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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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Eine sich in dieser Lage bildende Kopfgeschwulst sitzt stets
mehr auf dem linken Scheitelbeine.

§. 825.

Dritte und vierte Hinterhauptslage. Sie ha-
ben das miteinander gemein, daß die Bauchfläche des Kindes
in beiden nach vorn gekehrt, und die Stirn nach dem Scham-
bogen gerichtet ist. Die dritte *) ist die umgekehrte zweite
Lage, nämlich das Hinterhaupt sinkt in der linken Kreuz-
und Darmbeinverbindung herab, und die Stirn liegt über
der rechten Scham- und Darmbeinverbindung. Man er-
kennt sie an der im zweiten schiefen Durchmesser verlaufen-
den Pfeilnath, an der nach links und hinten fühlbaren klei-
nen Fontanelle und der hier gewöhnlich (da bei dieser Stel-
lung der Kopf immer anfänglich mehr der Scheitellage sich
nähert) nach rechts und vorn erreichbaren großen Fontanelle.
Tritt nun der Kopf tiefer ins Becken herab, so wendet sich
in der Regel die Stirn völlig nach dem Schambogen, das
Hinterhaupt kommt in die Aushöhlung des Kreuzbeins, und
der Kopf kommt, obwohl wegen des Widerstandes welchen
die breitere Stirn am Schambogen findet, mit weit größern
Anstrengungen, zum Ein- und Durchschneiden, wobei denn
das Gesicht aufwärts, das Hinterhaupt nach dem Mittel-
fleische gerichtet ist. -- Allein nicht immer endigt diese Kopf-
lage auf die angegebene Weise; ich hatte schon öfters beob-
achtet, daß zuweilen der Kopf, nachdem er in dieser Richtung
eingetreten war, anstatt mit der Stirn von rechts nach links bis
zum Schambogen sich zu drehen, unter guten Wehen, umge-
kehrt sich wendete, nämlich mit der Stirn nach hinten, so
daß der Kopf erst völlig im Querdurchmesser kam, dann aber
nach und nach in die erste Lage überging, indem das Hin-

*) Mehrere Geburtshelfer nennen die hier beschriebene vierte Lage
die dritte, und unsere dritte Lage die vierte; wir glauben hier der
überhaupt an sich ganz gleichgültigen Benennungsart, wie sie von
H. Jörg gewählt worden ist, schon deshalb folgen zu müssen, weil
dessen Hebammenbuch für Sachsen gesetzlich eingeführt worden ist.

Eine ſich in dieſer Lage bildende Kopfgeſchwulſt ſitzt ſtets
mehr auf dem linken Scheitelbeine.

§. 825.

Dritte und vierte Hinterhauptslage. Sie ha-
ben das miteinander gemein, daß die Bauchflaͤche des Kindes
in beiden nach vorn gekehrt, und die Stirn nach dem Scham-
bogen gerichtet iſt. Die dritte *) iſt die umgekehrte zweite
Lage, naͤmlich das Hinterhaupt ſinkt in der linken Kreuz-
und Darmbeinverbindung herab, und die Stirn liegt uͤber
der rechten Scham- und Darmbeinverbindung. Man er-
kennt ſie an der im zweiten ſchiefen Durchmeſſer verlaufen-
den Pfeilnath, an der nach links und hinten fuͤhlbaren klei-
nen Fontanelle und der hier gewoͤhnlich (da bei dieſer Stel-
lung der Kopf immer anfaͤnglich mehr der Scheitellage ſich
naͤhert) nach rechts und vorn erreichbaren großen Fontanelle.
Tritt nun der Kopf tiefer ins Becken herab, ſo wendet ſich
in der Regel die Stirn voͤllig nach dem Schambogen, das
Hinterhaupt kommt in die Aushoͤhlung des Kreuzbeins, und
der Kopf kommt, obwohl wegen des Widerſtandes welchen
die breitere Stirn am Schambogen findet, mit weit groͤßern
Anſtrengungen, zum Ein- und Durchſchneiden, wobei denn
das Geſicht aufwaͤrts, das Hinterhaupt nach dem Mittel-
fleiſche gerichtet iſt. — Allein nicht immer endigt dieſe Kopf-
lage auf die angegebene Weiſe; ich hatte ſchon oͤfters beob-
achtet, daß zuweilen der Kopf, nachdem er in dieſer Richtung
eingetreten war, anſtatt mit der Stirn von rechts nach links bis
zum Schambogen ſich zu drehen, unter guten Wehen, umge-
kehrt ſich wendete, naͤmlich mit der Stirn nach hinten, ſo
daß der Kopf erſt voͤllig im Querdurchmeſſer kam, dann aber
nach und nach in die erſte Lage uͤberging, indem das Hin-

