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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

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2.
Schieflagen der nicht schwangern Gebär-
mutter
.
1) Vorwärtsneigung (Antroversio uteri).
§. 494.

Der nicht schwangere Uterus, auf beiden Seiten durch
doppelte Bänder befestigt, kann vorzüglich nach vor- und hin-
terwärts mit seiner Längenachse von der Führungslinie des
Beckens sich entfernen, seitwärts hingegen wird er nur zu-
weilen durch abnorme Geschwülste, entweder seiner eigenen
Substanz, oder benachbarter Organe, gedrängt. Die Neigung
mit dem Grunde nach vorwärts, im gewöhnlichen Zustande
schon durch die Anheftung der runden Mutterbänder im ge-
ringen Grade vorhanden, bekommt, wenn sie beträchtlicher
wird und krankhafte Zufälle erregt, den Namen der Schief-
lage nach vorn
oder der Vorwärtsneigung, *) dahin-
gegen die abnorme Lage mit dem Gebärmuttergrunde nach
rückwärts den Namen der Rückwärtsneigung oder der
Schieflage nach hinten erhält.

§. 495.

Was die hier zunächst zu betrachtende Vorwärtsneigung
anbelangt, so ist sie vorzüglich wegen des Drucks auf die
Harnblase mit heftigen, von diesem Organ ausgehenden Be-
schwerden verknüpft, die Kranke hat steten Trieb, den Urin
zu lassen, empfindet bey stärkerem Drucke auf die Scham-
beingegend Schmerzen, hat das Gefühl eines harten, im
Stehen ihr auf die Blase fallenden Körpers, welcher zurück-
weicht, wenn sie die Rückenlage annimmt, ja es erstrecken

*) Ich wähle hier das Wort Neigung, um die Krankheit zu unter-
scheiden von der bey Wöchnerinnen beobachteten eigentlichen Vor-
wärtsbeugung (Pronatio uteri), von welcher im zweyten Theile die
Rede seyn wird.
2.
Schieflagen der nicht ſchwangern Gebaͤr-
mutter
.
1) Vorwaͤrtsneigung (Antroversio uteri).
§. 494.

Der nicht ſchwangere Uterus, auf beiden Seiten durch
doppelte Baͤnder befeſtigt, kann vorzuͤglich nach vor- und hin-
terwaͤrts mit ſeiner Laͤngenachſe von der Fuͤhrungslinie des
Beckens ſich entfernen, ſeitwaͤrts hingegen wird er nur zu-
weilen durch abnorme Geſchwuͤlſte, entweder ſeiner eigenen
Subſtanz, oder benachbarter Organe, gedraͤngt. Die Neigung
mit dem Grunde nach vorwaͤrts, im gewoͤhnlichen Zuſtande
ſchon durch die Anheftung der runden Mutterbaͤnder im ge-
ringen Grade vorhanden, bekommt, wenn ſie betraͤchtlicher
wird und krankhafte Zufaͤlle erregt, den Namen der Schief-
lage nach vorn
oder der Vorwaͤrtsneigung, *) dahin-
gegen die abnorme Lage mit dem Gebaͤrmuttergrunde nach
ruͤckwaͤrts den Namen der Ruͤckwaͤrtsneigung oder der
Schieflage nach hinten erhaͤlt.

§. 495.

Was die hier zunaͤchſt zu betrachtende Vorwaͤrtsneigung
anbelangt, ſo iſt ſie vorzuͤglich wegen des Drucks auf die
Harnblaſe mit heftigen, von dieſem Organ ausgehenden Be-
ſchwerden verknuͤpft, die Kranke hat ſteten Trieb, den Urin
zu laſſen, empfindet bey ſtaͤrkerem Drucke auf die Scham-
beingegend Schmerzen, hat das Gefuͤhl eines harten, im
Stehen ihr auf die Blaſe fallenden Koͤrpers, welcher zuruͤck-
weicht, wenn ſie die Ruͤckenlage annimmt, ja es erſtrecken

*) Ich waͤhle hier das Wort Neigung, um die Krankheit zu unter-
ſcheiden von der bey Woͤchnerinnen beobachteten eigentlichen Vor-
waͤrtsbeugung (Pronatio uteri), von welcher im zweyten Theile die
Rede ſeyn wird.
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[379/0399] 2. Schieflagen der nicht ſchwangern Gebaͤr- mutter. 1) Vorwaͤrtsneigung (Antroversio uteri). §. 494. Der nicht ſchwangere Uterus, auf beiden Seiten durch doppelte Baͤnder befeſtigt, kann vorzuͤglich nach vor- und hin- terwaͤrts mit ſeiner Laͤngenachſe von der Fuͤhrungslinie des Beckens ſich entfernen, ſeitwaͤrts hingegen wird er nur zu- weilen durch abnorme Geſchwuͤlſte, entweder ſeiner eigenen Subſtanz, oder benachbarter Organe, gedraͤngt. Die Neigung mit dem Grunde nach vorwaͤrts, im gewoͤhnlichen Zuſtande ſchon durch die Anheftung der runden Mutterbaͤnder im ge- ringen Grade vorhanden, bekommt, wenn ſie betraͤchtlicher wird und krankhafte Zufaͤlle erregt, den Namen der Schief- lage nach vorn oder der Vorwaͤrtsneigung, *) dahin- gegen die abnorme Lage mit dem Gebaͤrmuttergrunde nach ruͤckwaͤrts den Namen der Ruͤckwaͤrtsneigung oder der Schieflage nach hinten erhaͤlt. §. 495. Was die hier zunaͤchſt zu betrachtende Vorwaͤrtsneigung anbelangt, ſo iſt ſie vorzuͤglich wegen des Drucks auf die Harnblaſe mit heftigen, von dieſem Organ ausgehenden Be- ſchwerden verknuͤpft, die Kranke hat ſteten Trieb, den Urin zu laſſen, empfindet bey ſtaͤrkerem Drucke auf die Scham- beingegend Schmerzen, hat das Gefuͤhl eines harten, im Stehen ihr auf die Blaſe fallenden Koͤrpers, welcher zuruͤck- weicht, wenn ſie die Ruͤckenlage annimmt, ja es erſtrecken *) Ich waͤhle hier das Wort Neigung, um die Krankheit zu unter- ſcheiden von der bey Woͤchnerinnen beobachteten eigentlichen Vor- waͤrtsbeugung (Pronatio uteri), von welcher im zweyten Theile die Rede ſeyn wird.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/399>, abgerufen am 19.04.2024.