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Cancrin, Franz Ludwig von: Beschreibung der vorzüglichsten Bergwerke. Frankfurt (Main), 1767.

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u. Koboltsbergw. im Obererzgebirge, an u. um die freie Bergstädte etc.
§. 84.

Wann aus einem Schok Fuhren, wovon eine 9 Karn oder 18 Centner hält, und
also aus 1080 Kübel Zinnsteinspocherzen noch 5 Centner Zinn heraus kommen, die in ohn-
gefähr 10 bis 12 Centner Zinnschlieg enthalten sind; So ist eine Zinnzeche noch bau-
würdig, wann der Zinnstein in der Grube mächtig, und er und das Gestein nicht zu
fest ist: Jst dieses aber nicht, und es findet das Gegenteil statt; So macht das Ge-
winnen, Stahl, Eisen und Pulver mehr Kosten, als die Metalle werth sind, die man
gewint.

Das vierte Kapittel
von dem Seifen.
§. 85.

Die Bergstädte Johanngeorgenstadt und Schneeberg besizzen zugleich auch Seifen-
werke. Es geschiehet aber das Gewinnen und das Ausscheiden des Erzes von den
Erden und Steinen in den Seifen zu gleicher Zeit, und auf einerlei Art. Weil ich nun
den Begrif des Seifens bei Gelegenheit des 33. §. schon gebildet habe: So will ich auch
gleich zu der Sache selbst schreiten.

§. 86.

Das Seifen geschiehet eigentlich folgender Gestalt.

1. Man macht nach der Länge des Seifengebirgs einen langen Graben, welchen
man den Flöß nennet, der ohngefähr 3-, 5-, 6- und 800 Lachter lang, 2
Fus weit, und so tief ist, bis man die §. 35. gedachte Sohle des Seifenge-
birgs erreicht, und gibt dieser Flöß etwas viel Rösche.
2. Auf der Oberfläche des Seifengebirgs führet man einen kleinen Graben mit so
viel Wasser herbei, als durch eine zwei- bis dreiböhrigte Röhre gehet, und lei-
tet da, wo das Seifengebirg anfängt, durch einen Käntel oder ein Gerinn,
von der Oberfläche des Gebirgs quer über nach der Flöß zu dieses Wasser so
auf das durch diese Flöß durchschnittene Gebirg, daß es in dem Herunter-
fallen dasselbe herein und in diese Flöß waschet.
3. Gleich unter diesem Gerinne, wo nun das Gebirg herein geflöset wird, da ste-
hen einige Seifner mit Keilhauen und Schippen, welche die Steine, die her-
einfallen, aushauen und neben an die Flöß werfen, andere aber stehen gleich
unter ihnen, und schmeisen, durch Hülfe der, Taf. XI. fig. 67, vorgestelten
hölzernen Seifengabel mit einem langen Stiel, die gröbere Wände mehr
und mehr heraus, durch welches beständige Aufheben es dann geschiehet, daß
sich der Zinnstein, der nicht gröber, als ein rösch gepochter Schlieg ist, zu
Boden
B b b
u. Koboltsbergw. im Obererzgebirge, an u. um die freie Bergſtaͤdte ꝛc.
§. 84.

Wann aus einem Schok Fuhren, wovon eine 9 Karn oder 18 Centner haͤlt, und
alſo aus 1080 Kuͤbel Zinnſteinspocherzen noch 5 Centner Zinn heraus kommen, die in ohn-
gefaͤhr 10 bis 12 Centner Zinnſchlieg enthalten ſind; So iſt eine Zinnzeche noch bau-
wuͤrdig, wann der Zinnſtein in der Grube maͤchtig, und er und das Geſtein nicht zu
feſt iſt: Jſt dieſes aber nicht, und es findet das Gegenteil ſtatt; So macht das Ge-
winnen, Stahl, Eiſen und Pulver mehr Koſten, als die Metalle werth ſind, die man
gewint.

Das vierte Kapittel
von dem Seifen.
§. 85.

Die Bergſtaͤdte Johanngeorgenſtadt und Schneeberg beſizzen zugleich auch Seifen-
werke. Es geſchiehet aber das Gewinnen und das Ausſcheiden des Erzes von den
Erden und Steinen in den Seifen zu gleicher Zeit, und auf einerlei Art. Weil ich nun
den Begrif des Seifens bei Gelegenheit des 33. §. ſchon gebildet habe: So will ich auch
gleich zu der Sache ſelbſt ſchreiten.

§. 86.

Das Seifen geſchiehet eigentlich folgender Geſtalt.

