Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Schädlichkeit dieser Vorrichtungen, sobald sie für all-
gemeinen
Gebrauch benutzt werden, näher zu erörtern, ob-
wohl dadurch nicht in Abrede gestellt werden soll, daß die
Geburtsstühle für einzelne Fälle, z. B. für die Entbindun-
gen asthmatischer Personen mitunter anwendbar seyn können.

§. 916.

Die Nachtheile aber, welche die sitzende Stellung der
Kreisenden überhaupt, und der Geburtsstuhl insbesondere,
veranlaßt, sind aber: 1) Es wird dadurch leicht zu Ein-
rissen des Mittelfleisches, wegen zu sehr verringerter Neigung
der untern Beckenöffnung, Gelegenheit gegeben. 2) Es
werden wegen aufrechter Stellung des Oberkörpers leichter
Blutungen unter der Geburt eintreten, und es werden die-
selben schwerer zu stillen seyn. 3. Es wird die Kreisende in
sitzender Stellung nothwendig weit leichter ermatten, und
dagegen wird sie 5) nicht füglich die für manche Geburts-
fälle doch so nöthigen und nützlichen Seitenlagen annehmen
können. 6) Ist für das Kind hierbei durchaus keine Si-
cherheit gewährt, es muß auf dem Schooße der Hebamme
oder des Geburtshelfers empfangen werden, und wenn es
unglücklicherweise zu schnell in einem unbewachten Augenblicke
geboren werden sollte, so wäre es, so wie die Mutter selbst,
den gefährlichsten Beschädigungen unterwerfen. 7) Muß die
Kreisende, wenn sie entbunden ist, gewöhnlich erst in die
aufrechte Stellung kommen, um auf ihr Wochenlager ge-
leitet zu werden, welches doch für ihren Zustand keineswe-
ges zweckmäßig ist. 8) Endlich ist ein gut eingerichte-
ter
Geburtsstuhl immer ziemlich theuer, und nicht leicht zu
transportiren, daher in vielen Fällen nicht zu haben. --
Schlecht eingerichtete Geburtsstühle hingegen sind auf keine
Weise zu dulden.

§. 917.

Damit wir indeß auch nicht übersehen, was zu einem
gut eingerichteten Geburtsstuhle eigentlich gehöre,
so wollen wir die wesentlichsten Erfordernisse eines solchen

Schaͤdlichkeit dieſer Vorrichtungen, ſobald ſie fuͤr all-
gemeinen
Gebrauch benutzt werden, naͤher zu eroͤrtern, ob-
wohl dadurch nicht in Abrede geſtellt werden ſoll, daß die
Geburtsſtuͤhle fuͤr einzelne Faͤlle, z. B. fuͤr die Entbindun-
gen aſthmatiſcher Perſonen mitunter anwendbar ſeyn koͤnnen.

§. 916.

Die Nachtheile aber, welche die ſitzende Stellung der
Kreiſenden uͤberhaupt, und der Geburtsſtuhl insbeſondere,
veranlaßt, ſind aber: 1) Es wird dadurch leicht zu Ein-
riſſen des Mittelfleiſches, wegen zu ſehr verringerter Neigung
der untern Beckenoͤffnung, Gelegenheit gegeben. 2) Es
werden wegen aufrechter Stellung des Oberkoͤrpers leichter
Blutungen unter der Geburt eintreten, und es werden die-
ſelben ſchwerer zu ſtillen ſeyn. 3. Es wird die Kreiſende in
ſitzender Stellung nothwendig weit leichter ermatten, und
dagegen wird ſie 5) nicht fuͤglich die fuͤr manche Geburts-
faͤlle doch ſo noͤthigen und nuͤtzlichen Seitenlagen annehmen
koͤnnen. 6) Iſt fuͤr das Kind hierbei durchaus keine Si-
cherheit gewaͤhrt, es muß auf dem Schooße der Hebamme
oder des Geburtshelfers empfangen werden, und wenn es
ungluͤcklicherweiſe zu ſchnell in einem unbewachten Augenblicke
geboren werden ſollte, ſo waͤre es, ſo wie die Mutter ſelbſt,
den gefaͤhrlichſten Beſchaͤdigungen unterwerfen. 7) Muß die
Kreiſende, wenn ſie entbunden iſt, gewoͤhnlich erſt in die
aufrechte Stellung kommen, um auf ihr Wochenlager ge-
leitet zu werden, welches doch fuͤr ihren Zuſtand keineswe-
ges zweckmaͤßig iſt. 8) Endlich iſt ein gut eingerichte-
ter
Geburtsſtuhl immer ziemlich theuer, und nicht leicht zu
transportiren, daher in vielen Faͤllen nicht zu haben. —
Schlecht eingerichtete Geburtsſtuͤhle hingegen ſind auf keine
Weiſe zu dulden.

