Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 1423.

Rücksichtlich der Behandlung muß man die Behandlung
während der Geburt, und die schon während der Schwanger-
schaft anwendbare unterscheiden. Was die erstere betrifft, so
ist vorzüglich auf die Lage des Kopfes zu achten und dieselbe
wo möglich auf die Weise zu leiten, daß dessen größere Durch-
messer in die größte Weite des Beckens (also im Eingange
mehr im Querdurchmesser, welcher gewöhnlich selbst bei sehr
verengertem Becken eine gewiße Weite behält) gestellt werden.
Bei vorausgehendem Kopf muß dieß, so lange er noch be-
weglich ist, durch das bei der Wendung auf den Kopf be-
schriebene Verfahren bewirkt werden, und ist dieses nicht mög-
lich, so wird man bei der Wendung auf die Füße es gewöhn-
lich leichter bewerkstelligen können, und dadurch die gefährliche
Perforation gewöhnlich zu vermeiden im Stande seyn. Ist
aber der Kopf schon wirklich eingekeilt, so muß die Hülfslei-
stung nach den §. 1421. angegebenen Regeln eingeleitet wer-
den. Die Zange, und bei sehr verengertem Becken, und
vollkommen sichern Kennzeichen vom Tode des
Kindes
, das Perforatorium, sind dann die Mittel die
Entbindung zu beendigen. -- Folgt der Kopf zuletzt nach,
so wird nach den bei der Extraktion gegebenen Regeln
(§. 1203. u. f.) auf die vortheilhafte Hereinführung desselben in
das Becken besondere Rücksicht genommen, und bei demunge-
achter Statt findenden Fällen von Einkeilung leistet dann
ebenfalls die Zange oder, bei sicher abgestorbenem Kinde, der
kleine stumpfe Haken Smellie's, schickliche Hülfe. Sel-
ten wird man bei gut eingeleitetem Kopfe, in dieser Lage,
die Perforation nöthig haben, wenigstens habe ich selbst bei
2 3/4 Conjugata ausgetragene Kinder in dieser Stellung ohne
Perforation entbunden, obwohl Eindrücke vom Promontorio
dabei nicht leicht zu vermeiden sind.

§. 1424.

Was die Behandlung während der Schwangerschaft be-
trifft, so gehören dahin zunächst die Vorschläge von Brün-

§. 1423.

Ruͤckſichtlich der Behandlung muß man die Behandlung
waͤhrend der Geburt, und die ſchon waͤhrend der Schwanger-
ſchaft anwendbare unterſcheiden. Was die erſtere betrifft, ſo
iſt vorzuͤglich auf die Lage des Kopfes zu achten und dieſelbe
wo moͤglich auf die Weiſe zu leiten, daß deſſen groͤßere Durch-
meſſer in die groͤßte Weite des Beckens (alſo im Eingange
mehr im Querdurchmeſſer, welcher gewoͤhnlich ſelbſt bei ſehr
verengertem Becken eine gewiße Weite behaͤlt) geſtellt werden.
Bei vorausgehendem Kopf muß dieß, ſo lange er noch be-
weglich iſt, durch das bei der Wendung auf den Kopf be-
ſchriebene Verfahren bewirkt werden, und iſt dieſes nicht moͤg-
lich, ſo wird man bei der Wendung auf die Fuͤße es gewoͤhn-
lich leichter bewerkſtelligen koͤnnen, und dadurch die gefaͤhrliche
Perforation gewoͤhnlich zu vermeiden im Stande ſeyn. Iſt
aber der Kopf ſchon wirklich eingekeilt, ſo muß die Huͤlfslei-
ſtung nach den §. 1421. angegebenen Regeln eingeleitet wer-
den. Die Zange, und bei ſehr verengertem Becken, und
vollkommen ſichern Kennzeichen vom Tode des
Kindes
, das Perforatorium, ſind dann die Mittel die
Entbindung zu beendigen. — Folgt der Kopf zuletzt nach,
ſo wird nach den bei der Extraktion gegebenen Regeln
(§. 1203. u. f.) auf die vortheilhafte Hereinfuͤhrung deſſelben in
das Becken beſondere Ruͤckſicht genommen, und bei demunge-
achter Statt findenden Faͤllen von Einkeilung leiſtet dann
ebenfalls die Zange oder, bei ſicher abgeſtorbenem Kinde, der
kleine ſtumpfe Haken Smellie’s, ſchickliche Huͤlfe. Sel-
ten wird man bei gut eingeleitetem Kopfe, in dieſer Lage,
die Perforation noͤthig haben, wenigſtens habe ich ſelbſt bei
2 ¾ Conjugata ausgetragene Kinder in dieſer Stellung ohne
Perforation entbunden, obwohl Eindruͤcke vom Promontorio
dabei nicht leicht zu vermeiden ſind.

