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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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denkaiserschnitt betrifft, so lassen sich auch darüber kaum all-
gemeine Regeln aufstellen, indem alles Nähere auch hier durch
die jedesmaligen Umstände bestimmt werden muß, das Ein-
schneiden des Scheidengewölbes selbst aber, nicht allzugroße
Schwierigkeiten findet, sondern mit einem bis gegen die Spitze
umwickelten Bistouri, nachdem man mit der ganzen Hand in
die Mutterscheide eingegangen ist, bei gehöriger Vorsicht sehr
wohl ausgeführt werden kann.

3.
Vom Schamfugenschnitte. (Synchondrotomia.)
§. 1299.

Eine Operation welche sich ursprünglich auf die irrige
Ansicht vom Mechanismus des natürlichen Geburtsgeschäfts
gründet, zu Folge welcher man annahm, daß die Schamkno-
chen während dem Durchgange des Kindes jedesmal vonein-
anderweichen müßten, als wodurch man auf die Idee geleitet
wurde, daß die Erleichterung der Geburt bei einem engen
Becken vorzüglich dadurch bewerkstelligt werden könnte, wenn
man ein recht bedeutendes Auseinanderweichen der Seitenwand-
beine durch Trennung des Schoosknorpels möglich machte.
Inwiefern indeß diese Voraussetzung irrig ist, muß auch die
daraus gezogene Folgerung unrichtig werden, und wir können
daher, wie noch weiter bewiesen werden soll, diese Operation
als ein Erleichterungsmittel der durch verengertes Becken er-
schwerten Geburt, keinesweges mehr zuläßig erklären, und füh-
ren sie daher nur geschichtlich mit auf, zugleich bemerkend,
daß sie vielleicht noch einzig in Fällen der zurückgebeugten,
und durch starke Einklemmung alle Repositionsversuche verei-
telnden Gebärmutter, Anwendung finden dürfte.

§. 1300.

Die Operation des Schamfugenschnittes wurde übrigens
zuerst 1768 von Sigault in der Academie zu Paris vorge-

denkaiſerſchnitt betrifft, ſo laſſen ſich auch daruͤber kaum all-
gemeine Regeln aufſtellen, indem alles Naͤhere auch hier durch
die jedesmaligen Umſtaͤnde beſtimmt werden muß, das Ein-
ſchneiden des Scheidengewoͤlbes ſelbſt aber, nicht allzugroße
Schwierigkeiten findet, ſondern mit einem bis gegen die Spitze
umwickelten Biſtouri, nachdem man mit der ganzen Hand in
die Mutterſcheide eingegangen iſt, bei gehoͤriger Vorſicht ſehr
wohl ausgefuͤhrt werden kann.

3.
Vom Schamfugenſchnitte. (Synchondrotomia.)
§. 1299.

Eine Operation welche ſich urſpruͤnglich auf die irrige
Anſicht vom Mechanismus des natuͤrlichen Geburtsgeſchaͤfts
gruͤndet, zu Folge welcher man annahm, daß die Schamkno-
chen waͤhrend dem Durchgange des Kindes jedesmal vonein-
anderweichen muͤßten, als wodurch man auf die Idee geleitet
wurde, daß die Erleichterung der Geburt bei einem engen
Becken vorzuͤglich dadurch bewerkſtelligt werden koͤnnte, wenn
man ein recht bedeutendes Auseinanderweichen der Seitenwand-
beine durch Trennung des Schoosknorpels moͤglich machte.
Inwiefern indeß dieſe Vorausſetzung irrig iſt, muß auch die
daraus gezogene Folgerung unrichtig werden, und wir koͤnnen
daher, wie noch weiter bewieſen werden ſoll, dieſe Operation
als ein Erleichterungsmittel der durch verengertes Becken er-
ſchwerten Geburt, keinesweges mehr zulaͤßig erklaͤren, und fuͤh-
ren ſie daher nur geſchichtlich mit auf, zugleich bemerkend,
daß ſie vielleicht noch einzig in Faͤllen der zuruͤckgebeugten,
und durch ſtarke Einklemmung alle Repoſitionsverſuche verei-
telnden Gebaͤrmutter, Anwendung finden duͤrfte.

§. 1300.

Die Operation des Schamfugenſchnittes wurde uͤbrigens
zuerſt 1768 von Sigault in der Academie zu Paris vorge-

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[389/0413] denkaiſerſchnitt betrifft, ſo laſſen ſich auch daruͤber kaum all- gemeine Regeln aufſtellen, indem alles Naͤhere auch hier durch die jedesmaligen Umſtaͤnde beſtimmt werden muß, das Ein- ſchneiden des Scheidengewoͤlbes ſelbſt aber, nicht allzugroße Schwierigkeiten findet, ſondern mit einem bis gegen die Spitze umwickelten Biſtouri, nachdem man mit der ganzen Hand in die Mutterſcheide eingegangen iſt, bei gehoͤriger Vorſicht ſehr wohl ausgefuͤhrt werden kann. 3. Vom Schamfugenſchnitte. (Synchondrotomia.) §. 1299. Eine Operation welche ſich urſpruͤnglich auf die irrige Anſicht vom Mechanismus des natuͤrlichen Geburtsgeſchaͤfts gruͤndet, zu Folge welcher man annahm, daß die Schamkno- chen waͤhrend dem Durchgange des Kindes jedesmal vonein- anderweichen muͤßten, als wodurch man auf die Idee geleitet wurde, daß die Erleichterung der Geburt bei einem engen Becken vorzuͤglich dadurch bewerkſtelligt werden koͤnnte, wenn man ein recht bedeutendes Auseinanderweichen der Seitenwand- beine durch Trennung des Schoosknorpels moͤglich machte. Inwiefern indeß dieſe Vorausſetzung irrig iſt, muß auch die daraus gezogene Folgerung unrichtig werden, und wir koͤnnen daher, wie noch weiter bewieſen werden ſoll, dieſe Operation als ein Erleichterungsmittel der durch verengertes Becken er- ſchwerten Geburt, keinesweges mehr zulaͤßig erklaͤren, und fuͤh- ren ſie daher nur geſchichtlich mit auf, zugleich bemerkend, daß ſie vielleicht noch einzig in Faͤllen der zuruͤckgebeugten, und durch ſtarke Einklemmung alle Repoſitionsverſuche verei- telnden Gebaͤrmutter, Anwendung finden duͤrfte. §. 1300. Die Operation des Schamfugenſchnittes wurde uͤbrigens zuerſt 1768 von Sigault in der Academie zu Paris vorge-

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/413>, abgerufen am 29.03.2024.