über die Quellen des Blutergußes nach Abtrennung der Pla- centa im Wochenbett später ergeben wird, wo nämlich deut- lichst die geöffneten Venenzellen, welche das Blut ergießen, nachzuweisen sind, geben dieser Meynung noch größern Halt. Nehmen wir aber ferner hinzu, wie groß die Aehnlichkeit des Menstrualflußes mit dem doch offenbar von den Venen abzuleitenden Hämorrhoidalfluße ist, die Aehnlichkeit des Men- strualblutes mit dem Venenblute (s. §. 125.), so gewinnt diese Ansicht immer mehr Gewißheit, und es kann wenig dawider beweisen, wenn die normale Art der Blutbewegung in Venen entgegengesetzt wird, da auch bey dieser, wenn die Venen sich beträchtlich erweitern, eine Ausschwitzung *) durch Seitenöffnungen Statt finden könnte, deren Daseyn überhaupt um so weniger geläugnet werden darf, je sicherer neuere (namentlich die von Prof. Meyer angestellten) Versuche die Einsaugung durch die Venen erweisen. Ob übrigens der obere Raum des Fruchthälters oder der Kanal des Mutter- halses die Menstruation ergieße, ist wohl nicht so leicht mit Gewißheit zu entscheiden, denn obgleich der Struktur nach man annehmen darf, daß wohl die Wände der Höhle hierzu am meisten geeignet seyn möchten, so bemerkte doch H. Osian- der**) deutlich das Ausschwitzen von Blut aus Gefäßen des Mutterhalses (wodurch zugleich die zuweilen vor- kommende Menstruation zur Zeit der Schwangerschaft erklär- lich wird). Am wahrscheinlichsten ergießen es im gesunden Zustande beyde Gegenden zugleich.
§. 127.
Wie nun die Menstruation als eigenthümliches Produkt allgemeiner Körperentwicklung in dem angegebenen Zeitraume (§. 121.) erscheint, so auch verliert sie sich bey erlöschender weiblicher Eigenthümlichkeit in den allgemeinen Verhältnissen
*) Daß das Ausfließen des Monathsblutes nur ein Ausschwitzen aus kleinen Mündungen sey, beweiset der von Osiander beobachtete Fall einer Menstruation an einem prolabirten Uterus (s. Annalen d. Entbindungslehranstalt zu Göttingen. 1. Bd. S. 175.).
**) A. a. O.
uͤber die Quellen des Blutergußes nach Abtrennung der Pla- centa im Wochenbett ſpaͤter ergeben wird, wo naͤmlich deut- lichſt die geoͤffneten Venenzellen, welche das Blut ergießen, nachzuweiſen ſind, geben dieſer Meynung noch groͤßern Halt. Nehmen wir aber ferner hinzu, wie groß die Aehnlichkeit des Menſtrualflußes mit dem doch offenbar von den Venen abzuleitenden Haͤmorrhoidalfluße iſt, die Aehnlichkeit des Men- ſtrualblutes mit dem Venenblute (ſ. §. 125.), ſo gewinnt dieſe Anſicht immer mehr Gewißheit, und es kann wenig dawider beweiſen, wenn die normale Art der Blutbewegung in Venen entgegengeſetzt wird, da auch bey dieſer, wenn die Venen ſich betraͤchtlich erweitern, eine Ausſchwitzung *) durch Seitenoͤffnungen Statt finden koͤnnte, deren Daſeyn uͤberhaupt um ſo weniger gelaͤugnet werden darf, je ſicherer neuere (namentlich die von Prof. Meyer angeſtellten) Verſuche die Einſaugung durch die Venen erweiſen. Ob uͤbrigens der obere Raum des Fruchthaͤlters oder der Kanal des Mutter- halſes die Menſtruation ergieße, iſt wohl nicht ſo leicht mit Gewißheit zu entſcheiden, denn obgleich der Struktur nach man annehmen darf, daß wohl die Waͤnde der Hoͤhle hierzu am meiſten geeignet ſeyn moͤchten, ſo bemerkte doch H. Oſian- der**) deutlich das Ausſchwitzen von Blut aus Gefaͤßen des Mutterhalſes (wodurch zugleich die zuweilen vor- kommende Menſtruation zur Zeit der Schwangerſchaft erklaͤr- lich wird). Am wahrſcheinlichſten ergießen es im geſunden Zuſtande beyde Gegenden zugleich.
