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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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Weise angenommen werden kann, und ferner die Fälle, wo
ein sehr kleiner mit einem größern Zwillinge zugleich geboren
wurde, oder ein Zwilling mehrere Wochen später als der
erste zur Welt kam, hier gar nicht als beweisend anzu-
nehmen sind, da dieses alles sich weit einfacher aus der ver-
schiedenen Entwickelung erklären läßt, welches um so mehr
berücksichtigt werden muß, da man ja zuweilen wohl selbst
untereinander verwachsene (und also gewiß zugleich erzeugte)
Zwillinge von äußerst verschiedener Größe antrifft *) -- Bei
einem doppelten Uterus hingegen kann allerdings eine Ue-
berschwängerung Statt finden, und obwohl auch bei doppelter
Gebärmutter am häufigsten nur eine Höhle schwanger wird,
so ist doch auch das Gegentheil vorgekommen, wie der von
P. Fr. Meckel in der Note zu Baudeloque **) er-
wähnte, in der Hunterschen Sammlung befindliche Fall ei-
ner doppelten Gebärmutter erweist, wo ein ausgetragenes
Kind auf der einen Seite, eines von vier Monaten auf der
andern Seite sich vorfindet.

3. Entwickelungsgeschichte der Frucht.
§. 658.

Die menschliche Frucht folgt in ihrer Entwickelung der
Art und Weise der organischen Körper überhaupt, d. i. sie
wird ein Vielgliedriges, ein Mannigfaltiges aus einem
Einfachen, nicht durch Zusammensetzung mehrerer ursprüng-
lich Getrennter, sondern durch Trennung eines ursprünglich
Einfachen.

§. 659.

Die einfachste Gestaltung alles Organischen aber ist die
Kugelform, in welcher daher das Flüssige, sobald es Gestalt

*) Ein sehr merkwürdiges Präparat dieser Art findet sich in der
Sammlung der hiesigen Entbindungsanstalt.
**) Baudeloque's Entbindungskunst v. Meckel II. Thl. 316.

Weiſe angenommen werden kann, und ferner die Faͤlle, wo
ein ſehr kleiner mit einem groͤßern Zwillinge zugleich geboren
wurde, oder ein Zwilling mehrere Wochen ſpaͤter als der
erſte zur Welt kam, hier gar nicht als beweiſend anzu-
nehmen ſind, da dieſes alles ſich weit einfacher aus der ver-
ſchiedenen Entwickelung erklaͤren laͤßt, welches um ſo mehr
beruͤckſichtigt werden muß, da man ja zuweilen wohl ſelbſt
untereinander verwachſene (und alſo gewiß zugleich erzeugte)
Zwillinge von aͤußerſt verſchiedener Groͤße antrifft *) — Bei
einem doppelten Uterus hingegen kann allerdings eine Ue-
berſchwaͤngerung Statt finden, und obwohl auch bei doppelter
Gebaͤrmutter am haͤufigſten nur eine Hoͤhle ſchwanger wird,
ſo iſt doch auch das Gegentheil vorgekommen, wie der von
P. Fr. Meckel in der Note zu Baudeloque **) er-
waͤhnte, in der Hunterſchen Sammlung befindliche Fall ei-
ner doppelten Gebaͤrmutter erweiſt, wo ein ausgetragenes
Kind auf der einen Seite, eines von vier Monaten auf der
andern Seite ſich vorfindet.

3. Entwickelungsgeſchichte der Frucht.
§. 658.

Die menſchliche Frucht folgt in ihrer Entwickelung der
Art und Weiſe der organiſchen Koͤrper uͤberhaupt, d. i. ſie
wird ein Vielgliedriges, ein Mannigfaltiges aus einem
Einfachen, nicht durch Zuſammenſetzung mehrerer urſpruͤng-
lich Getrennter, ſondern durch Trennung eines urſpruͤnglich
Einfachen.

§. 659.

Die einfachſte Geſtaltung alles Organiſchen aber iſt die
Kugelform, in welcher daher das Fluͤſſige, ſobald es Geſtalt

*) Ein ſehr merkwuͤrdiges Praͤparat dieſer Art findet ſich in der
Sammlung der hieſigen Entbindungsanſtalt.
**) Baudeloque’s Entbindungskunſt v. Meckel II. Thl. 316.
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[16/0038] Weiſe angenommen werden kann, und ferner die Faͤlle, wo ein ſehr kleiner mit einem groͤßern Zwillinge zugleich geboren wurde, oder ein Zwilling mehrere Wochen ſpaͤter als der erſte zur Welt kam, hier gar nicht als beweiſend anzu- nehmen ſind, da dieſes alles ſich weit einfacher aus der ver- ſchiedenen Entwickelung erklaͤren laͤßt, welches um ſo mehr beruͤckſichtigt werden muß, da man ja zuweilen wohl ſelbſt untereinander verwachſene (und alſo gewiß zugleich erzeugte) Zwillinge von aͤußerſt verſchiedener Groͤße antrifft *) — Bei einem doppelten Uterus hingegen kann allerdings eine Ue- berſchwaͤngerung Statt finden, und obwohl auch bei doppelter Gebaͤrmutter am haͤufigſten nur eine Hoͤhle ſchwanger wird, ſo iſt doch auch das Gegentheil vorgekommen, wie der von P. Fr. Meckel in der Note zu Baudeloque **) er- waͤhnte, in der Hunterſchen Sammlung befindliche Fall ei- ner doppelten Gebaͤrmutter erweiſt, wo ein ausgetragenes Kind auf der einen Seite, eines von vier Monaten auf der andern Seite ſich vorfindet. 3. Entwickelungsgeſchichte der Frucht. §. 658. Die menſchliche Frucht folgt in ihrer Entwickelung der Art und Weiſe der organiſchen Koͤrper uͤberhaupt, d. i. ſie wird ein Vielgliedriges, ein Mannigfaltiges aus einem Einfachen, nicht durch Zuſammenſetzung mehrerer urſpruͤng- lich Getrennter, ſondern durch Trennung eines urſpruͤnglich Einfachen. §. 659. Die einfachſte Geſtaltung alles Organiſchen aber iſt die Kugelform, in welcher daher das Fluͤſſige, ſobald es Geſtalt *) Ein ſehr merkwuͤrdiges Praͤparat dieſer Art findet ſich in der Sammlung der hieſigen Entbindungsanſtalt. **) Baudeloque’s Entbindungskunſt v. Meckel II. Thl. 316.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/38>, abgerufen am 23.04.2024.