Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

den Geschlechtsreiz höher gesteigerten produktiven Thätigkeit
derselben wirklich entwickelt zeigen, die Schwangerschaften
außerhalb der Gebärmutter u. s. w. beweisen wohl hinrei-
chend, daß wirklich an dem Eyerstocke das erste Rudiment
des neuen Organismus aus dem mütterlichen hervorwachse,
jedoch so, daß es beim Menschen bereits innerhalb eines
Zeitraumes von 2 bis 3 Tagen sich absondert, um später-
hin in dem Uterus zu völliger Reife gebildet zu werden;
welche zeitige Absonderung gewiß für die Selbstständigkeit
und höhere Entwickelungsfähigkeit des Fetus eben so wichtig
ist, als die §. 642 angegebene Eigenthümlichkeit.

§. 646.

Die Keime übrigens, welche auf den Ovarien durch den
Begattungsreiz gebildet werden, sind namentlich von Osian-
der
und Oken einem blasigen Exanthem verglichen worden,
und Ersterer hat hierbei noch die allerdings zu beachtende,
obwohl noch sehr triftige Beweise fordernde Hypothese auf-
gestellt, daß bei der ersten Empfängniß schon mehrere Eibläs-
chen erzeugt werden könnten, welche dann erst bei nachfolgender
Befruchtung wirklich zur Reife gediehen, und sich ablösten *). --
Da wo sich ein solches Bläschen wirklich abgelöst hat, bleibt
am Eierstock eine kleine Narbe zurück (sie kann dem rück-
bleibenden Kelche (Calix), am Eierstocke der Vögel vergli-
chen werden) und diese ist es, welche den Namen des gel-
ben Körpers (Corpus luteum), in sofern man dadurch die
Spur eines abgelösten Eychens bezeichnen will, wirklich ver-
dient; dahingegen sich an Menschen- und Thierleichen östers
krankhaft gebildete und vergrößerte Eibläschen an der Ober-
fläche der Ovarien vorfinden, welche ihrer Natur nach nie zu
wirklichen Früchten sich ablösen können, und somit auch durch-

*) Osiander's Hantbuch der Entbindungskunst Th. I. S. 252.
Ein Fall, welcher als Bestätigung dieser Meinung dienen soll, ist
von Wendelstadt in Hufeland's Journal 1818. 2s Stück
mitgetheilt.

den Geſchlechtsreiz hoͤher geſteigerten produktiven Thaͤtigkeit
derſelben wirklich entwickelt zeigen, die Schwangerſchaften
außerhalb der Gebaͤrmutter u. ſ. w. beweiſen wohl hinrei-
chend, daß wirklich an dem Eyerſtocke das erſte Rudiment
des neuen Organismus aus dem muͤtterlichen hervorwachſe,
jedoch ſo, daß es beim Menſchen bereits innerhalb eines
Zeitraumes von 2 bis 3 Tagen ſich abſondert, um ſpaͤter-
hin in dem Uterus zu voͤlliger Reife gebildet zu werden;
welche zeitige Abſonderung gewiß fuͤr die Selbſtſtaͤndigkeit
und hoͤhere Entwickelungsfaͤhigkeit des Fetus eben ſo wichtig
iſt, als die §. 642 angegebene Eigenthuͤmlichkeit.

§. 646.

Die Keime uͤbrigens, welche auf den Ovarien durch den
Begattungsreiz gebildet werden, ſind namentlich von Oſian-
der
und Oken einem blaſigen Exanthem verglichen worden,
und Erſterer hat hierbei noch die allerdings zu beachtende,
obwohl noch ſehr triftige Beweiſe fordernde Hypotheſe auf-
geſtellt, daß bei der erſten Empfaͤngniß ſchon mehrere Eiblaͤs-
chen erzeugt werden koͤnnten, welche dann erſt bei nachfolgender
Befruchtung wirklich zur Reife gediehen, und ſich abloͤſten *). —
Da wo ſich ein ſolches Blaͤschen wirklich abgeloͤſt hat, bleibt
am Eierſtock eine kleine Narbe zuruͤck (ſie kann dem ruͤck-
bleibenden Kelche (Calix), am Eierſtocke der Voͤgel vergli-
chen werden) und dieſe iſt es, welche den Namen des gel-
ben Koͤrpers (Corpus luteum), in ſofern man dadurch die
Spur eines abgeloͤſten Eychens bezeichnen will, wirklich ver-
dient; dahingegen ſich an Menſchen- und Thierleichen oͤſters
krankhaft gebildete und vergroͤßerte Eiblaͤschen an der Ober-
flaͤche der Ovarien vorfinden, welche ihrer Natur nach nie zu
wirklichen Fruͤchten ſich abloͤſen koͤnnen, und ſomit auch durch-