1. Man macht nach der Laͤnge des Seifengebirgs einen langen Graben, welchen
man den Floͤß nennet, der ohngefaͤhr 3-, 5-, 6- und 800 Lachter lang, 2
Fus weit, und ſo tief iſt, bis man die §. 35. gedachte Sohle des Seifenge-
birgs erreicht, und gibt dieſer Floͤß etwas viel Roͤſche.
2. Auf der Oberflaͤche des Seifengebirgs fuͤhret man einen kleinen Graben mit ſo
viel Waſſer herbei, als durch eine zwei- bis dreiboͤhrigte Roͤhre gehet, und lei-
tet da, wo das Seifengebirg anfaͤngt, durch einen Kaͤntel oder ein Gerinn,
von der Oberflaͤche des Gebirgs quer uͤber nach der Floͤß zu dieſes Waſſer ſo
auf das durch dieſe Floͤß durchſchnittene Gebirg, daß es in dem Herunter-
fallen daſſelbe herein und in dieſe Floͤß waſchet.
3. Gleich unter dieſem Gerinne, wo nun das Gebirg herein gefloͤſet wird, da ſte-
hen einige Seifner mit Keilhauen und Schippen, welche die Steine, die her-
einfallen, aushauen und neben an die Floͤß werfen, andere aber ſtehen gleich
unter ihnen, und ſchmeiſen, durch Huͤlfe der, Taf. XI. fig. 67, vorgeſtelten
hoͤlzernen Seifengabel mit einem langen Stiel, die groͤbere Waͤnde mehr
und mehr heraus, durch welches beſtaͤndige Aufheben es dann geſchiehet, daß
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Boden
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[377/0397] u. Koboltsbergw. im Obererzgebirge, an u. um die freie Bergſtaͤdte ꝛc. §. 84. Wann aus einem Schok Fuhren, wovon eine 9 Karn oder 18 Centner haͤlt, und alſo aus 1080 Kuͤbel Zinnſteinspocherzen noch 5 Centner Zinn heraus kommen, die in ohn- gefaͤhr 10 bis 12 Centner Zinnſchlieg enthalten ſind; So iſt eine Zinnzeche noch bau- wuͤrdig, wann der Zinnſtein in der Grube maͤchtig, und er und das Geſtein nicht zu feſt iſt: Jſt dieſes aber nicht, und es findet das Gegenteil ſtatt; So macht das Ge- winnen, Stahl, Eiſen und Pulver mehr Koſten, als die Metalle werth ſind, die man gewint. Das vierte Kapittel von dem Seifen. §. 85. Die Bergſtaͤdte Johanngeorgenſtadt und Schneeberg beſizzen zugleich auch Seifen- werke. Es geſchiehet aber das Gewinnen und das Ausſcheiden des Erzes von den Erden und Steinen in den Seifen zu gleicher Zeit, und auf einerlei Art. Weil ich nun den Begrif des Seifens bei Gelegenheit des 33. §. ſchon gebildet habe: So will ich auch gleich zu der Sache ſelbſt ſchreiten. §. 86. Das Seifen geſchiehet eigentlich folgender Geſtalt. 1. Man macht nach der Laͤnge des Seifengebirgs einen langen Graben, welchen man den Floͤß nennet, der ohngefaͤhr 3-, 5-, 6- und 800 Lachter lang, 2 Fus weit, und ſo tief iſt, bis man die §. 35. gedachte Sohle des Seifenge- birgs erreicht, und gibt dieſer Floͤß etwas viel Roͤſche. 2. Auf der Oberflaͤche des Seifengebirgs fuͤhret man einen kleinen Graben mit ſo viel Waſſer herbei, als durch eine zwei- bis dreiboͤhrigte Roͤhre gehet, und lei- tet da, wo das Seifengebirg anfaͤngt, durch einen Kaͤntel oder ein Gerinn, von der Oberflaͤche des Gebirgs quer uͤber nach der Floͤß zu dieſes Waſſer ſo auf das durch dieſe Floͤß durchſchnittene Gebirg, daß es in dem Herunter- fallen daſſelbe herein und in dieſe Floͤß waſchet. 3. Gleich unter dieſem Gerinne, wo nun das Gebirg herein gefloͤſet wird, da ſte- hen einige Seifner mit Keilhauen und Schippen, welche die Steine, die her- einfallen, aushauen und neben an die Floͤß werfen, andere aber ſtehen gleich unter ihnen, und ſchmeiſen, durch Huͤlfe der, Taf. XI. fig. 67, vorgeſtelten hoͤlzernen Seifengabel mit einem langen Stiel, die groͤbere Waͤnde mehr und mehr heraus, durch welches beſtaͤndige Aufheben es dann geſchiehet, daß ſich der Zinnſtein, der nicht groͤber, als ein roͤſch gepochter Schlieg iſt, zu Boden B b b

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Zitationshilfe: Cancrin, Franz Ludwig von: Beschreibung der vorzüglichsten Bergwerke. Frankfurt (Main), 1767, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cancrin_beschreibung_1767/397>, abgerufen am 28.03.2024.