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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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allgemeinen Momenten wie diese' (s. §. 1000.) theils in
örtlichen krankhaften Dispositionen einzelner Organe. Sie
erscheinen als Bluthusten, Nasenbluten, Blutbrechen oder
Hämorrhoiden, und ihre Folgen sind sehr verschieden. Dieje-
nigen Blutflüsse welche blos von allgemeinen Ursachen z. B.
zu reichlicher Diät, sitzender Lebensweise u. s. w. abhängen,
oder regelmäßig in den ersten Monaten für die Menstruation
vicariirend eintreten, aus weniger bedenklichen Orten sich
ergießen (z. B. als Nasenbluten oder Hämorrhoiden) pflegen
weder das allgemeine Befinden merklich zu stören noch auf
die Schwangerschaft selbst einen nachtheiligen Einfluß zu haben;
dahingegen, wo bedeutende Organe leiden, und das Bluten
öfters und in größerer Quantität wiederkehrt, der Körper
im Allgemeinen geschwächt und zu heftigen Blutflüssen bei
der Geburt disponirt wird, ja die Ernährung des Kindes
selbst leiden muß.

§. 1005.

Nach diesen Ansichten muß denn auch die Behandlung
eingeleitet werden. Minder bedenkliche, aus allgemeinen
Ursachen entstandene Blutflüsse, dürfen nicht plötzlich gehemmt,
sondern nur für den Moment durch Ruhe und leichteres
antiphlogistisches Verfahren gemäßigt werden, das Wesentliche
bleibt es aber nach vorübergegangenem Anfalle die Wiederkehr
desselben durch das gegen die zum Grunde liegenden Congesti-
onen gerichtete Verfahren zu verhüten. Bedeutendere Blut-
ergießungen machen hier eben so wie außer der Schwanger-
schaft, ein passendes, auf Beruhigung des Erethismus im
Gefäßsystem und Contraktion der blutenden Gefäße abzwecken-
des Verfahren nothwendig. Es werden sonach, bei Plethora
und großer Aufregung im Gefäßsystem, Blutentziehungen und
der gesammte antiphlogistische Heilapparat, bei Erethismus
ohne wahre Plethora, die mineralischen Säuren mit Opium,
die Alaunmolken, die Fußbäder, die trocknen Schröpfköpfe
und warmen Fomentationen oder Friktionen der Extremitäten,
so wie geistige, adstringirende oder kalte Fomentationen auf
den leidenden Theil, sich vorzüglich hülfreich erweisen. Außer-

allgemeinen Momenten wie dieſe’ (ſ. §. 1000.) theils in
oͤrtlichen krankhaften Dispoſitionen einzelner Organe. Sie
erſcheinen als Bluthuſten, Naſenbluten, Blutbrechen oder
Haͤmorrhoiden, und ihre Folgen ſind ſehr verſchieden. Dieje-
nigen Blutfluͤſſe welche blos von allgemeinen Urſachen z. B.
zu reichlicher Diaͤt, ſitzender Lebensweiſe u. ſ. w. abhaͤngen,
oder regelmaͤßig in den erſten Monaten fuͤr die Menſtruation
vicariirend eintreten, aus weniger bedenklichen Orten ſich
ergießen (z. B. als Naſenbluten oder Haͤmorrhoiden) pflegen
weder das allgemeine Befinden merklich zu ſtoͤren noch auf
die Schwangerſchaft ſelbſt einen nachtheiligen Einfluß zu haben;
dahingegen, wo bedeutende Organe leiden, und das Bluten
oͤfters und in groͤßerer Quantitaͤt wiederkehrt, der Koͤrper
im Allgemeinen geſchwaͤcht und zu heftigen Blutfluͤſſen bei
der Geburt disponirt wird, ja die Ernaͤhrung des Kindes
ſelbſt leiden muß.

§. 1005.

