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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

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des Vorbergs beachtet wird, fixirt wieder die zweite Hand
über der Kleidung den Schambogen, um auf ähnliche Weise,
wie früher die Breite, nunmehr auch die Tiefe des Beckens
zu messen. Sodann bewegt man die untersuchende Hand
vorwärts nach dem Schambogen, dessen Stand und Wöl-
bung zu erforschen, man beachtet zugleich die Leistengegend,
wegen etwaiger Brüche oder Drüsengeschwülste und bestimmt
genauer das Verhalten der äußern Schamlippen, so wie des
Dammes, ihrer Bildung und Richtung nach.

§. 100.

Endlich ist denn vorzüglich die Erforschung des Unter-
leibes, seiner Ausdehnung oder Erschlaffung, und den durch
die Bauchdecken zu fühlenden Theilen nach, ein wichtiges
Moment der äußern Untersuchung. Man wird auch dieses
durch sorgfältige Betastung der gesammten Unterleibsfläche in
verschiedenen Richtungen beendigen, obwohl es, namentlich
für die Ausmittelung angehender Schwangerschaften oder kurz
vorhergegangener Geburten fast rathsamer ist, der zu Unter-
suchenden, wenn man bis hierher in der Exploration gediehen
ist, eine horizontale Lage mit etwas vorwärts gebeugtem
Oberkörper annehmen zu lassen, um so bey erschlafften Bauch-
muskeln tiefer eingreifen und den hinter dem Schambogen
vielleicht noch verborgenen nicht zu sehr ausgedehnten Uterus
entdecken zu können. Außerdem ist hier auf das Verhalten
des Nabels und der Linea alba, auf Gefühl von Fluctua-
tion im Uterus oder in der Bauchhöhle, auf Wahrnehmung
von Kindestheilen oder Kindesbewegungen Rücksicht zu neh-
men, und was insbesondere die letztern betrifft, so räth
man, um dieselben mehr aufzuregen, theils das abwechselnde
gelinde Heben und Sinkenlassen des Uterus, welches noch
wirksamer gemacht werden kann durch das bey gleichzeitig
unternommener innerer Untersuchung Statt findende gelinde
Andrängen an das untere Segment des Uterus (ein Verfah-
ren, welches auch um den weniger ausgedehnten Fruchthälter
der von außen untersuchenden Hand fühlbarer und erkenuba-
rer zu machen, zu empfehlen ist), theils das Auflegen einer
etwas kalten Hand auf den bloßen Leib; beyde Verfahren

des Vorbergs beachtet wird, fixirt wieder die zweite Hand
uͤber der Kleidung den Schambogen, um auf aͤhnliche Weiſe,
wie fruͤher die Breite, nunmehr auch die Tiefe des Beckens
zu meſſen. Sodann bewegt man die unterſuchende Hand
vorwaͤrts nach dem Schambogen, deſſen Stand und Woͤl-
bung zu erforſchen, man beachtet zugleich die Leiſtengegend,
wegen etwaiger Bruͤche oder Druͤſengeſchwuͤlſte und beſtimmt
genauer das Verhalten der aͤußern Schamlippen, ſo wie des
Dammes, ihrer Bildung und Richtung nach.

§. 100.