§. 917.

Damit wir indeß auch nicht uͤberſehen, was zu einem
gut eingerichteten Geburtsſtuhle eigentlich gehoͤre,
ſo wollen wir die weſentlichſten Erforderniſſe eines ſolchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0190" n="166"/><hi rendition="#g">Scha&#x0364;dlichkeit</hi> die&#x017F;er Vorrichtungen, &#x017F;obald &#x017F;ie fu&#x0364;r <hi rendition="#g">all-<lb/>
gemeinen</hi> Gebrauch benutzt werden, na&#x0364;her zu ero&#x0364;rtern, ob-<lb/>
wohl dadurch nicht in Abrede ge&#x017F;tellt werden &#x017F;oll, daß die<lb/>
Geburts&#x017F;tu&#x0364;hle fu&#x0364;r einzelne Fa&#x0364;lle, z. B. fu&#x0364;r die Entbindun-<lb/>
gen a&#x017F;thmati&#x017F;cher Per&#x017F;onen mitunter anwendbar &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 916.</head><lb/>
                  <p>Die Nachtheile aber, welche die &#x017F;itzende Stellung der<lb/>
Krei&#x017F;enden u&#x0364;berhaupt, und der Geburts&#x017F;tuhl insbe&#x017F;ondere,<lb/>
veranlaßt, &#x017F;ind aber: 1) Es wird dadurch leicht zu Ein-<lb/>
ri&#x017F;&#x017F;en des Mittelflei&#x017F;ches, wegen zu &#x017F;ehr verringerter Neigung<lb/>
der untern Beckeno&#x0364;ffnung, Gelegenheit gegeben. 2) Es<lb/>
werden wegen aufrechter Stellung des Oberko&#x0364;rpers leichter<lb/>
Blutungen unter der Geburt eintreten, und es werden die-<lb/>
&#x017F;elben &#x017F;chwerer zu &#x017F;tillen &#x017F;eyn. 3. Es wird die Krei&#x017F;ende in<lb/>
&#x017F;itzender Stellung nothwendig weit leichter ermatten, und<lb/>
dagegen wird &#x017F;ie 5) nicht fu&#x0364;glich die fu&#x0364;r manche Geburts-<lb/>
fa&#x0364;lle doch &#x017F;o no&#x0364;thigen und nu&#x0364;tzlichen Seitenlagen annehmen<lb/>
ko&#x0364;nnen. 6) I&#x017F;t fu&#x0364;r das Kind hierbei durchaus keine Si-<lb/>
cherheit gewa&#x0364;hrt, es muß auf dem Schooße der Hebamme<lb/>
oder des Geburtshelfers empfangen werden, und wenn es<lb/>
unglu&#x0364;cklicherwei&#x017F;e zu &#x017F;chnell in einem unbewachten Augenblicke<lb/>
geboren werden &#x017F;ollte, &#x017F;o wa&#x0364;re es, &#x017F;o wie die Mutter &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
den gefa&#x0364;hrlich&#x017F;ten Be&#x017F;cha&#x0364;digungen unterwerfen. 7) Muß die<lb/>
Krei&#x017F;ende, wenn &#x017F;ie entbunden i&#x017F;t, gewo&#x0364;hnlich er&#x017F;t in die<lb/>
aufrechte Stellung kommen, um auf ihr Wochenlager ge-<lb/>
leitet zu werden, welches doch fu&#x0364;r ihren Zu&#x017F;tand keineswe-<lb/>
ges zweckma&#x0364;ßig i&#x017F;t. 8) Endlich i&#x017F;t ein <hi rendition="#g">gut eingerichte-<lb/>
ter</hi> Geburts&#x017F;t<choice><sic>n</sic><corr>u</corr></choice>hl immer ziemlich theuer, und nicht leicht zu<lb/>
