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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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Mittelfinger der linken Hand, indem man sie in die Geburts-
theile einführt, zum Aufsuchen einer Nath oder Fontanelle,
und läßt die Spitzen derselben an der Stelle, welche zum
Perforiren sich am meisten zu eignen scheint, ruhen. Hierauf
faßt man (sobald man sich des scheerenförmigen Perforatoriums
bedient) das erwärmte Instrument an den Griffen, und leitet
es auf jenen zwei Fingern vorsichtig, und stets der Führungs-
linie des Beckens angemessen, herauf, setzt dann die Spitze
an die Nath oder Fontanelle sicher ein, richtet die Fläche des
Perforatoriums so, daß die beiden Schneiden desselben in der
Richtung einer Kopfnath eindringen müssen, und drängt so-
dann die ganze Spitze, bis zur größten Breite der Scheeren-
blätter in den Kopf ein.

§. 1252.

Da nun aber die einfache Stich- und Schnittwunde
welche dadurch entsteht, nicht zur Entleerung des Gehirns aus-
reicht, so ist man genöthigt sofort das Instrument mehrere-
male umzudrehen, die Griffe zu öffnen (und zwar in ver-
schiedenen Richtungen), und auf diese Weise zugleich die Hirn-
häute und Gefäße mehr zu zerstören, damit das Ausfließen
des Gehirns leichter erfolge. Ist auf diese Weise nun eine
hinlängliche Oeffnung gebildet, so führt man das Perforato-
rium vorsichtig wieder aus den Geburtstheilen hervor, und,
dafern nicht andere Umstände die Beschleunigung der Geburt
dringend fordern, läßt man den Kopf durch gehörig verarbei-
tete Wehen mehr zusammenpressen und durch das Becken
hindurchtreiben, welches, je mehr das Gehirn ausfließt, ge-
wöhnlich auch um so leichter geschieht. Sind hingegen Um-
stände vorhanden, welche auf Beschleunigung der Geburt drin-
gen, so macht man entweder, wenn die Zange etwa noch am
Kopfe fest liegt, noch einige Traktionen, oder welches in der
Regel hier weit zweckmäßiger ist, man bedient sich zur Been-
digung der Geburt des kleinern Endes vom stumpfen Haken
Smellie's.


Mittelfinger der linken Hand, indem man ſie in die Geburts-
theile einfuͤhrt, zum Aufſuchen einer Nath oder Fontanelle,
und laͤßt die Spitzen derſelben an der Stelle, welche zum
Perforiren ſich am meiſten zu eignen ſcheint, ruhen. Hierauf
faßt man (ſobald man ſich des ſcheerenfoͤrmigen Perforatoriums
bedient) das erwaͤrmte Inſtrument an den Griffen, und leitet
es auf jenen zwei Fingern vorſichtig, und ſtets der Fuͤhrungs-
linie des Beckens angemeſſen, herauf, ſetzt dann die Spitze
an die Nath oder Fontanelle ſicher ein, richtet die Flaͤche des
Perforatoriums ſo, daß die beiden Schneiden deſſelben in der
Richtung einer Kopfnath eindringen muͤſſen, und draͤngt ſo-
dann die ganze Spitze, bis zur groͤßten Breite der Scheeren-
blaͤtter in den Kopf ein.

§. 1252.

Da nun aber die einfache Stich- und Schnittwunde
welche dadurch entſteht, nicht zur Entleerung des Gehirns aus-
reicht, ſo iſt man genoͤthigt ſofort das Inſtrument mehrere-
male umzudrehen, die Griffe zu oͤffnen (und zwar in ver-
ſchiedenen Richtungen), und auf dieſe Weiſe zugleich die Hirn-
haͤute und Gefaͤße mehr zu zerſtoͤren, damit das Ausfließen
des Gehirns leichter erfolge. Iſt auf dieſe Weiſe nun eine
hinlaͤngliche Oeffnung gebildet, ſo fuͤhrt man das Perforato-
rium vorſichtig wieder aus den Geburtstheilen hervor, und,
dafern nicht andere Umſtaͤnde die Beſchleunigung der Geburt
dringend fordern, laͤßt man den Kopf durch gehoͤrig verarbei-
tete Wehen mehr zuſammenpreſſen und durch das Becken
hindurchtreiben, welches, je mehr das Gehirn ausfließt, ge-
woͤhnlich auch um ſo leichter geſchieht. Sind hingegen Um-
ſtaͤnde vorhanden, welche auf Beſchleunigung der Geburt drin-
gen, ſo macht man entweder, wenn die Zange etwa noch am
Kopfe feſt liegt, noch einige Traktionen, oder welches in der
Regel hier weit zweckmaͤßiger iſt, man bedient ſich zur Been-
digung der Geburt des kleinern Endes vom ſtumpfen Haken
Smellie’s.


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[363/0387] Mittelfinger der linken Hand, indem man ſie in die Geburts- theile einfuͤhrt, zum Aufſuchen einer Nath oder Fontanelle, und laͤßt die Spitzen derſelben an der Stelle, welche zum Perforiren ſich am meiſten zu eignen ſcheint, ruhen. Hierauf faßt man (ſobald man ſich des ſcheerenfoͤrmigen Perforatoriums bedient) das erwaͤrmte Inſtrument an den Griffen, und leitet es auf jenen zwei Fingern vorſichtig, und ſtets der Fuͤhrungs- linie des Beckens angemeſſen, herauf, ſetzt dann die Spitze an die Nath oder Fontanelle ſicher ein, richtet die Flaͤche des Perforatoriums ſo, daß die beiden Schneiden deſſelben in der Richtung einer Kopfnath eindringen muͤſſen, und draͤngt ſo- dann die ganze Spitze, bis zur groͤßten Breite der Scheeren- blaͤtter in den Kopf ein. §. 1252. Da nun aber die einfache Stich- und Schnittwunde welche dadurch entſteht, nicht zur Entleerung des Gehirns aus- reicht, ſo iſt man genoͤthigt ſofort das Inſtrument mehrere- male umzudrehen, die Griffe zu oͤffnen (und zwar in ver- ſchiedenen Richtungen), und auf dieſe Weiſe zugleich die Hirn- haͤute und Gefaͤße mehr zu zerſtoͤren, damit das Ausfließen des Gehirns leichter erfolge. Iſt auf dieſe Weiſe nun eine hinlaͤngliche Oeffnung gebildet, ſo fuͤhrt man das Perforato- rium vorſichtig wieder aus den Geburtstheilen hervor, und, dafern nicht andere Umſtaͤnde die Beſchleunigung der Geburt dringend fordern, laͤßt man den Kopf durch gehoͤrig verarbei- tete Wehen mehr zuſammenpreſſen und durch das Becken hindurchtreiben, welches, je mehr das Gehirn ausfließt, ge- woͤhnlich auch um ſo leichter geſchieht. Sind hingegen Um- ſtaͤnde vorhanden, welche auf Beſchleunigung der Geburt drin- gen, ſo macht man entweder, wenn die Zange etwa noch am Kopfe feſt liegt, noch einige Traktionen, oder welches in der Regel hier weit zweckmaͤßiger iſt, man bedient ſich zur Been- digung der Geburt des kleinern Endes vom ſtumpfen Haken Smellie’s.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/387>, abgerufen am 24.04.2024.