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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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kämen. -- Unter den Neueren deutete vorzüglich H.
Autenrieth *) zuerst auf die beim Kindbettfieber vorkommendt
Störung in der eigenthümlichen Richtung der Säftemasse, und
leitete die Erscheinungen desselben von gehinderter peripherischer
Thätigkeit und krankhafter Concentration der Bildungsstoffe
auf innere Gebilde her. Ihm folgte in seinen Ansichten größ-
tentheils H. Jörg **). Andere wie z. B. P. Frank, F.
Horn ***) halten sich vorzüglich an die entzündliche Natur
dieses Uebels, noch immer aber gehört diese Krankheit wie
H. Froriep ****) nicht mit Unrecht bemerkt, zu den am
wenigsten gekannten und genau bestimmten Krankheiten.

§. 1613.

Bevor nun, welche Ansicht hierüber wohl die wahrschein-
lichste sey, untersucht werden kann, wird es nöthig werden
zunächst über Vorkommen und Verlauf dieses Uebels das Nähere
darzulegen: --

Es kommt das Kindbettfieber aber sowohl sporadisch
als epidemisch vor, das letztere pflegt vorzüglich in naßkalten
Wintern und Herbsten, so wie wohl auch in sehr heißen
Sommern der Fall zu seyn. Daß es in Gebärhäusern sich
nicht selten auch als ansteckend zeige, kann keinem Zweifel
unterworfen bleiben. Uebrigens werden die verschiedensten
Individuen davon befallen, Erstgebärende und Mehrgebärende,
Aeltere und Jüngere, obwohl man leicht bemerken kann, daß
kachektische Körper, Personen welche deprimirenden Gemüths-
bewegungen und äußerlichen Schädlichkeiten ausgesetzt sind,
welche schwere Geburten überstanden haben, so wie Nichtstillende,
vorzüglich dieser Krankheit unterworfen sind.


*) Versuche für die prakt. Heilkunde 1 Bd. 1 Hft. S. 136.
**) Handb. d. Krankheiten d. menschl. Weibes 1809. S. 394.
***) Archiv f. med. Erfahrung Mai 1809. Novbr. 1810.
****) Theoret. prakt. Handb. d. Geburtshülfe 1818. S. 275.

kaͤmen. — Unter den Neueren deutete vorzuͤglich H.
Autenrieth *) zuerſt auf die beim Kindbettfieber vorkommendt
Stoͤrung in der eigenthuͤmlichen Richtung der Saͤftemaſſe, und
leitete die Erſcheinungen deſſelben von gehinderter peripheriſcher
Thaͤtigkeit und krankhafter Concentration der Bildungsſtoffe
auf innere Gebilde her. Ihm folgte in ſeinen Anſichten groͤß-
tentheils H. Joͤrg **). Andere wie z. B. P. Frank, F.
Horn ***) halten ſich vorzuͤglich an die entzuͤndliche Natur
dieſes Uebels, noch immer aber gehoͤrt dieſe Krankheit wie
H. Froriep ****) nicht mit Unrecht bemerkt, zu den am
wenigſten gekannten und genau beſtimmten Krankheiten.

§. 1613.

Bevor nun, welche Anſicht hieruͤber wohl die wahrſchein-
lichſte ſey, unterſucht werden kann, wird es noͤthig werden
zunaͤchſt uͤber Vorkommen und Verlauf dieſes Uebels das Naͤhere
darzulegen: —

Es kommt das Kindbettfieber aber ſowohl ſporadiſch
als epidemiſch vor, das letztere pflegt vorzuͤglich in naßkalten
Wintern und Herbſten, ſo wie wohl auch in ſehr heißen
Sommern der Fall zu ſeyn. Daß es in Gebaͤrhaͤuſern ſich
nicht ſelten auch als anſteckend zeige, kann keinem Zweifel
unterworfen bleiben. Uebrigens werden die verſchiedenſten
Individuen davon befallen, Erſtgebaͤrende und Mehrgebaͤrende,
Aeltere und Juͤngere, obwohl man leicht bemerken kann, daß
kachektiſche Koͤrper, Perſonen welche deprimirenden Gemuͤths-
bewegungen und aͤußerlichen Schaͤdlichkeiten ausgeſetzt ſind,
welche ſchwere Geburten uͤberſtanden haben, ſo wie Nichtſtillende,
vorzuͤglich dieſer Krankheit unterworfen ſind.


*) Verſuche fuͤr die prakt. Heilkunde 1 Bd. 1 Hft. S. 136.
**) Handb. d. Krankheiten d. menſchl. Weibes 1809. S. 394.
***) Archiv f. med. Erfahrung Mai 1809. Novbr. 1810.
****) Theoret. prakt. Handb. d. Geburtshuͤlfe 1818. S. 275.
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[574/0600] kaͤmen. — Unter den Neueren deutete vorzuͤglich H. Autenrieth *) zuerſt auf die beim Kindbettfieber vorkommendt Stoͤrung in der eigenthuͤmlichen Richtung der Saͤftemaſſe, und leitete die Erſcheinungen deſſelben von gehinderter peripheriſcher Thaͤtigkeit und krankhafter Concentration der Bildungsſtoffe auf innere Gebilde her. Ihm folgte in ſeinen Anſichten groͤß- tentheils H. Joͤrg **). Andere wie z. B. P. Frank, F. Horn ***) halten ſich vorzuͤglich an die entzuͤndliche Natur dieſes Uebels, noch immer aber gehoͤrt dieſe Krankheit wie H. Froriep ****) nicht mit Unrecht bemerkt, zu den am wenigſten gekannten und genau beſtimmten Krankheiten. §. 1613. Bevor nun, welche Anſicht hieruͤber wohl die wahrſchein- lichſte ſey, unterſucht werden kann, wird es noͤthig werden zunaͤchſt uͤber Vorkommen und Verlauf dieſes Uebels das Naͤhere darzulegen: — Es kommt das Kindbettfieber aber ſowohl ſporadiſch als epidemiſch vor, das letztere pflegt vorzuͤglich in naßkalten Wintern und Herbſten, ſo wie wohl auch in ſehr heißen Sommern der Fall zu ſeyn. Daß es in Gebaͤrhaͤuſern ſich nicht ſelten auch als anſteckend zeige, kann keinem Zweifel unterworfen bleiben. Uebrigens werden die verſchiedenſten Individuen davon befallen, Erſtgebaͤrende und Mehrgebaͤrende, Aeltere und Juͤngere, obwohl man leicht bemerken kann, daß kachektiſche Koͤrper, Perſonen welche deprimirenden Gemuͤths- bewegungen und aͤußerlichen Schaͤdlichkeiten ausgeſetzt ſind, welche ſchwere Geburten uͤberſtanden haben, ſo wie Nichtſtillende, vorzuͤglich dieſer Krankheit unterworfen ſind. *) Verſuche fuͤr die prakt. Heilkunde 1 Bd. 1 Hft. S. 136. **) Handb. d. Krankheiten d. menſchl. Weibes 1809. S. 394. ***) Archiv f. med. Erfahrung Mai 1809. Novbr. 1810. ****) Theoret. prakt. Handb. d. Geburtshuͤlfe 1818. S. 275.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/600>, abgerufen am 25.04.2024.