Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Falle die seltene, in andern Fällen die schwache, in andern
die schmerzhafte, in andern die mißfarbige, und in noch an-
dern die durchaus unordentliche Menstruation oder die aus
andern Quellen fließende sich zeige? -- Es scheint aber,
wenn man diese verschiedenen Fälle unter einander vergleicht,
allerdings, daß, ob das Eine oder das Andere Statt finde,
vorzüglich theils durch das Verhältniß zwischen Nerven- und
Gefäßsystem, theils durch den Stand der Gefäßthätigkeit im
Uterus insbesondre, theils durch das Verhältniß anderer Or-
gane zu den Geschlechtsorganen bestimmt werde.

§. 177.

Zuvörderst das Verhältniß zwischen Nerven- und Ge-
fäßsystem betreffend, so ist klar, daß ein höherer Grad von
Torpidität, namentlich der den Sexualorganen bestimmten
Nerven, unter Einwirkung einer oder der andern der früher
erwähnten Ursachen, das seltnere Erscheinen der Menstrua-
tion vorzüglich veranlassen werde, indem bey geringerer Em-
pfindlichkeit sehr leicht die organische Reaktion für den Reitz
der sich vermehrenden Säftemasse weiter hinausgeschoben wird,
daher denn bey phlegmatischen Constitutionen und namentlich
unter Einwirkung gewisser ursprünglicher abnormer Bildungs-
richtungen, so wie auch bey scrofulösem Habitus, Störung
der Unterleibsfunktionen u. s. w. auch diese Abnormität am
häufigsten erscheint. Die spärliche oder mißfarbige Menstrua-
tion hingegen wird theils einer im Allgemeinen zu geringen
oder unvollkommnen Blutbereitung, theils einer örtlich gesun-
kenen oder durch krankhafte Verbildung abnorm gewordenen
Thätigkeit der Uteringefäße angehören, und wir finden sie
daher theils bey allgemeinen acuten oder chronischen Krank-
heiten, theils bey Geschwüren, Verhärtungen, Wassersuchten
der Geschlechtsorgane vorzüglich vor.

§. 178.

Ferner die schmerzhafte Menstruation betreffend, so kann
man bey derselben theils eine krampfhafte, theils eine ent-
zündliche Form unterscheiden, von welchen die erste vorzüg-
lich durch ein an und für sich verstimmtes und überspanntes

Falle die ſeltene, in andern Faͤllen die ſchwache, in andern
die ſchmerzhafte, in andern die mißfarbige, und in noch an-
dern die durchaus unordentliche Menſtruation oder die aus
andern Quellen fließende ſich zeige? — Es ſcheint aber,
wenn man dieſe verſchiedenen Faͤlle unter einander vergleicht,
allerdings, daß, ob das Eine oder das Andere Statt finde,
vorzuͤglich theils durch das Verhaͤltniß zwiſchen Nerven- und
Gefaͤßſyſtem, theils durch den Stand der Gefaͤßthaͤtigkeit im
Uterus insbeſondre, theils durch das Verhaͤltniß anderer Or-
gane zu den Geſchlechtsorganen beſtimmt werde.

§. 177.

Zuvoͤrderſt das Verhaͤltniß zwiſchen Nerven- und Ge-
faͤßſyſtem betreffend, ſo iſt klar, daß ein hoͤherer Grad von
Torpiditaͤt, namentlich der den Sexualorganen beſtimmten
Nerven, unter Einwirkung einer oder der andern der fruͤher
erwaͤhnten Urſachen, das ſeltnere Erſcheinen der Menſtrua-
tion vorzuͤglich veranlaſſen werde, indem bey geringerer Em-
pfindlichkeit ſehr leicht die organiſche Reaktion fuͤr den Reitz
der ſich vermehrenden Saͤftemaſſe weiter hinausgeſchoben wird,
daher denn bey phlegmatiſchen Conſtitutionen und namentlich
unter Einwirkung gewiſſer urſpruͤnglicher abnormer Bildungs-
richtungen, ſo wie auch bey ſcrofuloͤſem Habitus, Stoͤrung
der Unterleibsfunktionen u. ſ. w. auch dieſe Abnormitaͤt am
haͤufigſten erſcheint. Die ſpaͤrliche oder mißfarbige Menſtrua-
tion hingegen wird theils einer im Allgemeinen zu geringen
oder unvollkommnen Blutbereitung, theils einer oͤrtlich geſun-
kenen oder durch krankhafte Verbildung abnorm gewordenen
Thaͤtigkeit der Uteringefaͤße angehoͤren, und wir finden ſie
daher theils bey allgemeinen acuten oder chroniſchen Krank-
heiten, theils bey Geſchwuͤren, Verhaͤrtungen, Waſſerſuchten
der Geſchlechtsorgane vorzuͤglich vor.

