Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht andere Symptome, als Blutung, Abgang von Meco-
nium
u. s. w. die Hülfe beschleunigen müssen. Tritt aber
endlich völliger Stillstand im Vorrücken des Kindes ein, ver-
mögen auch jene dynamischen Mittel nicht dasselbe zu fördern,
so darf mit der operativen Hülfe nicht länger gesäumt werden
und das Anlegen der Zange ist dann ein vorzügliches Hülfsmittel.

§. 1367.

Eber dieselben Regeln gelten denn auch bei Geburten
wo die Füße vorangehen, so lange der Kopf noch über dem
Becken sich befindet, ist hingegen der Rumpf des Kindes be-
reits geboren, so indicirt dieß nothwendig, sobald jetzt solche
Unthätigkeit im Uterus eintritt, das Anwenden der früher be-
schriebenen Operationen zur künstlichen Entwickelung desselben.

§. 1368.

Eine besondere Betrachtung fordert endlich die Wirkung
und Behandlung der Schwäche des Uterus in der fünften
Geburtsperiode
, allwo dieselbe für den mütterlichen Kör-
per oft die größten Gefahren herbeiführt. Diese bestehen in
Nachgeburtszögerungen, Blutungen und fehlerhaften Lagen des
Uterus. Hier ist nur von den beiden erstern zu sprechen. --
Die Nachgeburtszögerungen von Schwäche des Uterus abhän-
gig, werden erkannt an dem Mangel der Nachgeburtswehen,
an der gleichförmigen Schlaffheit und beträchtlichen Größe
des Uterus, und an der eintretenden oft sehr starken Blutung
so wie ein Theil der Placenta sich zu lösen beginnt. Die
Behandlung derselben erfordert große Vorsicht. So lange die
Placenta noch nicht sich trennt und weder äußerlich Blut
abgeht, noch innerlich in die Gebärmutterhöhle sich dessen er-
gießt, wird strenge Ruhe und besonders Vermeidung jedes
auch des schwächsten Zuges am Nabelstrange zur ersten Pflicht
(stärkeres Ziehen bringt eben theils Blutung, theils Umstül-
pung der Gebärmutter nur allzuleicht hervor). Oft sammelt
sich in einigen Stunden die Geburtskraft von neuem, und
die Ausstoßung der Nachgeburt erfolgt dann regelmäßig.


nicht andere Symptome, als Blutung, Abgang von Meco-
nium
u. ſ. w. die Huͤlfe beſchleunigen muͤſſen. Tritt aber
endlich voͤlliger Stillſtand im Vorruͤcken des Kindes ein, ver-
moͤgen auch jene dynamiſchen Mittel nicht daſſelbe zu foͤrdern,
ſo darf mit der operativen Huͤlfe nicht laͤnger geſaͤumt werden
und das Anlegen der Zange iſt dann ein vorzuͤgliches Huͤlfsmittel.

§. 1367.

Eber dieſelben Regeln gelten denn auch bei Geburten
wo die Fuͤße vorangehen, ſo lange der Kopf noch uͤber dem
Becken ſich befindet, iſt hingegen der Rumpf des Kindes be-
reits geboren, ſo indicirt dieß nothwendig, ſobald jetzt ſolche
Unthaͤtigkeit im Uterus eintritt, das Anwenden der fruͤher be-
ſchriebenen Operationen zur kuͤnſtlichen Entwickelung deſſelben.

§. 1368.

