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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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dieser Zeit kann das Kind nur wenn eine nicht zu beträchtliche
mechanische Trennung, oder die zu zeitig erwachenden Contrak-
tionen allein, die Frühgeburt bewirkten, zuweilen erhalten
werden, und zwar um so leichter je kräftiger seine frühere
Ernährung war, und je mehr es sich der Reife genähert hatte.

§. 1466.

Für den mütterlichen Körper sind Frühgeburten in den
ersten 4 bis 8 Wochen der Schwangerschaft gewöhnlich am
leichtesten, wegen der noch unbeträchtlichen Entwicklung des
Uterus. Frühgeburten in den spätern Monaten hingegen stören
die Gesundheit weit mehr, und sind auch besonders wegen der
rückbleibenden Neigung zu wiederholten Fehlgeburten nachthei-
lig. -- Außerdem richten sich die Folgen der Frühgeburt
auch nach der Ursache aus welcher sie entstanden sind. Früh-
geburten bei welchen die Frucht schon früher durch erfolgtes
Absterben vom Uterus sich getrennt hatte, gehen gewöhnlich
leichter von Statten, die Blutung ist gering und das Wochenbett
(die Heilung des Uterus) erfolgt schnell. Frühgeburten durch
plötzlich erwachte Wehen sind oft schon an sich schwieriger
und disponiren im Wochenbette wegen den plötzlich unter-
brochenen Entwicklungs- und Ernährungsproceßen leichter zu
Krankheiten. Am Gefährlichsten indeß pflegen die Frühgeburten
aus mechanischer Trennung zu werden, da hierbei entweder
die Blutung augenblickliche Lebensgefahr droht, oder doch
nachfolgende Krankheiten wegen Säfteverlust (als Schteimflüsse,
Gelbsuchten, Wassersuchten u. s. w.) befürchten läßt.

§. 1467.

Wir kommen nun zur Behandlung der Früh-
geburten
, und es ist hierbei zunächst der prophylakti-
schen Regeln
zu gedenken, welche, namentlich wo eine
Frau schon ein- oder mehreremale Frühgeburten erlitten hat,
zumal wenn die kritische Periode wieder herannaht, beobachtet
werden müssen. Es sind namentlich folgende: -- 1) Vermeidung
jeder stärkern Gemüths- und Körperbewegung, dagegen

dieſer Zeit kann das Kind nur wenn eine nicht zu betraͤchtliche
mechaniſche Trennung, oder die zu zeitig erwachenden Contrak-
tionen allein, die Fruͤhgeburt bewirkten, zuweilen erhalten
werden, und zwar um ſo leichter je kraͤftiger ſeine fruͤhere
Ernaͤhrung war, und je mehr es ſich der Reife genaͤhert hatte.

§. 1466.

Fuͤr den muͤtterlichen Koͤrper ſind Fruͤhgeburten in den
erſten 4 bis 8 Wochen der Schwangerſchaft gewoͤhnlich am
leichteſten, wegen der noch unbetraͤchtlichen Entwicklung des
Uterus. Fruͤhgeburten in den ſpaͤtern Monaten hingegen ſtoͤren
die Geſundheit weit mehr, und ſind auch beſonders wegen der
ruͤckbleibenden Neigung zu wiederholten Fehlgeburten nachthei-
lig. — Außerdem richten ſich die Folgen der Fruͤhgeburt
auch nach der Urſache aus welcher ſie entſtanden ſind. Fruͤh-
geburten bei welchen die Frucht ſchon fruͤher durch erfolgtes
Abſterben vom Uterus ſich getrennt hatte, gehen gewoͤhnlich
leichter von Statten, die Blutung iſt gering und das Wochenbett
(die Heilung des Uterus) erfolgt ſchnell. Fruͤhgeburten durch
ploͤtzlich erwachte Wehen ſind oft ſchon an ſich ſchwieriger
und disponiren im Wochenbette wegen den ploͤtzlich unter-
brochenen Entwicklungs- und Ernaͤhrungsproceßen leichter zu
Krankheiten. Am Gefaͤhrlichſten indeß pflegen die Fruͤhgeburten
aus mechaniſcher Trennung zu werden, da hierbei entweder
die Blutung augenblickliche Lebensgefahr droht, oder doch
nachfolgende Krankheiten wegen Saͤfteverluſt (als Schteimfluͤſſe,
Gelbſuchten, Waſſerſuchten u. ſ. w.) befuͤrchten laͤßt.

§. 1467.

Wir kommen nun zur Behandlung der Fruͤh-
geburten
, und es iſt hierbei zunaͤchſt der prophylakti-
ſchen Regeln
zu gedenken, welche, namentlich wo eine
Frau ſchon ein- oder mehreremale Fruͤhgeburten erlitten hat,
zumal wenn die kritiſche Periode wieder herannaht, beobachtet
werden muͤſſen. Es ſind namentlich folgende: — 1) Vermeidung
jeder ſtaͤrkern Gemuͤths- und Koͤrperbewegung, dagegen

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[486/0512] dieſer Zeit kann das Kind nur wenn eine nicht zu betraͤchtliche mechaniſche Trennung, oder die zu zeitig erwachenden Contrak- tionen allein, die Fruͤhgeburt bewirkten, zuweilen erhalten werden, und zwar um ſo leichter je kraͤftiger ſeine fruͤhere Ernaͤhrung war, und je mehr es ſich der Reife genaͤhert hatte. §. 1466. Fuͤr den muͤtterlichen Koͤrper ſind Fruͤhgeburten in den erſten 4 bis 8 Wochen der Schwangerſchaft gewoͤhnlich am leichteſten, wegen der noch unbetraͤchtlichen Entwicklung des Uterus. Fruͤhgeburten in den ſpaͤtern Monaten hingegen ſtoͤren die Geſundheit weit mehr, und ſind auch beſonders wegen der ruͤckbleibenden Neigung zu wiederholten Fehlgeburten nachthei- lig. — Außerdem richten ſich die Folgen der Fruͤhgeburt auch nach der Urſache aus welcher ſie entſtanden ſind. Fruͤh- geburten bei welchen die Frucht ſchon fruͤher durch erfolgtes Abſterben vom Uterus ſich getrennt hatte, gehen gewoͤhnlich leichter von Statten, die Blutung iſt gering und das Wochenbett (die Heilung des Uterus) erfolgt ſchnell. Fruͤhgeburten durch ploͤtzlich erwachte Wehen ſind oft ſchon an ſich ſchwieriger und disponiren im Wochenbette wegen den ploͤtzlich unter- brochenen Entwicklungs- und Ernaͤhrungsproceßen leichter zu Krankheiten. Am Gefaͤhrlichſten indeß pflegen die Fruͤhgeburten aus mechaniſcher Trennung zu werden, da hierbei entweder die Blutung augenblickliche Lebensgefahr droht, oder doch nachfolgende Krankheiten wegen Saͤfteverluſt (als Schteimfluͤſſe, Gelbſuchten, Waſſerſuchten u. ſ. w.) befuͤrchten laͤßt. §. 1467. Wir kommen nun zur Behandlung der Fruͤh- geburten, und es iſt hierbei zunaͤchſt der prophylakti- ſchen Regeln zu gedenken, welche, namentlich wo eine Frau ſchon ein- oder mehreremale Fruͤhgeburten erlitten hat, zumal wenn die kritiſche Periode wieder herannaht, beobachtet werden muͤſſen. Es ſind namentlich folgende: — 1) Vermeidung jeder ſtaͤrkern Gemuͤths- und Koͤrperbewegung, dagegen

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/512>, abgerufen am 28.03.2024.