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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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oft nöthig, die Kreisende sich mehr seitwärts wenden zu las-
sen, um höher hinter dem Schambogen heraufdringen zu kön-
nen, stets aber bedarf es hier der größten Vorsicht, um nicht
durch ein zu gewaltsames Verfahren den Bruch des Ober-
armbeins, welcher hierbei sehr leicht erfolgen kann, zu veran-
lassen.

§. 1203.

Endlich ist eins der wichtigsten Geschäfte bei der Ex-
traktion, die Herausbeförderung des Kopfs, und es muß in
dieser Hinsicht zuerst gegen alles gerade heftige Anziehen der
Schultern gewarnt werden, indem ein solches Verfahren selbst
zum Abreißen des Halses führen könnte, und leider, bei einem
rohern Zustande der Entbindungskunst nicht selten geführt hat.
Alles kommt aber hierbei zunächst darauf an, den Kopf auf
eine gute Weise in den Eingang des Beckens, und zwar in
den schiefen Durchmesser desselben zu führen, und sobald er
in die Beckenhöhle herabtritt, die Drehung in den geraden
Durchmesser mit dem Hinterhaupte gegen den Schambogen zu
unterstützen. Ist dieses gelungen, so bedarf es zur Entwicke-
lung des Kopfs gewöhnlich nur des, schon bei der natür-
lichen Fußgeburt beschriebenen Verfahrens, d. i. man läßt
das Kind auf dem Arme, welcher bei der Lösung des
zuletzt herabgeführten Kindesarms, den Rumpf unterstützte,
fortwährend ruhen, geht jedoch mit Zeige- und Mittelfinger
derselben Hand in das Becken ein, um sie neben der Nase an
die Kieferknochen anzusetzen, und das Kinn gegen die Brust
herabzudrängen, führt zugleich von der über dem Rücken des
Kindes befindlichen Hand, dieselben Finger in das Becken ein,
um das Hinterhaupt herauf zu schieben, und den ganzen Kopf
folglich mehr mit seinem langen Durchmesser in die Führungs-
linie des Beckens zu bringen, und sucht nun, durch abwech-
selnde hebelartige Traktionen, welche möglichst durch Wehen
und Pressen unterstützt werden müssen, den Kopf allmählig
aus dem Becken hervorzuleiten.


oft noͤthig, die Kreiſende ſich mehr ſeitwaͤrts wenden zu laſ-
ſen, um hoͤher hinter dem Schambogen heraufdringen zu koͤn-
nen, ſtets aber bedarf es hier der groͤßten Vorſicht, um nicht
durch ein zu gewaltſames Verfahren den Bruch des Ober-
armbeins, welcher hierbei ſehr leicht erfolgen kann, zu veran-
laſſen.

§. 1203.

Endlich iſt eins der wichtigſten Geſchaͤfte bei der Ex-
traktion, die Herausbefoͤrderung des Kopfs, und es muß in
dieſer Hinſicht zuerſt gegen alles gerade heftige Anziehen der
Schultern gewarnt werden, indem ein ſolches Verfahren ſelbſt
zum Abreißen des Halſes fuͤhren koͤnnte, und leider, bei einem
rohern Zuſtande der Entbindungskunſt nicht ſelten gefuͤhrt hat.
Alles kommt aber hierbei zunaͤchſt darauf an, den Kopf auf
eine gute Weiſe in den Eingang des Beckens, und zwar in
den ſchiefen Durchmeſſer deſſelben zu fuͤhren, und ſobald er
in die Beckenhoͤhle herabtritt, die Drehung in den geraden
Durchmeſſer mit dem Hinterhaupte gegen den Schambogen zu
unterſtuͤtzen. Iſt dieſes gelungen, ſo bedarf es zur Entwicke-
lung des Kopfs gewoͤhnlich nur des, ſchon bei der natuͤr-
lichen Fußgeburt beſchriebenen Verfahrens, d. i. man laͤßt
das Kind auf dem Arme, welcher bei der Loͤſung des
zuletzt herabgefuͤhrten Kindesarms, den Rumpf unterſtuͤtzte,
fortwaͤhrend ruhen, geht jedoch mit Zeige- und Mittelfinger
derſelben Hand in das Becken ein, um ſie neben der Naſe an
die Kieferknochen anzuſetzen, und das Kinn gegen die Bruſt
herabzudraͤngen, fuͤhrt zugleich von der uͤber dem Ruͤcken des
Kindes befindlichen Hand, dieſelben Finger in das Becken ein,
um das Hinterhaupt herauf zu ſchieben, und den ganzen Kopf
folglich mehr mit ſeinem langen Durchmeſſer in die Fuͤhrungs-
linie des Beckens zu bringen, und ſucht nun, durch abwech-
ſelnde hebelartige Traktionen, welche moͤglichſt durch Wehen
und Preſſen unterſtuͤtzt werden muͤſſen, den Kopf allmaͤhlig
aus dem Becken hervorzuleiten.


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[333/0357] oft noͤthig, die Kreiſende ſich mehr ſeitwaͤrts wenden zu laſ- ſen, um hoͤher hinter dem Schambogen heraufdringen zu koͤn- nen, ſtets aber bedarf es hier der groͤßten Vorſicht, um nicht durch ein zu gewaltſames Verfahren den Bruch des Ober- armbeins, welcher hierbei ſehr leicht erfolgen kann, zu veran- laſſen. §. 1203. Endlich iſt eins der wichtigſten Geſchaͤfte bei der Ex- traktion, die Herausbefoͤrderung des Kopfs, und es muß in dieſer Hinſicht zuerſt gegen alles gerade heftige Anziehen der Schultern gewarnt werden, indem ein ſolches Verfahren ſelbſt zum Abreißen des Halſes fuͤhren koͤnnte, und leider, bei einem rohern Zuſtande der Entbindungskunſt nicht ſelten gefuͤhrt hat. Alles kommt aber hierbei zunaͤchſt darauf an, den Kopf auf eine gute Weiſe in den Eingang des Beckens, und zwar in den ſchiefen Durchmeſſer deſſelben zu fuͤhren, und ſobald er in die Beckenhoͤhle herabtritt, die Drehung in den geraden Durchmeſſer mit dem Hinterhaupte gegen den Schambogen zu unterſtuͤtzen. Iſt dieſes gelungen, ſo bedarf es zur Entwicke- lung des Kopfs gewoͤhnlich nur des, ſchon bei der natuͤr- lichen Fußgeburt beſchriebenen Verfahrens, d. i. man laͤßt das Kind auf dem Arme, welcher bei der Loͤſung des zuletzt herabgefuͤhrten Kindesarms, den Rumpf unterſtuͤtzte, fortwaͤhrend ruhen, geht jedoch mit Zeige- und Mittelfinger derſelben Hand in das Becken ein, um ſie neben der Naſe an die Kieferknochen anzuſetzen, und das Kinn gegen die Bruſt herabzudraͤngen, fuͤhrt zugleich von der uͤber dem Ruͤcken des Kindes befindlichen Hand, dieſelben Finger in das Becken ein, um das Hinterhaupt herauf zu ſchieben, und den ganzen Kopf folglich mehr mit ſeinem langen Durchmeſſer in die Fuͤhrungs- linie des Beckens zu bringen, und ſucht nun, durch abwech- ſelnde hebelartige Traktionen, welche moͤglichſt durch Wehen und Preſſen unterſtuͤtzt werden muͤſſen, den Kopf allmaͤhlig aus dem Becken hervorzuleiten.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/357>, abgerufen am 25.04.2024.