*) Oſiander’s Hantbuch der Entbindungskunſt Th. I. S. 252.
Ein Fall, welcher als Beſtaͤtigung dieſer Meinung dienen ſoll, iſt
von Wendelſtadt in Hufeland’s Journal 1818. 2s Stuͤck
mitgetheilt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0031" n="9"/>
den Ge&#x017F;chlechtsreiz ho&#x0364;her ge&#x017F;teigerten produktiven Tha&#x0364;tigkeit<lb/>
der&#x017F;elben wirklich entwickelt zeigen, die Schwanger&#x017F;chaften<lb/>
außerhalb der Geba&#x0364;rmutter u. &#x017F;. w. bewei&#x017F;en wohl hinrei-<lb/>
chend, daß wirklich an dem Eyer&#x017F;tocke das er&#x017F;te Rudiment<lb/>
des neuen Organismus aus dem mu&#x0364;tterlichen hervorwach&#x017F;e,<lb/>
jedoch &#x017F;o, daß es beim Men&#x017F;chen bereits innerhalb eines<lb/>
Zeitraumes von 2 bis 3 Tagen &#x017F;ich ab&#x017F;ondert, um &#x017F;pa&#x0364;ter-<lb/>
hin in dem Uterus zu vo&#x0364;lliger Reife gebildet zu werden;<lb/>
welche zeitige Ab&#x017F;onderung gewiß fu&#x0364;r die Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit<lb/>
und ho&#x0364;here Entwickelungsfa&#x0364;higkeit des Fetus eben &#x017F;o wichtig<lb/>
i&#x017F;t, als die §. 642 angegebene Eigenthu&#x0364;mlichkeit.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 646.</head><lb/>
                  <p>Die Keime u&#x0364;brigens, welche auf den Ovarien durch den<lb/>
Begattungsreiz gebildet werden, &#x017F;ind namentlich von <hi rendition="#g">O&#x017F;ian-<lb/>
der</hi> und <hi rendition="#g">Oken</hi> einem bla&#x017F;igen Exanthem verglichen worden,<lb/>
und Er&#x017F;terer hat hierbei noch die allerdings zu beachtende,<lb/>
obwohl noch &#x017F;ehr triftige Bewei&#x017F;e fordernde Hypothe&#x017F;e auf-<lb/>
ge&#x017F;tellt, daß bei der er&#x017F;ten Empfa&#x0364;ngniß &#x017F;chon mehrere Eibla&#x0364;s-<lb/>
chen erzeugt werden ko&#x0364;nnten, welche dann er&#x017F;t bei nachfolgender<lb/>
Befruchtung wirklich zur Reife gediehen, und &#x017F;ich ablo&#x0364;&#x017F;ten <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g"><choice><sic>O&#x017F;iand r&#x2019;s</sic><corr>O&#x017F;iander&#x2019;s</corr></choice></hi> Hantbuch der Entbindungskun&#x017F;t Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 252.<lb/>
Ein Fall, welcher <choice><sic>al</sic><corr>als</corr></choice> Be&#x017F;ta&#x0364;tigung die&#x017F;er Meinung dienen &#x017F;oll, i&#x017F;t<lb/>
von <hi rendition="#g">Wendel&#x017F;tadt</hi> in <hi rendition="#g">Hufeland&#x2019;s</hi> Journal 1818. 2s Stu&#x0364;ck<lb/>
mitgetheilt.</note>. &#x2014;<lb/>
Da wo &#x017F;ich ein &#x017F;olches Bla&#x0364;schen wirklich abgelo&#x0364;&#x017F;t hat, bleibt<lb/>
am Eier&#x017F;tock eine kleine Narbe zuru&#x0364;ck (&#x017F;ie kann dem ru&#x0364;ck-<lb/>
bleibenden Kelche (<hi rendition="#aq">Calix</hi>), am Eier&#x017F;tocke der Vo&#x0364;gel vergli-<lb/>