§. 1424.

Was die Behandlung waͤhrend der Schwangerſchaft be-
trifft, ſo gehoͤren dahin zunaͤchſt die Vorſchlaͤge von Bruͤn-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <pb facs="#f0486" n="460"/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 1423.</head><lb/>
                        <p>Ru&#x0364;ck&#x017F;ichtlich der Behandlung muß man die Behandlung<lb/>
wa&#x0364;hrend der Geburt, und die &#x017F;chon wa&#x0364;hrend der Schwanger-<lb/>
&#x017F;chaft anwendbare unter&#x017F;cheiden. Was die er&#x017F;tere betrifft, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t vorzu&#x0364;glich auf die Lage des Kopfes zu achten und die&#x017F;elbe<lb/>
wo mo&#x0364;glich auf die Wei&#x017F;e zu leiten, daß de&#x017F;&#x017F;en gro&#x0364;ßere Durch-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;er in die gro&#x0364;ßte Weite des Beckens (al&#x017F;o im Eingange<lb/>
mehr im Querdurchme&#x017F;&#x017F;er, welcher gewo&#x0364;hnlich &#x017F;elb&#x017F;t bei &#x017F;ehr<lb/>
verengertem Becken eine gewiße Weite beha&#x0364;lt) ge&#x017F;tellt werden.<lb/>
Bei vorausgehendem Kopf muß dieß, &#x017F;o lange er noch be-<lb/>
weglich i&#x017F;t, durch das bei der Wendung auf den Kopf be-<lb/>
&#x017F;chriebene Verfahren bewirkt werden, und i&#x017F;t die&#x017F;es nicht mo&#x0364;g-<lb/>
lich, &#x017F;o wird man bei der Wendung auf die Fu&#x0364;ße es gewo&#x0364;hn-<lb/>
lich leichter bewerk&#x017F;telligen ko&#x0364;nnen, und dadurch die gefa&#x0364;hrliche<lb/>
Perforation gewo&#x0364;hnlich zu vermeiden im Stande &#x017F;eyn. I&#x017F;t<lb/>
aber der Kopf &#x017F;chon wirklich eingekeilt, &#x017F;o muß die Hu&#x0364;lfslei-<lb/>
&#x017F;tung nach den §. 1421. angegebenen Regeln eingeleitet wer-<lb/>
den. Die Zange, und bei &#x017F;ehr verengertem Becken, und<lb/><hi rendition="#g">vollkommen &#x017F;ichern Kennzeichen vom Tode des<lb/>
Kindes</hi>, das <hi rendition="#aq">Perforatorium,</hi> &#x017F;ind dann die Mittel die<lb/>
Entbindung zu beendigen. &#x2014; Folgt der Kopf zuletzt nach,<lb/>
&#x017F;o wird nach den bei der Extraktion gegebenen Regeln<lb/>
(§. 1203. u. f.) auf die vortheilhafte Hereinfu&#x0364;hrung de&#x017F;&#x017F;elben in<lb/>
das Becken be&#x017F;ondere Ru&#x0364;ck&#x017F;icht genommen, und bei demunge-<lb/>
achter Statt findenden Fa&#x0364;llen von Einkeilung lei&#x017F;tet dann<lb/>
ebenfalls die Zange oder, bei &#x017F;icher abge&#x017F;torbenem Kinde, der<lb/>
kleine &#x017F;tumpfe Haken <hi rendition="#g">Smellie&#x2019;s</hi>, &#x017F;chickliche Hu&#x0364;lfe. Sel-<lb/>
ten wird man bei gut eingeleitetem Kopfe, in die&#x017F;er Lage,<lb/>
die Perforation no&#x0364;thig haben, wenig&#x017F;tens habe ich &#x017F;elb&#x017F;t bei<lb/>