§. 127.
Wie nun die Menſtruation als eigenthuͤmliches Produkt allgemeiner Koͤrperentwicklung in dem angegebenen Zeitraume (§. 121.) erſcheint, ſo auch verliert ſie ſich bey erloͤſchender weiblicher Eigenthuͤmlichkeit in den allgemeinen Verhaͤltniſſen
*) Daß das Ausfließen des Monathsblutes nur ein Ausſchwitzen aus kleinen Muͤndungen ſey, beweiſet der von Oſiander beobachtete Fall einer Menſtruation an einem prolabirten Uterus (ſ. Annalen d. Entbindungslehranſtalt zu Goͤttingen. 1. Bd. S. 175.).
**) A. a. O.
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uͤber die Quellen des Blutergußes nach Abtrennung der Pla-
centa im Wochenbett ſpaͤter ergeben wird, wo naͤmlich deut-
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nachzuweiſen ſind, geben dieſer Meynung noch groͤßern Halt.
Nehmen wir aber ferner hinzu, wie groß die Aehnlichkeit
des Menſtrualflußes mit dem doch offenbar von den Venen
abzuleitenden Haͤmorrhoidalfluße iſt, die Aehnlichkeit des Men-
ſtrualblutes mit dem Venenblute (ſ. §. 125.), ſo gewinnt
dieſe Anſicht immer mehr Gewißheit, und es kann wenig
dawider beweiſen, wenn die normale Art der Blutbewegung
in Venen entgegengeſetzt wird, da auch bey dieſer, wenn die
Venen ſich betraͤchtlich erweitern, eine Ausſchwitzung *) durch
Seitenoͤffnungen Statt finden koͤnnte, deren Daſeyn uͤberhaupt
um ſo weniger gelaͤugnet werden darf, je ſicherer neuere
(namentlich die von Prof. Meyer angeſtellten) Verſuche die
Einſaugung durch die Venen erweiſen. Ob uͤbrigens der
obere Raum des Fruchthaͤlters oder der Kanal des Mutter-
halſes die Menſtruation ergieße, iſt wohl nicht ſo leicht mit
Gewißheit zu entſcheiden, denn obgleich der Struktur nach
man annehmen darf, daß wohl die Waͤnde der Hoͤhle hierzu
am meiſten geeignet ſeyn moͤchten, ſo bemerkte doch H. Oſian-
der **) deutlich das Ausſchwitzen von Blut aus Gefaͤßen
des Mutterhalſes (wodurch zugleich die zuweilen vor-
kommende Menſtruation zur Zeit der Schwangerſchaft erklaͤr-
lich wird). Am wahrſcheinlichſten ergießen es im geſunden
Zuſtande beyde Gegenden zugleich.
§. 127.
Wie nun die Menſtruation als eigenthuͤmliches Produkt
allgemeiner Koͤrperentwicklung in dem angegebenen Zeitraume
(§. 121.) erſcheint, ſo auch verliert ſie ſich bey erloͤſchender
weiblicher Eigenthuͤmlichkeit in den allgemeinen Verhaͤltniſſen
*) Daß das Ausfließen des Monathsblutes nur ein Ausſchwitzen aus
kleinen Muͤndungen ſey, beweiſet der von Oſiander beobachtete
Fall einer Menſtruation an einem prolabirten Uterus (ſ. Annalen
d. Entbindungslehranſtalt zu Goͤttingen. 1. Bd. S. 175.).
**) A. a. O.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/116>, abgerufen am 24.04.2024.
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