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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

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gelmäßig gestaltete, hinlänglich große, nicht gespaltene, mit
röthlicher oder brauner Haut überdeckte, empfindliche, leicht
turgescirende Warzen, und ein gegen 3/4 Zoll breiter glatter,
gleichmäßig mit den Warzen gefärbter Hof um dieselben.

§. 50.

2. Zeichen des jungfräulichen Zustandes die-
ser Theile insbesondere
. Obwohl es unläugbar ist,
daß der wahrhaft jungfräuliche Zustand des weiblichen Kör-
pers schon in seiner allgemeinen Bildung dem schärfern Beob-
achter sich mit ziemlicher Bestimmtheit darstellt, so kann doch
von diesem Gesammtüberblick namentlich für gerichtliche Fälle
wenig Anwendung gemacht werden, indem die Entscheidung
hierbey zu sehr der Individualität des Beobachters überlassen
bliebe, es wäre denn, daß in dieser Hinsicht noch bestimm-
tere Merkmale aufgefunden würden, etwa gleich dem, welches
nach Winkelmann bereits den Alten bekannt gewesen: daß
nämlich die Schlankheit des Halses als Zeichen jungfräulichen
Zustandes gelten kann, und, sobald ein um den Hals gemessener
Faden, leicht über den Kopf weggeführt werden könne, dieß
als Andeutung verlorener Jungfrauschaft zu betrachten sey.
Sicherer als diese Merkmale bleibt daher zur Bestimmung
des jungfräulichen Zustandes noch der Zustand der Genitalien,
obwohl auch hier im Voraus bemerkt werden muß: erstens,
daß wenn man, wie Einige thun, zwischen physischer und
moralischer Jungfrauschaft unterscheiden will, die zu erwäh-
nenden Kennzeichen natürlich blos für die erstere gültig sind;
zweitens, daß ungewöhnliche ursprüngliche Bildungen der Ge-
nitolien, Krankheiten derselben, z. B. Leucorrhoe, Verletzun-
gen, Entzündungen, Eiterungen u. s. w. sehr leicht einen
Zustand herbeyführen können, welcher, indem er die Zeichen
der Jungfrauschaft auch ohne statt gehabten Coitus zerstört,
sehr leicht zu irrigen Urtheilen verleiten kann, weßhalb dann,
indem auch viele der zu nennenden Kennzeichen, selbst das
unverletzte Hymen auch nach gepflogenem Coitus bemerkt
worden ist, in jeder Hinsicht bey den über diesen Gegenstand
zu ziehenden Resultaten mit möglichster Umsicht und Benutzung
aller Anhaltungspunkte zu verfahren ist.


gelmaͤßig geſtaltete, hinlaͤnglich große, nicht geſpaltene, mit
roͤthlicher oder brauner Haut uͤberdeckte, empfindliche, leicht
turgescirende Warzen, und ein gegen ¾ Zoll breiter glatter,
gleichmaͤßig mit den Warzen gefaͤrbter Hof um dieſelben.

§. 50.

2. Zeichen des jungfraͤulichen Zuſtandes die-
ſer Theile insbeſondere
. Obwohl es unlaͤugbar iſt,
daß der wahrhaft jungfraͤuliche Zuſtand des weiblichen Koͤr-
pers ſchon in ſeiner allgemeinen Bildung dem ſchaͤrfern Beob-
achter ſich mit ziemlicher Beſtimmtheit darſtellt, ſo kann doch
von dieſem Geſammtuͤberblick namentlich fuͤr gerichtliche Faͤlle
wenig Anwendung gemacht werden, indem die Entſcheidung
hierbey zu ſehr der Individualitaͤt des Beobachters uͤberlaſſen
bliebe, es waͤre denn, daß in dieſer Hinſicht noch beſtimm-
tere Merkmale aufgefunden wuͤrden, etwa gleich dem, welches
nach Winkelmann bereits den Alten bekannt geweſen: daß
naͤmlich die Schlankheit des Halſes als Zeichen jungfraͤulichen
Zuſtandes gelten kann, und, ſobald ein um den Hals gemeſſener
Faden, leicht uͤber den Kopf weggefuͤhrt werden koͤnne, dieß
als Andeutung verlorener Jungfrauſchaft zu betrachten ſey.
Sicherer als dieſe Merkmale bleibt daher zur Beſtimmung
des jungfraͤulichen Zuſtandes noch der Zuſtand der Genitalien,
obwohl auch hier im Voraus bemerkt werden muß: erſtens,
daß wenn man, wie Einige thun, zwiſchen phyſiſcher und
moraliſcher Jungfrauſchaft unterſcheiden will, die zu erwaͤh-
nenden Kennzeichen natuͤrlich blos fuͤr die erſtere guͤltig ſind;
zweitens, daß ungewoͤhnliche urſpruͤngliche Bildungen der Ge-
nitolien, Krankheiten derſelben, z. B. Leucorrhoe, Verletzun-
gen, Entzuͤndungen, Eiterungen u. ſ. w. ſehr leicht einen
Zuſtand herbeyfuͤhren koͤnnen, welcher, indem er die Zeichen
der Jungfrauſchaft auch ohne ſtatt gehabten Coitus zerſtoͤrt,
ſehr leicht zu irrigen Urtheilen verleiten kann, weßhalb dann,
indem auch viele der zu nennenden Kennzeichen, ſelbſt das
unverletzte Hymen auch nach gepflogenem Coitus bemerkt
worden iſt, in jeder Hinſicht bey den uͤber dieſen Gegenſtand
zu ziehenden Reſultaten mit moͤglichſter Umſicht und Benutzung
aller Anhaltungspunkte zu verfahren iſt.


