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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

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§. 438.

Wir haben nun noch von der zweyten Art der Be-
handlung, nämlich von dem Ausschneiden der Polypen zu
sprechen. Früher hat man diese Methode wenig angewendet,
und sie auf die Fälle eingeschränkt, *) wo der Polyp einen
sehnigten Stiel hat, oder in der Mutterscheide sitzt, oder we-
nigstens tief in dieselbe herabgetreten ist, obwohl man auch
für diese Fälle vor dem Ausschneiden das Anlegen einer Un-
terbindung empfahl. Neuerlich hat man hingegen die Aus-
rottungen durch schneidende Instrumente weit allgemeiner so-
wohl empfohlen, als wirklich ausgeführt. H. Osiander
namentlich stimmte zunächst für diese Operationsweise, und
ihm hat sich auch H. v. Siebold angeschlossen. Man ver-
richtet das Ausschneiden aber, wie schon von Richter be-
merkt worden ist, am schicklichsten mittelst einer langen, vorn
abgerundeten und stumpfen Scheere, mit etwas auf der brei-
ten Seite aufwärts gekrümmten Blättern, oder (obwohl we-
niger passend, wegen leicht möglicher Verletzung der Geburts-
theile) mittelst eines schneidenden Hakens, wie man deren
sich früher zur Zerstückung des Kindes bediente; und dafern
man wirklich sicher seyn kann, daß solche Afterorganisationen
sich nach dem Ausschneiden nicht leicht von neuem wie-
dererzeugen
, so verdient allerdings diese Methode, ihrer
Sicherheit, Schnelligkeit und Schmerzlosigkeit wegen, alle
Empfehlung, wobey auch die vielleicht anfänglich etwas stär-
kere Blutung eben nicht sehr zu scheuen seyn würde. -- Die
Behandlung auch nach dieser Art der Ausrottung wird übri-
gens ziemlich wieder dieselbe seyn können, welche wir em-
pfohlen haben für die Ausrottung durch die Anterbindung
(die indeß doch für manche Fälle, vorzüglich größerer Poly-
pen, oder wo die Diagnose noch nicht ganz fest steht, stets
ihre Vorzüge behalten dürfte).


*) S. Richter Anfangsgr. d. W. Th. I. S. 419.
§. 438.

Wir haben nun noch von der zweyten Art der Be-
handlung, naͤmlich von dem Ausſchneiden der Polypen zu
ſprechen. Fruͤher hat man dieſe Methode wenig angewendet,
und ſie auf die Faͤlle eingeſchraͤnkt, *) wo der Polyp einen
ſehnigten Stiel hat, oder in der Mutterſcheide ſitzt, oder we-
nigſtens tief in dieſelbe herabgetreten iſt, obwohl man auch
fuͤr dieſe Faͤlle vor dem Ausſchneiden das Anlegen einer Un-
terbindung empfahl. Neuerlich hat man hingegen die Aus-
rottungen durch ſchneidende Inſtrumente weit allgemeiner ſo-
wohl empfohlen, als wirklich ausgefuͤhrt. H. Oſiander
namentlich ſtimmte zunaͤchſt fuͤr dieſe Operationsweiſe, und
ihm hat ſich auch H. v. Siebold angeſchloſſen. Man ver-
richtet das Ausſchneiden aber, wie ſchon von Richter be-
merkt worden iſt, am ſchicklichſten mittelſt einer langen, vorn
abgerundeten und ſtumpfen Scheere, mit etwas auf der brei-
ten Seite aufwaͤrts gekruͤmmten Blaͤttern, oder (obwohl we-
niger paſſend, wegen leicht moͤglicher Verletzung der Geburts-
theile) mittelſt eines ſchneidenden Hakens, wie man deren
ſich fruͤher zur Zerſtuͤckung des Kindes bediente; und dafern
man wirklich ſicher ſeyn kann, daß ſolche Afterorganiſationen
ſich nach dem Ausſchneiden nicht leicht von neuem wie-
dererzeugen
, ſo verdient allerdings dieſe Methode, ihrer
Sicherheit, Schnelligkeit und Schmerzloſigkeit wegen, alle
Empfehlung, wobey auch die vielleicht anfaͤnglich etwas ſtaͤr-
kere Blutung eben nicht ſehr zu ſcheuen ſeyn wuͤrde. — Die
Behandlung auch nach dieſer Art der Ausrottung wird uͤbri-
gens ziemlich wieder dieſelbe ſeyn koͤnnen, welche wir em-
pfohlen haben fuͤr die Ausrottung durch die Anterbindung
(die indeß doch fuͤr manche Faͤlle, vorzuͤglich groͤßerer Poly-
pen, oder wo die Diagnoſe noch nicht ganz feſt ſteht, ſtets
ihre Vorzuͤge behalten duͤrfte).


*) S. Richter Anfangsgr. d. W. Th. I. S. 419.
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[338/0358] §. 438. Wir haben nun noch von der zweyten Art der Be- handlung, naͤmlich von dem Ausſchneiden der Polypen zu ſprechen. Fruͤher hat man dieſe Methode wenig angewendet, und ſie auf die Faͤlle eingeſchraͤnkt, *) wo der Polyp einen ſehnigten Stiel hat, oder in der Mutterſcheide ſitzt, oder we- nigſtens tief in dieſelbe herabgetreten iſt, obwohl man auch fuͤr dieſe Faͤlle vor dem Ausſchneiden das Anlegen einer Un- terbindung empfahl. Neuerlich hat man hingegen die Aus- rottungen durch ſchneidende Inſtrumente weit allgemeiner ſo- wohl empfohlen, als wirklich ausgefuͤhrt. H. Oſiander namentlich ſtimmte zunaͤchſt fuͤr dieſe Operationsweiſe, und ihm hat ſich auch H. v. Siebold angeſchloſſen. Man ver- richtet das Ausſchneiden aber, wie ſchon von Richter be- merkt worden iſt, am ſchicklichſten mittelſt einer langen, vorn abgerundeten und ſtumpfen Scheere, mit etwas auf der brei- ten Seite aufwaͤrts gekruͤmmten Blaͤttern, oder (obwohl we- niger paſſend, wegen leicht moͤglicher Verletzung der Geburts- theile) mittelſt eines ſchneidenden Hakens, wie man deren ſich fruͤher zur Zerſtuͤckung des Kindes bediente; und dafern man wirklich ſicher ſeyn kann, daß ſolche Afterorganiſationen ſich nach dem Ausſchneiden nicht leicht von neuem wie- dererzeugen, ſo verdient allerdings dieſe Methode, ihrer Sicherheit, Schnelligkeit und Schmerzloſigkeit wegen, alle Empfehlung, wobey auch die vielleicht anfaͤnglich etwas ſtaͤr- kere Blutung eben nicht ſehr zu ſcheuen ſeyn wuͤrde. — Die Behandlung auch nach dieſer Art der Ausrottung wird uͤbri- gens ziemlich wieder dieſelbe ſeyn koͤnnen, welche wir em- pfohlen haben fuͤr die Ausrottung durch die Anterbindung (die indeß doch fuͤr manche Faͤlle, vorzuͤglich groͤßerer Poly- pen, oder wo die Diagnoſe noch nicht ganz feſt ſteht, ſtets ihre Vorzuͤge behalten duͤrfte). *) S. Richter Anfangsgr. d. W. Th. I. S. 419.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/358>, abgerufen am 29.03.2024.