§. 178.

Ferner die ſchmerzhafte Menſtruation betreffend, ſo kann
man bey derſelben theils eine krampfhafte, theils eine ent-
zuͤndliche Form unterſcheiden, von welchen die erſte vorzuͤg-
lich durch ein an und fuͤr ſich verſtimmtes und uͤberſpanntes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0152" n="132"/>
Falle die &#x017F;eltene, in andern Fa&#x0364;llen die &#x017F;chwache, in andern<lb/>
die &#x017F;chmerzhafte, in andern die mißfarbige, und in noch an-<lb/>
dern die durchaus unordentliche Men&#x017F;truation oder die aus<lb/>
andern Quellen fließende &#x017F;ich zeige? &#x2014; Es &#x017F;cheint aber,<lb/>
wenn man die&#x017F;e ver&#x017F;chiedenen Fa&#x0364;lle unter einander vergleicht,<lb/>
allerdings, daß, ob das Eine oder das Andere Statt finde,<lb/>
vorzu&#x0364;glich theils durch das Verha&#x0364;ltniß zwi&#x017F;chen Nerven- und<lb/>
Gefa&#x0364;ß&#x017F;y&#x017F;tem, theils durch den Stand der Gefa&#x0364;ßtha&#x0364;tigkeit im<lb/>
Uterus insbe&#x017F;ondre, theils durch das Verha&#x0364;ltniß anderer Or-<lb/>
gane zu den Ge&#x017F;chlechtsorganen be&#x017F;timmt werde.</p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 177.</head><lb/>
                        <p>Zuvo&#x0364;rder&#x017F;t das Verha&#x0364;ltniß zwi&#x017F;chen Nerven- und Ge-<lb/>
fa&#x0364;ß&#x017F;y&#x017F;tem betreffend, &#x017F;o i&#x017F;t klar, daß ein ho&#x0364;herer Grad von<lb/>
Torpidita&#x0364;t, namentlich der den Sexualorganen be&#x017F;timmten<lb/>
Nerven, unter Einwirkung einer oder der andern der fru&#x0364;her<lb/>
erwa&#x0364;hnten Ur&#x017F;achen, das <hi rendition="#g">&#x017F;eltnere</hi> Er&#x017F;cheinen der Men&#x017F;trua-<lb/>
tion vorzu&#x0364;glich veranla&#x017F;&#x017F;en werde, indem bey geringerer Em-<lb/>
pfindlichkeit &#x017F;ehr leicht die organi&#x017F;che Reaktion fu&#x0364;r den Reitz<lb/>
der &#x017F;ich vermehrenden Sa&#x0364;ftema&#x017F;&#x017F;e weiter hinausge&#x017F;choben wird,<lb/>
daher denn bey phlegmati&#x017F;chen Con&#x017F;titutionen und namentlich<lb/>
unter Einwirkung gewi&#x017F;&#x017F;er ur&#x017F;pru&#x0364;nglicher abnormer Bildungs-<lb/>
richtungen, &#x017F;o wie auch bey &#x017F;crofulo&#x0364;&#x017F;em Habitus, Sto&#x0364;rung<lb/>
der Unterleibsfunktionen u. &#x017F;. w. auch die&#x017F;e Abnormita&#x0364;t am<lb/>
ha&#x0364;ufig&#x017F;ten er&#x017F;cheint. Die &#x017F;pa&#x0364;rliche oder mißfarbige Men&#x017F;trua-<lb/>
tion hingegen wird theils einer im Allgemeinen zu geringen<lb/>
oder unvollkommnen Blutbereitung, theils einer o&#x0364;rtlich ge&#x017F;un-<lb/>
kenen oder durch krankhafte Verbildung abnorm gewordenen<lb/>
Tha&#x0364;tigkeit der Uteringefa&#x0364;ße angeho&#x0364;ren, und wir finden &#x017F;ie<lb/>
daher theils bey allgemeinen acuten oder chroni&#x017F;chen Krank-<lb/>