chen werden) und die&#x017F;e i&#x017F;t es, welche den Namen des gel-<lb/>
ben Ko&#x0364;rpers (<hi rendition="#aq">Corpus luteum</hi>), in &#x017F;ofern man dadurch die<lb/>
Spur eines abgelo&#x0364;&#x017F;ten Eychens bezeichnen will, wirklich ver-<lb/>
dient; dahingegen &#x017F;ich an Men&#x017F;chen- und Thierleichen o&#x0364;&#x017F;ters<lb/>
krankhaft gebildete und vergro&#x0364;ßerte Eibla&#x0364;schen an der Ober-<lb/>
fla&#x0364;che der Ovarien vorfinden, welche ihrer Natur nach nie zu<lb/>
wirklichen Fru&#x0364;chten &#x017F;ich ablo&#x0364;&#x017F;en ko&#x0364;nnen, und &#x017F;omit auch durch-<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0031] den Geſchlechtsreiz hoͤher geſteigerten produktiven Thaͤtigkeit derſelben wirklich entwickelt zeigen, die Schwangerſchaften außerhalb der Gebaͤrmutter u. ſ. w. beweiſen wohl hinrei- chend, daß wirklich an dem Eyerſtocke das erſte Rudiment des neuen Organismus aus dem muͤtterlichen hervorwachſe, jedoch ſo, daß es beim Menſchen bereits innerhalb eines Zeitraumes von 2 bis 3 Tagen ſich abſondert, um ſpaͤter- hin in dem Uterus zu voͤlliger Reife gebildet zu werden; welche zeitige Abſonderung gewiß fuͤr die Selbſtſtaͤndigkeit und hoͤhere Entwickelungsfaͤhigkeit des Fetus eben ſo wichtig iſt, als die §. 642 angegebene Eigenthuͤmlichkeit. §. 646. Die Keime uͤbrigens, welche auf den Ovarien durch den Begattungsreiz gebildet werden, ſind namentlich von Oſian- der und Oken einem blaſigen Exanthem verglichen worden, und Erſterer hat hierbei noch die allerdings zu beachtende, obwohl noch ſehr triftige Beweiſe fordernde Hypotheſe auf- geſtellt, daß bei der erſten Empfaͤngniß ſchon mehrere Eiblaͤs- chen erzeugt werden koͤnnten, welche dann erſt bei nachfolgender Befruchtung wirklich zur Reife gediehen, und ſich abloͤſten *). — Da wo ſich ein ſolches Blaͤschen wirklich abgeloͤſt hat, bleibt am Eierſtock eine kleine Narbe zuruͤck (ſie kann dem ruͤck- bleibenden Kelche (Calix), am Eierſtocke der Voͤgel vergli- chen werden) und dieſe iſt es, welche den Namen des gel- ben Koͤrpers (Corpus luteum), in ſofern man dadurch die Spur eines abgeloͤſten Eychens bezeichnen will, wirklich ver- dient; dahingegen ſich an Menſchen- und Thierleichen oͤſters krankhaft gebildete und vergroͤßerte Eiblaͤschen an der Ober- flaͤche der Ovarien vorfinden, welche ihrer Natur nach nie zu wirklichen Fruͤchten ſich abloͤſen koͤnnen, und ſomit auch durch- *) Oſiander’s Hantbuch der Entbindungskunſt Th. I. S. 252. Ein Fall, welcher als Beſtaͤtigung dieſer Meinung dienen ſoll, iſt von Wendelſtadt in Hufeland’s Journal 1818. 2s Stuͤck mitgetheilt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/31
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/31>, abgerufen am 25.04.2024.