exempel geſehen an der Per- ſon deß Clario, eines uͤber alle maſſen ſpitzfindigen Diebs/ (dergleichen wol nie in der Welt iſt gewe- ſen/) daß wer die alte Hiſtorien wolte deßwegen auffſchlagen vnd durchblettern/ damit er beweiſen moͤge/ was wir Eingangs allhie geſagt haben/ der thete nichts anders/ als wann er wolte den Hanni- bal zu Chartagine ſuchen/ da er doch an vnſern Pforten iſt anzutreffen. Dann

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/170>, abgerufen am 24.04.2024.