Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
Vorrede
des Verfassers.

Bevor meine Leser sich zu der folgenden Geschichte des osma-
nischen Reiches wenden, wird es nöthig seyn, daß ich ihnen
einige Sachen besonders erkläre, in denen die christlichen
Geschichtschreiber öfters und gröblich geirret zu haben schei-
nen. Die vornehmsten darunter betreffen folgende Stücke:

1, Die Verwandlung der Jahre der Hidschret in die christliche Zeit-
rechnung;
2, Den Namen und das Volk der Türken;
3, Den Ursprung des osmanischen Geschlechts, das gegenwärtig den
türkischen Thron besitzet.
1. Vergleichung der Hidschret mit der christlichen
Zeitrechnung.

Viele Geschichtschreiber, und darunter auch solche, welche in keinem geringen
Ansehen der Glaubwürdigkeit stehen, haben, wie ich finde, manche wich-
tige Begebenheit in verschiedene Jahre gesetzet; und dieses aus Mangel einer
richtigen Erkenntniß in der türkischen Zeitrechnung, von den Türken Hidschret,
und bey uns Hegira genennet. Hievon will ich ein merkwürdiges Beyspiel
anführen. Nichts ist wahrhaftig sint der Aufhebung des kaiserlichen Sitzes
zu Constantinopel denkwürdigeres vorgegangen, als die Eroberung dieser Stadt

von
d 3
Vorrede
des Verfaſſers.

Bevor meine Leſer ſich zu der folgenden Geſchichte des osma-
niſchen Reiches wenden, wird es noͤthig ſeyn, daß ich ihnen
einige Sachen beſonders erklaͤre, in denen die chriſtlichen
Geſchichtſchreiber oͤfters und groͤblich geirret zu haben ſchei-
nen. Die vornehmſten darunter betreffen folgende Stuͤcke:

1, Die Verwandlung der Jahre der Hidſchret in die chriſtliche Zeit-
rechnung;
2, Den Namen und das Volk der Tuͤrken;
3, Den Urſprung des osmaniſchen Geſchlechts, das gegenwaͤrtig den
tuͤrkiſchen Thron beſitzet.
1. Vergleichung der Hidſchret mit der chriſtlichen
Zeitrechnung.

Viele Geſchichtſchreiber, und darunter auch ſolche, welche in keinem geringen
Anſehen der Glaubwuͤrdigkeit ſtehen, haben, wie ich finde, manche wich-
tige Begebenheit in verſchiedene Jahre geſetzet; und dieſes aus Mangel einer
richtigen Erkenntniß in der tuͤrkiſchen Zeitrechnung, von den Tuͤrken Hidſchret,
und bey uns Hegira genennet. Hievon will ich ein merkwuͤrdiges Beyſpiel
anfuͤhren. Nichts iſt wahrhaftig ſint der Aufhebung des kaiſerlichen Sitzes
zu Conſtantinopel denkwuͤrdigeres vorgegangen, als die Eroberung dieſer Stadt

von
d 3
<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0035" n="29"/>
      <div n="1">
        <head>Vorrede<lb/><hi rendition="#g">des Verfa&#x017F;&#x017F;ers</hi>.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">B</hi>evor meine Le&#x017F;er &#x017F;ich zu der folgenden Ge&#x017F;chichte des osma-<lb/>
ni&#x017F;chen Reiches wenden, wird es no&#x0364;thig &#x017F;eyn, daß ich ihnen<lb/>
einige Sachen be&#x017F;onders erkla&#x0364;re, in denen die chri&#x017F;tlichen<lb/>
Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber o&#x0364;fters und gro&#x0364;blich geirret zu haben &#x017F;chei-<lb/>
nen. Die vornehm&#x017F;ten darunter betreffen folgende Stu&#x0364;cke:</p><lb/>
        <list>
          <item>1, Die Verwandlung der Jahre der Hid&#x017F;chret in die chri&#x017F;tliche Zeit-<lb/>
rechnung;</item><lb/>
          <item>2, Den Namen und das Volk der Tu&#x0364;rken;</item><lb/>
          <item>3, Den Ur&#x017F;prung des osmani&#x017F;chen Ge&#x017F;chlechts, das gegenwa&#x0364;rtig den<lb/>
tu&#x0364;rki&#x017F;chen Thron be&#x017F;itzet.</item>
        </list><lb/>
        <div n="2">
          <head>1. Vergleichung der Hid&#x017F;chret mit der chri&#x017F;tlichen<lb/>
Zeitrechnung.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">V</hi>iele Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber, und darunter auch &#x017F;olche, welche in keinem geringen<lb/>
An&#x017F;ehen der Glaubwu&#x0364;rdigkeit &#x017F;tehen, haben, wie ich finde, manche wich-<lb/>
tige Begebenheit in ver&#x017F;chiedene Jahre ge&#x017F;etzet; und die&#x017F;es aus Mangel einer<lb/>
richtigen Erkenntniß in der tu&#x0364;rki&#x017F;chen Zeitrechnung, von den Tu&#x0364;rken Hid&#x017F;chret,<lb/>
und bey uns Hegira genennet. Hievon will ich ein merkwu&#x0364;rdiges Bey&#x017F;piel<lb/>
anfu&#x0364;hren. Nichts i&#x017F;t wahrhaftig &#x017F;int der Aufhebung des kai&#x017F;erlichen Sitzes<lb/>
zu Con&#x017F;tantinopel denkwu&#x0364;rdigeres vorgegangen, als die Eroberung die&#x017F;er Stadt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">d 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[29/0035] Vorrede des Verfaſſers. Bevor meine Leſer ſich zu der folgenden Geſchichte des osma- niſchen Reiches wenden, wird es noͤthig ſeyn, daß ich ihnen einige Sachen beſonders erklaͤre, in denen die chriſtlichen Geſchichtſchreiber oͤfters und groͤblich geirret zu haben ſchei- nen. Die vornehmſten darunter betreffen folgende Stuͤcke: 1, Die Verwandlung der Jahre der Hidſchret in die chriſtliche Zeit- rechnung; 2, Den Namen und das Volk der Tuͤrken; 3, Den Urſprung des osmaniſchen Geſchlechts, das gegenwaͤrtig den tuͤrkiſchen Thron beſitzet. 1. Vergleichung der Hidſchret mit der chriſtlichen Zeitrechnung. Viele Geſchichtſchreiber, und darunter auch ſolche, welche in keinem geringen Anſehen der Glaubwuͤrdigkeit ſtehen, haben, wie ich finde, manche wich- tige Begebenheit in verſchiedene Jahre geſetzet; und dieſes aus Mangel einer richtigen Erkenntniß in der tuͤrkiſchen Zeitrechnung, von den Tuͤrken Hidſchret, und bey uns Hegira genennet. Hievon will ich ein merkwuͤrdiges Beyſpiel anfuͤhren. Nichts iſt wahrhaftig ſint der Aufhebung des kaiſerlichen Sitzes zu Conſtantinopel denkwuͤrdigeres vorgegangen, als die Eroberung dieſer Stadt von d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/35
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/35>, abgerufen am 20.04.2024.