Eine beſondere Betrachtung fordert endlich die Wirkung
und Behandlung der Schwaͤche des Uterus in der fuͤnften
Geburtsperiode
, allwo dieſelbe fuͤr den muͤtterlichen Koͤr-
per oft die groͤßten Gefahren herbeifuͤhrt. Dieſe beſtehen in
Nachgeburtszoͤgerungen, Blutungen und fehlerhaften Lagen des
Uterus. Hier iſt nur von den beiden erſtern zu ſprechen. —
Die Nachgeburtszoͤgerungen von Schwaͤche des Uterus abhaͤn-
gig, werden erkannt an dem Mangel der Nachgeburtswehen,
an der gleichfoͤrmigen Schlaffheit und betraͤchtlichen Groͤße
des Uterus, und an der eintretenden oft ſehr ſtarken Blutung
ſo wie ein Theil der Placenta ſich zu loͤſen beginnt. Die
Behandlung derſelben erfordert große Vorſicht. So lange die
Placenta noch nicht ſich trennt und weder aͤußerlich Blut
abgeht, noch innerlich in die Gebaͤrmutterhoͤhle ſich deſſen er-
gießt, wird ſtrenge Ruhe und beſonders Vermeidung jedes
auch des ſchwaͤchſten Zuges am Nabelſtrange zur erſten Pflicht
(ſtaͤrkeres Ziehen bringt eben theils Blutung, theils Umſtuͤl-
pung der Gebaͤrmutter nur allzuleicht hervor). Oft ſammelt
ſich in einigen Stunden die Geburtskraft von neuem, und
die Ausſtoßung der Nachgeburt erfolgt dann regelmaͤßig.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0455" n="429"/>
nicht andere Symptome, als Blutung, Abgang von <hi rendition="#aq">Meco-<lb/>
nium</hi> u. &#x017F;. w. die Hu&#x0364;lfe be&#x017F;chleunigen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Tritt aber<lb/>
endlich vo&#x0364;lliger Still&#x017F;tand im Vorru&#x0364;cken des Kindes ein, ver-<lb/>
mo&#x0364;gen auch jene dynami&#x017F;chen Mittel nicht da&#x017F;&#x017F;elbe zu fo&#x0364;rdern,<lb/>
&#x017F;o darf mit der operativen Hu&#x0364;lfe nicht la&#x0364;nger ge&#x017F;a&#x0364;umt werden<lb/>
und das Anlegen der Zange i&#x017F;t dann ein vorzu&#x0364;gliches Hu&#x0364;lfsmittel.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1367.</head><lb/>
                          <p>Eber die&#x017F;elben Regeln gelten denn auch bei Geburten<lb/>
wo die Fu&#x0364;ße vorangehen, &#x017F;o lange der Kopf noch <hi rendition="#g">u&#x0364;ber</hi> dem<lb/>
Becken &#x017F;ich befindet, i&#x017F;t hingegen der Rumpf des Kindes be-<lb/>
reits geboren, &#x017F;o indicirt dieß nothwendig, &#x017F;obald jetzt &#x017F;olche<lb/>
Untha&#x0364;tigkeit im Uterus eintritt, das Anwenden der fru&#x0364;her be-<lb/>
&#x017F;chriebenen Operationen zur ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Entwickelung de&#x017F;&#x017F;elben.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1368.</head><lb/>
                          <p>Eine be&#x017F;ondere Betrachtung fordert endlich die Wirkung<lb/>
und Behandlung der Schwa&#x0364;che des Uterus in der <hi rendition="#g">fu&#x0364;nften<lb/>
Geburtsperiode</hi>, allwo die&#x017F;elbe fu&#x0364;r den mu&#x0364;tterlichen Ko&#x0364;r-<lb/>
per oft die gro&#x0364;ßten Gefahren herbeifu&#x0364;hrt. Die&#x017F;e be&#x017F;tehen in<lb/>
Nachgeburtszo&#x0364;gerungen, Blutungen und fehlerhaften Lagen des<lb/>
Uterus. Hier i&#x017F;t nur von den beiden er&#x017F;tern zu &#x017F;prechen. &#x2014;<lb/>
Die Nachgeburtszo&#x0364;gerungen von Schwa&#x0364;che des Uterus abha&#x0364;n-<lb/>
gig, werden erkannt an dem Mangel der Nachgeburtswehen,<lb/>