Endlich iſt denn vorzuͤglich die Erforſchung des Unter-
leibes, ſeiner Ausdehnung oder Erſchlaffung, und den durch
die Bauchdecken zu fuͤhlenden Theilen nach, ein wichtiges
Moment der aͤußern Unterſuchung. Man wird auch dieſes
durch ſorgfaͤltige Betaſtung der geſammten Unterleibsflaͤche in
verſchiedenen Richtungen beendigen, obwohl es, namentlich
fuͤr die Ausmittelung angehender Schwangerſchaften oder kurz
vorhergegangener Geburten faſt rathſamer iſt, der zu Unter-
ſuchenden, wenn man bis hierher in der Exploration gediehen
iſt, eine horizontale Lage mit etwas vorwaͤrts gebeugtem
Oberkoͤrper annehmen zu laſſen, um ſo bey erſchlafften Bauch-
muskeln tiefer eingreifen und den hinter dem Schambogen
vielleicht noch verborgenen nicht zu ſehr ausgedehnten Uterus
entdecken zu koͤnnen. Außerdem iſt hier auf das Verhalten
des Nabels und der Linea alba, auf Gefuͤhl von Fluctua-
tion im Uterus oder in der Bauchhoͤhle, auf Wahrnehmung
von Kindestheilen oder Kindesbewegungen Ruͤckſicht zu neh-
men, und was insbeſondere die letztern betrifft, ſo raͤth
man, um dieſelben mehr aufzuregen, theils das abwechſelnde
gelinde Heben und Sinkenlaſſen des Uterus, welches noch
wirkſamer gemacht werden kann durch das bey gleichzeitig
unternommener innerer Unterſuchung Statt findende gelinde
Andraͤngen an das untere Segment des Uterus (ein Verfah-
ren, welches auch um den weniger ausgedehnten Fruchthaͤlter
der von außen unterſuchenden Hand fuͤhlbarer und erkenuba-
rer zu machen, zu empfehlen iſt), theils das Auflegen einer
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[71/0091] des Vorbergs beachtet wird, fixirt wieder die zweite Hand uͤber der Kleidung den Schambogen, um auf aͤhnliche Weiſe, wie fruͤher die Breite, nunmehr auch die Tiefe des Beckens zu meſſen. Sodann bewegt man die unterſuchende Hand vorwaͤrts nach dem Schambogen, deſſen Stand und Woͤl- bung zu erforſchen, man beachtet zugleich die Leiſtengegend, wegen etwaiger Bruͤche oder Druͤſengeſchwuͤlſte und beſtimmt genauer das Verhalten der aͤußern Schamlippen, ſo wie des Dammes, ihrer Bildung und Richtung nach. §. 100. Endlich iſt denn vorzuͤglich die Erforſchung des Unter- leibes, ſeiner Ausdehnung oder Erſchlaffung, und den durch die Bauchdecken zu fuͤhlenden Theilen nach, ein wichtiges Moment der aͤußern Unterſuchung. Man wird auch dieſes durch ſorgfaͤltige Betaſtung der geſammten Unterleibsflaͤche in verſchiedenen Richtungen beendigen, obwohl es, namentlich fuͤr die Ausmittelung angehender Schwangerſchaften oder kurz vorhergegangener Geburten faſt rathſamer iſt, der zu Unter- ſuchenden, wenn man bis hierher in der Exploration gediehen iſt, eine horizontale Lage mit etwas vorwaͤrts gebeugtem Oberkoͤrper annehmen zu laſſen, um ſo bey erſchlafften Bauch- muskeln tiefer eingreifen und den hinter dem Schambogen vielleicht noch verborgenen nicht zu ſehr ausgedehnten Uterus entdecken zu koͤnnen. Außerdem iſt hier auf das Verhalten des Nabels und der Linea alba, auf Gefuͤhl von Fluctua- tion im Uterus oder in der Bauchhoͤhle, auf Wahrnehmung von Kindestheilen oder Kindesbewegungen Ruͤckſicht zu neh- men, und was insbeſondere die letztern betrifft, ſo raͤth man, um dieſelben mehr aufzuregen, theils das abwechſelnde gelinde Heben und Sinkenlaſſen des Uterus, welches noch wirkſamer gemacht werden kann durch das bey gleichzeitig unternommener innerer Unterſuchung Statt findende gelinde Andraͤngen an das untere Segment des Uterus (ein Verfah- ren, welches auch um den weniger ausgedehnten Fruchthaͤlter der von außen unterſuchenden Hand fuͤhlbarer und erkenuba- rer zu machen, zu empfehlen iſt), theils das Auflegen einer etwas kalten Hand auf den bloßen Leib; beyde Verfahren

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/91>, abgerufen am 25.04.2024.