transportiren, daher in vielen Fa&#x0364;llen nicht zu haben. &#x2014;<lb/>
Schlecht eingerichtete Geburts&#x017F;tu&#x0364;hle hingegen &#x017F;ind auf keine<lb/>
Wei&#x017F;e zu dulden.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 917.</head><lb/>
                  <p>Damit wir indeß auch nicht u&#x0364;ber&#x017F;ehen, was zu einem<lb/><hi rendition="#g">gut eingerichteten Geburts&#x017F;tuhle</hi> eigentlich geho&#x0364;re,<lb/>
&#x017F;o wollen wir die we&#x017F;entlich&#x017F;ten Erforderni&#x017F;&#x017F;e eines &#x017F;olchen<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0190] Schaͤdlichkeit dieſer Vorrichtungen, ſobald ſie fuͤr all- gemeinen Gebrauch benutzt werden, naͤher zu eroͤrtern, ob- wohl dadurch nicht in Abrede geſtellt werden ſoll, daß die Geburtsſtuͤhle fuͤr einzelne Faͤlle, z. B. fuͤr die Entbindun- gen aſthmatiſcher Perſonen mitunter anwendbar ſeyn koͤnnen. §. 916. Die Nachtheile aber, welche die ſitzende Stellung der Kreiſenden uͤberhaupt, und der Geburtsſtuhl insbeſondere, veranlaßt, ſind aber: 1) Es wird dadurch leicht zu Ein- riſſen des Mittelfleiſches, wegen zu ſehr verringerter Neigung der untern Beckenoͤffnung, Gelegenheit gegeben. 2) Es werden wegen aufrechter Stellung des Oberkoͤrpers leichter Blutungen unter der Geburt eintreten, und es werden die- ſelben ſchwerer zu ſtillen ſeyn. 3. Es wird die Kreiſende in ſitzender Stellung nothwendig weit leichter ermatten, und dagegen wird ſie 5) nicht fuͤglich die fuͤr manche Geburts- faͤlle doch ſo noͤthigen und nuͤtzlichen Seitenlagen annehmen koͤnnen. 6) Iſt fuͤr das Kind hierbei durchaus keine Si- cherheit gewaͤhrt, es muß auf dem Schooße der Hebamme oder des Geburtshelfers empfangen werden, und wenn es ungluͤcklicherweiſe zu ſchnell in einem unbewachten Augenblicke geboren werden ſollte, ſo waͤre es, ſo wie die Mutter ſelbſt, den gefaͤhrlichſten Beſchaͤdigungen unterwerfen. 7) Muß die Kreiſende, wenn ſie entbunden iſt, gewoͤhnlich erſt in die aufrechte Stellung kommen, um auf ihr Wochenlager ge- leitet zu werden, welches doch fuͤr ihren Zuſtand keineswe- ges zweckmaͤßig iſt. 8) Endlich iſt ein gut eingerichte- ter Geburtsſtuhl immer ziemlich theuer, und nicht leicht zu transportiren, daher in vielen Faͤllen nicht zu haben. — Schlecht eingerichtete Geburtsſtuͤhle hingegen ſind auf keine Weiſe zu dulden. §. 917. Damit wir indeß auch nicht uͤberſehen, was zu einem gut eingerichteten Geburtsſtuhle eigentlich gehoͤre, ſo wollen wir die weſentlichſten Erforderniſſe eines ſolchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/190
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/190>, abgerufen am 25.04.2024.