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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Diebshistorien/ das II. Buch.
etlichen Jahren/ daß nach dem L'Esclair vnd sein
Mitgesell viel 1000 Bubenstück in der Statt Pa-
ris/ sonderlich aber auff der neuen Brücken (welche
ist der Albern Mäußfall/ vnd ein Labyrinth/ da vil
kluge sich verjrren/ auch der Ort/ da die Beutel-
schneider pflegen zusammen kommen) begangen hatten
sie sich auch auff den Jarmarckt S. Germain bega-
ben mit allem fleiß außzusehen/ welcher am meisten
Geld/ vnd am wenigsten Klugheit vnd Verstand het-
te: Vnd als sie auff dem Marck auff vnd ab spatziren/
ersehen sie einen Mahler von Antorff/ welcher ein
rotes Gesicht/ vnd ein allmechtigen grossen Bauch
hatte: schliessen auch so bald auß seinem roten kopff/
vnd grossen Bauch/ daß es in seinen Laden gut für sie
seyn werde zu handeln/ vnd daß sie vnzweiffentlich bey
jhm eine gute Kürbe werden erdappen können.

L'Esclair als der hertzhaffste vnd vnverschämb-
teste gehet zu erst hinein/ nimmet sich an/ als sey er ein
Kauffman/ vnd sagt zum Mahler/ er sey ein Mahler
von Thoulouse/ vnd wolte gern etlicher solcher schö-
ner Stücke mit sich in sein Land führen/ wann er sie
jm nur vmb ein billichs wolte zukommen lassen. Der
Mahler der an nichts anders gedencket/ als daß er
gern sein Wahr wolte verkauffen/ damit er daß dicke
Wambst vnd feisten Bauch noch lenger möchte
erhalten/ saget: Er sey es gar wol zu friden/ vnd wöl-
le jm ein dutzet der allerbesten außerlesenesten stück-
lein zukommen lassen: L'Esclair gehet in dem Laden
auff vnd ab/ besihet die schöne Kunststücklein/ vnd
stehet still in einer Ecken im Laden: Vnter dessen
aber so kommet deß Esclairs Gesell auch in den La-

den

Diebshiſtorien/ das II. Buch.
etlichen Jahren/ daß nach dem L’Eſclair vnd ſein
Mitgeſell viel 1000 Bubenſtuͤck in der Statt Pa-
ris/ ſonderlich aber auff der neuen Bruͤcken (welche
iſt der Albern Maͤußfall/ vnd ein Labyrinth/ da vil
kluge ſich verjrꝛen/ auch der Ort/ da die Beutel-
ſchneider pflegen zuſam̃en kom̃en) begangen hatten
ſie ſich auch auff den Jarmarckt S. Germain bega-
ben mit allem fleiß außzuſehen/ welcher am meiſten
Geld/ vñ am wenigſten Klugheit vñ Verſtand het-
te: Vñ als ſie auff dem Marck auff vñ ab ſpatziren/
erſehen ſie einen Mahler von Antorff/ welcher ein
rotes Geſicht/ vnd ein allmechtigen groſſen Bauch
hatte: ſchlieſſen auch ſo bald auß ſeinem roten kopff/
vñ groſſen Bauch/ daß es in ſeinen Laden gut fuͤr ſie
ſeyn werde zu handeln/ vñ daß ſie vnzweiffentlich bey
jhm eine gute Kuͤrbe werden erdappen koͤnnen.

L’Eſclair als der hertzhaffſte vnd vnverſchaͤmb-
teſte gehet zu erſt hinein/ nim̃et ſich an/ als ſey er ein
Kauffman/ vñ ſagt zum Mahler/ er ſey ein Mahler
von Thoulouſe/ vñ wolte gern etlicher ſolcher ſchoͤ-
ner Stuͤcke mit ſich in ſein Land fuͤhren/ wañ er ſie
jm nur vmb ein billichs wolte zukom̃en laſſen. Der
Mahler der an nichts anders gedencket/ als daß er
gern ſein Wahr wolte verkauffen/ damit er daß dicke
Wambſt vnd feiſten Bauch noch lenger moͤchte
erhalten/ ſaget: Er ſey es gar wol zu friden/ vñ woͤl-
le jm ein dutzet der allerbeſten außerleſeneſten ſtuͤck-
lein zukom̃en laſſen: L’Eſclair gehet in dem Laden
auff vnd ab/ beſihet die ſchoͤne Kunſtſtuͤcklein/ vnd
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[29/0039] Diebshiſtorien/ das II. Buch. etlichen Jahren/ daß nach dem L’Eſclair vnd ſein Mitgeſell viel 1000 Bubenſtuͤck in der Statt Pa- ris/ ſonderlich aber auff der neuen Bruͤcken (welche iſt der Albern Maͤußfall/ vnd ein Labyrinth/ da vil kluge ſich verjrꝛen/ auch der Ort/ da die Beutel- ſchneider pflegen zuſam̃en kom̃en) begangen hatten ſie ſich auch auff den Jarmarckt S. Germain bega- ben mit allem fleiß außzuſehen/ welcher am meiſten Geld/ vñ am wenigſten Klugheit vñ Verſtand het- te: Vñ als ſie auff dem Marck auff vñ ab ſpatziren/ erſehen ſie einen Mahler von Antorff/ welcher ein rotes Geſicht/ vnd ein allmechtigen groſſen Bauch hatte: ſchlieſſen auch ſo bald auß ſeinem roten kopff/ vñ groſſen Bauch/ dz es in ſeinen Laden gut fuͤr ſie ſeyn werde zu handeln/ vñ dz ſie vnzweiffentlich bey jhm eine gute Kuͤrbe werden erdappen koͤnnen. L’Eſclair als der hertzhaffſte vnd vnverſchaͤmb- teſte gehet zu erſt hinein/ nim̃et ſich an/ als ſey er ein Kauffman/ vñ ſagt zum Mahler/ er ſey ein Mahler von Thoulouſe/ vñ wolte gern etlicher ſolcher ſchoͤ- ner Stuͤcke mit ſich in ſein Land fuͤhren/ wañ er ſie jm nur vmb ein billichs wolte zukom̃en laſſen. Der Mahler der an nichts anders gedencket/ als daß er gern ſein Wahr wolte verkauffen/ damit er dz dicke Wambſt vnd feiſten Bauch noch lenger moͤchte erhalten/ ſaget: Er ſey es gar wol zu friden/ vñ woͤl- le jm ein dutzet der allerbeſten außerleſeneſten ſtuͤck- lein zukom̃en laſſen: L’Eſclair gehet in dem Laden auff vnd ab/ beſihet die ſchoͤne Kunſtſtuͤcklein/ vnd ſtehet ſtill in einer Ecken im Laden: Vnter deſſen aber ſo kommet deß Eſclairs Geſell auch in den La- den

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/39>, abgerufen am 25.04.2024.