Nach dieſen Anſichten muß denn auch die Behandlung
eingeleitet werden. Minder bedenkliche, aus allgemeinen
Urſachen entſtandene Blutfluͤſſe, duͤrfen nicht ploͤtzlich gehemmt,
ſondern nur fuͤr den Moment durch Ruhe und leichteres
antiphlogiſtiſches Verfahren gemaͤßigt werden, das Weſentliche
bleibt es aber nach voruͤbergegangenem Anfalle die Wiederkehr
deſſelben durch das gegen die zum Grunde liegenden Congeſti-
onen gerichtete Verfahren zu verhuͤten. Bedeutendere Blut-
ergießungen machen hier eben ſo wie außer der Schwanger-
ſchaft, ein paſſendes, auf Beruhigung des Erethismus im
Gefaͤßſyſtem und Contraktion der blutenden Gefaͤße abzwecken-
des Verfahren nothwendig. Es werden ſonach, bei Plethora
und großer Aufregung im Gefaͤßſyſtem, Blutentziehungen und
der geſammte antiphlogiſtiſche Heilapparat, bei Erethiſmus
ohne wahre Plethora, die mineraliſchen Saͤuren mit Opium,
die Alaunmolken, die Fußbaͤder, die trocknen Schroͤpfkoͤpfe
und warmen Fomentationen oder Friktionen der Extremitaͤten,
ſo wie geiſtige, adſtringirende oder kalte Fomentationen auf
den leidenden Theil, ſich vorzuͤglich huͤlfreich erweiſen. Außer-

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[216/0240] allgemeinen Momenten wie dieſe’ (ſ. §. 1000.) theils in oͤrtlichen krankhaften Dispoſitionen einzelner Organe. Sie erſcheinen als Bluthuſten, Naſenbluten, Blutbrechen oder Haͤmorrhoiden, und ihre Folgen ſind ſehr verſchieden. Dieje- nigen Blutfluͤſſe welche blos von allgemeinen Urſachen z. B. zu reichlicher Diaͤt, ſitzender Lebensweiſe u. ſ. w. abhaͤngen, oder regelmaͤßig in den erſten Monaten fuͤr die Menſtruation vicariirend eintreten, aus weniger bedenklichen Orten ſich ergießen (z. B. als Naſenbluten oder Haͤmorrhoiden) pflegen weder das allgemeine Befinden merklich zu ſtoͤren noch auf die Schwangerſchaft ſelbſt einen nachtheiligen Einfluß zu haben; dahingegen, wo bedeutende Organe leiden, und das Bluten oͤfters und in groͤßerer Quantitaͤt wiederkehrt, der Koͤrper im Allgemeinen geſchwaͤcht und zu heftigen Blutfluͤſſen bei der Geburt disponirt wird, ja die Ernaͤhrung des Kindes ſelbſt leiden muß. §. 1005. Nach dieſen Anſichten muß denn auch die Behandlung eingeleitet werden. Minder bedenkliche, aus allgemeinen Urſachen entſtandene Blutfluͤſſe, duͤrfen nicht ploͤtzlich gehemmt, ſondern nur fuͤr den Moment durch Ruhe und leichteres antiphlogiſtiſches Verfahren gemaͤßigt werden, das Weſentliche bleibt es aber nach voruͤbergegangenem Anfalle die Wiederkehr deſſelben durch das gegen die zum Grunde liegenden Congeſti- onen gerichtete Verfahren zu verhuͤten. Bedeutendere Blut- ergießungen machen hier eben ſo wie außer der Schwanger- ſchaft, ein paſſendes, auf Beruhigung des Erethismus im Gefaͤßſyſtem und Contraktion der blutenden Gefaͤße abzwecken- des Verfahren nothwendig. Es werden ſonach, bei Plethora und großer Aufregung im Gefaͤßſyſtem, Blutentziehungen und der geſammte antiphlogiſtiſche Heilapparat, bei Erethiſmus ohne wahre Plethora, die mineraliſchen Saͤuren mit Opium, die Alaunmolken, die Fußbaͤder, die trocknen Schroͤpfkoͤpfe und warmen Fomentationen oder Friktionen der Extremitaͤten, ſo wie geiſtige, adſtringirende oder kalte Fomentationen auf den leidenden Theil, ſich vorzuͤglich huͤlfreich erweiſen. Außer-

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/240>, abgerufen am 29.03.2024.