2 ¾ <hi rendition="#aq">Conjugata</hi> ausgetragene Kinder in die&#x017F;er Stellung ohne<lb/>
Perforation entbunden, obwohl Eindru&#x0364;cke vom <hi rendition="#aq">Promontorio</hi><lb/>
dabei nicht leicht zu vermeiden &#x017F;ind.</p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 1424.</head><lb/>
                        <p>Was die Behandlung wa&#x0364;hrend der Schwanger&#x017F;chaft be-<lb/>
trifft, &#x017F;o geho&#x0364;ren dahin zuna&#x0364;ch&#x017F;t die Vor&#x017F;chla&#x0364;ge von <hi rendition="#g">Bru&#x0364;n-<lb/></hi></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[460/0486] §. 1423. Ruͤckſichtlich der Behandlung muß man die Behandlung waͤhrend der Geburt, und die ſchon waͤhrend der Schwanger- ſchaft anwendbare unterſcheiden. Was die erſtere betrifft, ſo iſt vorzuͤglich auf die Lage des Kopfes zu achten und dieſelbe wo moͤglich auf die Weiſe zu leiten, daß deſſen groͤßere Durch- meſſer in die groͤßte Weite des Beckens (alſo im Eingange mehr im Querdurchmeſſer, welcher gewoͤhnlich ſelbſt bei ſehr verengertem Becken eine gewiße Weite behaͤlt) geſtellt werden. Bei vorausgehendem Kopf muß dieß, ſo lange er noch be- weglich iſt, durch das bei der Wendung auf den Kopf be- ſchriebene Verfahren bewirkt werden, und iſt dieſes nicht moͤg- lich, ſo wird man bei der Wendung auf die Fuͤße es gewoͤhn- lich leichter bewerkſtelligen koͤnnen, und dadurch die gefaͤhrliche Perforation gewoͤhnlich zu vermeiden im Stande ſeyn. Iſt aber der Kopf ſchon wirklich eingekeilt, ſo muß die Huͤlfslei- ſtung nach den §. 1421. angegebenen Regeln eingeleitet wer- den. Die Zange, und bei ſehr verengertem Becken, und vollkommen ſichern Kennzeichen vom Tode des Kindes, das Perforatorium, ſind dann die Mittel die Entbindung zu beendigen. — Folgt der Kopf zuletzt nach, ſo wird nach den bei der Extraktion gegebenen Regeln (§. 1203. u. f.) auf die vortheilhafte Hereinfuͤhrung deſſelben in das Becken beſondere Ruͤckſicht genommen, und bei demunge- achter Statt findenden Faͤllen von Einkeilung leiſtet dann ebenfalls die Zange oder, bei ſicher abgeſtorbenem Kinde, der kleine ſtumpfe Haken Smellie’s, ſchickliche Huͤlfe. Sel- ten wird man bei gut eingeleitetem Kopfe, in dieſer Lage, die Perforation noͤthig haben, wenigſtens habe ich ſelbſt bei 2 ¾ Conjugata ausgetragene Kinder in dieſer Stellung ohne Perforation entbunden, obwohl Eindruͤcke vom Promontorio dabei nicht leicht zu vermeiden ſind. §. 1424. Was die Behandlung waͤhrend der Schwangerſchaft be- trifft, ſo gehoͤren dahin zunaͤchſt die Vorſchlaͤge von Bruͤn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/486
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/486>, abgerufen am 25.04.2024.