*) Mehrere Geburtshelfer nennen die hier beſchriebene vierte Lage
die dritte, und unſere dritte Lage die vierte; wir glauben hier der
uͤberhaupt an ſich ganz gleichguͤltigen Benennungsart, wie ſie von
H. Joͤrg gewaͤhlt worden iſt, ſchon deshalb folgen zu muͤſſen, weil
deſſen Hebammenbuch fuͤr Sachſen geſetzlich eingefuͤhrt worden iſt.
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[111/0135] Eine ſich in dieſer Lage bildende Kopfgeſchwulſt ſitzt ſtets mehr auf dem linken Scheitelbeine. §. 825. Dritte und vierte Hinterhauptslage. Sie ha- ben das miteinander gemein, daß die Bauchflaͤche des Kindes in beiden nach vorn gekehrt, und die Stirn nach dem Scham- bogen gerichtet iſt. Die dritte *) iſt die umgekehrte zweite Lage, naͤmlich das Hinterhaupt ſinkt in der linken Kreuz- und Darmbeinverbindung herab, und die Stirn liegt uͤber der rechten Scham- und Darmbeinverbindung. Man er- kennt ſie an der im zweiten ſchiefen Durchmeſſer verlaufen- den Pfeilnath, an der nach links und hinten fuͤhlbaren klei- nen Fontanelle und der hier gewoͤhnlich (da bei dieſer Stel- lung der Kopf immer anfaͤnglich mehr der Scheitellage ſich naͤhert) nach rechts und vorn erreichbaren großen Fontanelle. Tritt nun der Kopf tiefer ins Becken herab, ſo wendet ſich in der Regel die Stirn voͤllig nach dem Schambogen, das Hinterhaupt kommt in die Aushoͤhlung des Kreuzbeins, und der Kopf kommt, obwohl wegen des Widerſtandes welchen die breitere Stirn am Schambogen findet, mit weit groͤßern Anſtrengungen, zum Ein- und Durchſchneiden, wobei denn das Geſicht aufwaͤrts, das Hinterhaupt nach dem Mittel- fleiſche gerichtet iſt. — Allein nicht immer endigt dieſe Kopf- lage auf die angegebene Weiſe; ich hatte ſchon oͤfters beob- achtet, daß zuweilen der Kopf, nachdem er in dieſer Richtung eingetreten war, anſtatt mit der Stirn von rechts nach links bis zum Schambogen ſich zu drehen, unter guten Wehen, umge- kehrt ſich wendete, naͤmlich mit der Stirn nach hinten, ſo daß der Kopf erſt voͤllig im Querdurchmeſſer kam, dann aber nach und nach in die erſte Lage uͤberging, indem das Hin- *) Mehrere Geburtshelfer nennen die hier beſchriebene vierte Lage die dritte, und unſere dritte Lage die vierte; wir glauben hier der uͤberhaupt an ſich ganz gleichguͤltigen Benennungsart, wie ſie von H. Joͤrg gewaͤhlt worden iſt, ſchon deshalb folgen zu muͤſſen, weil deſſen Hebammenbuch fuͤr Sachſen geſetzlich eingefuͤhrt worden iſt.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/135>, abgerufen am 28.03.2024.