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[37/0057] gelmaͤßig geſtaltete, hinlaͤnglich große, nicht geſpaltene, mit roͤthlicher oder brauner Haut uͤberdeckte, empfindliche, leicht turgescirende Warzen, und ein gegen ¾ Zoll breiter glatter, gleichmaͤßig mit den Warzen gefaͤrbter Hof um dieſelben. §. 50. 2. Zeichen des jungfraͤulichen Zuſtandes die- ſer Theile insbeſondere. Obwohl es unlaͤugbar iſt, daß der wahrhaft jungfraͤuliche Zuſtand des weiblichen Koͤr- pers ſchon in ſeiner allgemeinen Bildung dem ſchaͤrfern Beob- achter ſich mit ziemlicher Beſtimmtheit darſtellt, ſo kann doch von dieſem Geſammtuͤberblick namentlich fuͤr gerichtliche Faͤlle wenig Anwendung gemacht werden, indem die Entſcheidung hierbey zu ſehr der Individualitaͤt des Beobachters uͤberlaſſen bliebe, es waͤre denn, daß in dieſer Hinſicht noch beſtimm- tere Merkmale aufgefunden wuͤrden, etwa gleich dem, welches nach Winkelmann bereits den Alten bekannt geweſen: daß naͤmlich die Schlankheit des Halſes als Zeichen jungfraͤulichen Zuſtandes gelten kann, und, ſobald ein um den Hals gemeſſener Faden, leicht uͤber den Kopf weggefuͤhrt werden koͤnne, dieß als Andeutung verlorener Jungfrauſchaft zu betrachten ſey. Sicherer als dieſe Merkmale bleibt daher zur Beſtimmung des jungfraͤulichen Zuſtandes noch der Zuſtand der Genitalien, obwohl auch hier im Voraus bemerkt werden muß: erſtens, daß wenn man, wie Einige thun, zwiſchen phyſiſcher und moraliſcher Jungfrauſchaft unterſcheiden will, die zu erwaͤh- nenden Kennzeichen natuͤrlich blos fuͤr die erſtere guͤltig ſind; zweitens, daß ungewoͤhnliche urſpruͤngliche Bildungen der Ge- nitolien, Krankheiten derſelben, z. B. Leucorrhoe, Verletzun- gen, Entzuͤndungen, Eiterungen u. ſ. w. ſehr leicht einen Zuſtand herbeyfuͤhren koͤnnen, welcher, indem er die Zeichen der Jungfrauſchaft auch ohne ſtatt gehabten Coitus zerſtoͤrt, ſehr leicht zu irrigen Urtheilen verleiten kann, weßhalb dann, indem auch viele der zu nennenden Kennzeichen, ſelbſt das unverletzte Hymen auch nach gepflogenem Coitus bemerkt worden iſt, in jeder Hinſicht bey den uͤber dieſen Gegenſtand zu ziehenden Reſultaten mit moͤglichſter Umſicht und Benutzung aller Anhaltungspunkte zu verfahren iſt.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/57>, abgerufen am 23.04.2024.