an der gleichfo&#x0364;rmigen Schlaffheit und betra&#x0364;chtlichen Gro&#x0364;ße<lb/>
des Uterus, und an der eintretenden oft &#x017F;ehr &#x017F;tarken Blutung<lb/>
&#x017F;o wie ein Theil der Placenta &#x017F;ich zu lo&#x0364;&#x017F;en beginnt. Die<lb/>
Behandlung der&#x017F;elben erfordert große Vor&#x017F;icht. So lange die<lb/>
Placenta noch nicht &#x017F;ich trennt und weder a&#x0364;ußerlich Blut<lb/>
abgeht, noch innerlich in die Geba&#x0364;rmutterho&#x0364;hle &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en er-<lb/>
gießt, wird &#x017F;trenge Ruhe und be&#x017F;onders Vermeidung jedes<lb/>
auch des &#x017F;chwa&#x0364;ch&#x017F;ten Zuges am Nabel&#x017F;trange zur er&#x017F;ten Pflicht<lb/>
(&#x017F;ta&#x0364;rkeres Ziehen bringt eben theils Blutung, theils Um&#x017F;tu&#x0364;l-<lb/>
pung der Geba&#x0364;rmutter nur allzuleicht hervor). Oft &#x017F;ammelt<lb/>
&#x017F;ich in einigen Stunden die Geburtskraft von neuem, und<lb/>
die Aus&#x017F;toßung der Nachgeburt erfolgt dann regelma&#x0364;ßig.</p>
                        </div><lb/>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[429/0455] nicht andere Symptome, als Blutung, Abgang von Meco- nium u. ſ. w. die Huͤlfe beſchleunigen muͤſſen. Tritt aber endlich voͤlliger Stillſtand im Vorruͤcken des Kindes ein, ver- moͤgen auch jene dynamiſchen Mittel nicht daſſelbe zu foͤrdern, ſo darf mit der operativen Huͤlfe nicht laͤnger geſaͤumt werden und das Anlegen der Zange iſt dann ein vorzuͤgliches Huͤlfsmittel. §. 1367. Eber dieſelben Regeln gelten denn auch bei Geburten wo die Fuͤße vorangehen, ſo lange der Kopf noch uͤber dem Becken ſich befindet, iſt hingegen der Rumpf des Kindes be- reits geboren, ſo indicirt dieß nothwendig, ſobald jetzt ſolche Unthaͤtigkeit im Uterus eintritt, das Anwenden der fruͤher be- ſchriebenen Operationen zur kuͤnſtlichen Entwickelung deſſelben. §. 1368. Eine beſondere Betrachtung fordert endlich die Wirkung und Behandlung der Schwaͤche des Uterus in der fuͤnften Geburtsperiode, allwo dieſelbe fuͤr den muͤtterlichen Koͤr- per oft die groͤßten Gefahren herbeifuͤhrt. Dieſe beſtehen in Nachgeburtszoͤgerungen, Blutungen und fehlerhaften Lagen des Uterus. Hier iſt nur von den beiden erſtern zu ſprechen. — Die Nachgeburtszoͤgerungen von Schwaͤche des Uterus abhaͤn- gig, werden erkannt an dem Mangel der Nachgeburtswehen, an der gleichfoͤrmigen Schlaffheit und betraͤchtlichen Groͤße des Uterus, und an der eintretenden oft ſehr ſtarken Blutung ſo wie ein Theil der Placenta ſich zu loͤſen beginnt. Die Behandlung derſelben erfordert große Vorſicht. So lange die Placenta noch nicht ſich trennt und weder aͤußerlich Blut abgeht, noch innerlich in die Gebaͤrmutterhoͤhle ſich deſſen er- gießt, wird ſtrenge Ruhe und beſonders Vermeidung jedes auch des ſchwaͤchſten Zuges am Nabelſtrange zur erſten Pflicht (ſtaͤrkeres Ziehen bringt eben theils Blutung, theils Umſtuͤl- pung der Gebaͤrmutter nur allzuleicht hervor). Oft ſammelt ſich in einigen Stunden die Geburtskraft von neuem, und die Ausſtoßung der Nachgeburt erfolgt dann regelmaͤßig.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/455
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/455>, abgerufen am 23.04.2024.