heiten, theils bey Ge&#x017F;chwu&#x0364;ren, Verha&#x0364;rtungen, Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;uchten<lb/>
der Ge&#x017F;chlechtsorgane vorzu&#x0364;glich vor.</p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 178.</head><lb/>
                        <p>Ferner die &#x017F;chmerzhafte Men&#x017F;truation betreffend, &#x017F;o kann<lb/>
man bey der&#x017F;elben theils eine krampfhafte, theils eine ent-<lb/>
zu&#x0364;ndliche Form unter&#x017F;cheiden, von welchen die er&#x017F;te vorzu&#x0364;g-<lb/>
lich durch ein an und fu&#x0364;r &#x017F;ich ver&#x017F;timmtes und u&#x0364;ber&#x017F;panntes<lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0152] Falle die ſeltene, in andern Faͤllen die ſchwache, in andern die ſchmerzhafte, in andern die mißfarbige, und in noch an- dern die durchaus unordentliche Menſtruation oder die aus andern Quellen fließende ſich zeige? — Es ſcheint aber, wenn man dieſe verſchiedenen Faͤlle unter einander vergleicht, allerdings, daß, ob das Eine oder das Andere Statt finde, vorzuͤglich theils durch das Verhaͤltniß zwiſchen Nerven- und Gefaͤßſyſtem, theils durch den Stand der Gefaͤßthaͤtigkeit im Uterus insbeſondre, theils durch das Verhaͤltniß anderer Or- gane zu den Geſchlechtsorganen beſtimmt werde. §. 177. Zuvoͤrderſt das Verhaͤltniß zwiſchen Nerven- und Ge- faͤßſyſtem betreffend, ſo iſt klar, daß ein hoͤherer Grad von Torpiditaͤt, namentlich der den Sexualorganen beſtimmten Nerven, unter Einwirkung einer oder der andern der fruͤher erwaͤhnten Urſachen, das ſeltnere Erſcheinen der Menſtrua- tion vorzuͤglich veranlaſſen werde, indem bey geringerer Em- pfindlichkeit ſehr leicht die organiſche Reaktion fuͤr den Reitz der ſich vermehrenden Saͤftemaſſe weiter hinausgeſchoben wird, daher denn bey phlegmatiſchen Conſtitutionen und namentlich unter Einwirkung gewiſſer urſpruͤnglicher abnormer Bildungs- richtungen, ſo wie auch bey ſcrofuloͤſem Habitus, Stoͤrung der Unterleibsfunktionen u. ſ. w. auch dieſe Abnormitaͤt am haͤufigſten erſcheint. Die ſpaͤrliche oder mißfarbige Menſtrua- tion hingegen wird theils einer im Allgemeinen zu geringen oder unvollkommnen Blutbereitung, theils einer oͤrtlich geſun- kenen oder durch krankhafte Verbildung abnorm gewordenen Thaͤtigkeit der Uteringefaͤße angehoͤren, und wir finden ſie daher theils bey allgemeinen acuten oder chroniſchen Krank- heiten, theils bey Geſchwuͤren, Verhaͤrtungen, Waſſerſuchten der Geſchlechtsorgane vorzuͤglich vor. §. 178. Ferner die ſchmerzhafte Menſtruation betreffend, ſo kann man bey derſelben theils eine krampfhafte, theils eine ent- zuͤndliche Form unterſcheiden, von welchen die erſte vorzuͤg- lich durch ein an und fuͤr ſich verſtimmtes und uͤberſpanntes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/152
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/152>, abgerufen am 29.03.2024.