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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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Einmündungen in die Vagina sind zwar unheilbar, jedoch
kann dabei das Leben bestehen.

13. Verschließung der Harnröhre (Atresia urethrae).
§. 1669.

Sie kömmt vorzüglich bei männlichen Individuen vor,
und auch hierbei ist, wie bei der vorigen Abnormität, entwe-
der nur die äußerste Mündung der Harnröhre verschlossen,
oder der Kanal ist in einer weitern Strecke verwachsen, oder
der Harn fließt durch widernatürliche Oeffnungen. Der letz-
tere Fall kommt an dem männlichen Gliede nicht selten vor,
wo dann die Harnröhrenöffnung sich unterhalb der Eichel be-
findet, oft dadurch zwitterhafte Bildungen entstehen und spä-
terhin bei solchen Individuen, wegen gehinderter Ejakulation
des Samens, Zeugungsunfähigkeit eintritt (Hypospadiaei).
Während des Säuglingsalters können nun blos die häutigen
Verschließungen der Harnröhrenmündung oder Vorhaut durch
Operation gehoben werden; tiefe Verwachsungen sind unheil-
bar und tödtlich, ungewöhnliche Oeffnungen der Harnröhre
lassen zuweilen (jedoch nur erst späterhin) eine operative Be-
handlung zu, welche der der Harnfisteln ähnlich ist. -- Von
der Atresia vaginae, den Verschließungen des Muttermundes
u. s. w. ist schon im ersten Theile gehandelt worden.

14. Zwitterbildungen.
§. 1670.

Es sind dieß Mißbildungen in welchen sich entweder eine so
unvollkommne Entwicklung der Geschlechtstheile zeigt, daß gar
kein Geschlechtscharakter entschieden hervortritt, und es daher,
für den ersten Anblick wenigstens, zweifelhaft bleibt, zu wel-
chem Geschlecht das Individuum zu zählen sey; oder aber
ein wirklicher Anfang zum Doppeltwerden der Geschlechtstheile,
wie es manchen Thieren z. B. Schnecken, Blutigeln, eigenthüm-

Einmuͤndungen in die Vagina ſind zwar unheilbar, jedoch
kann dabei das Leben beſtehen.

13. Verſchließung der Harnroͤhre (Atresia urethrae).
§. 1669.

Sie koͤmmt vorzuͤglich bei maͤnnlichen Individuen vor,
und auch hierbei iſt, wie bei der vorigen Abnormitaͤt, entwe-
der nur die aͤußerſte Muͤndung der Harnroͤhre verſchloſſen,
oder der Kanal iſt in einer weitern Strecke verwachſen, oder
der Harn fließt durch widernatuͤrliche Oeffnungen. Der letz-
tere Fall kommt an dem maͤnnlichen Gliede nicht ſelten vor,
wo dann die Harnroͤhrenoͤffnung ſich unterhalb der Eichel be-
findet, oft dadurch zwitterhafte Bildungen entſtehen und ſpaͤ-
terhin bei ſolchen Individuen, wegen gehinderter Ejakulation
des Samens, Zeugungsunfaͤhigkeit eintritt (Hypospadiaei).
Waͤhrend des Saͤuglingsalters koͤnnen nun blos die haͤutigen
Verſchließungen der Harnroͤhrenmuͤndung oder Vorhaut durch
Operation gehoben werden; tiefe Verwachſungen ſind unheil-
bar und toͤdtlich, ungewoͤhnliche Oeffnungen der Harnroͤhre
laſſen zuweilen (jedoch nur erſt ſpaͤterhin) eine operative Be-
handlung zu, welche der der Harnfiſteln aͤhnlich iſt. — Von
der Atresia vaginae, den Verſchließungen des Muttermundes
u. ſ. w. iſt ſchon im erſten Theile gehandelt worden.

14. Zwitterbildungen.
§. 1670.

Es ſind dieß Mißbildungen in welchen ſich entweder eine ſo
unvollkommne Entwicklung der Geſchlechtstheile zeigt, daß gar
kein Geſchlechtscharakter entſchieden hervortritt, und es daher,
fuͤr den erſten Anblick wenigſtens, zweifelhaft bleibt, zu wel-
chem Geſchlecht das Individuum zu zaͤhlen ſey; oder aber
ein wirklicher Anfang zum Doppeltwerden der Geſchlechtstheile,
wie es manchen Thieren z. B. Schnecken, Blutigeln, eigenthuͤm-

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[610/0636] Einmuͤndungen in die Vagina ſind zwar unheilbar, jedoch kann dabei das Leben beſtehen. 13. Verſchließung der Harnroͤhre (Atresia urethrae). §. 1669. Sie koͤmmt vorzuͤglich bei maͤnnlichen Individuen vor, und auch hierbei iſt, wie bei der vorigen Abnormitaͤt, entwe- der nur die aͤußerſte Muͤndung der Harnroͤhre verſchloſſen, oder der Kanal iſt in einer weitern Strecke verwachſen, oder der Harn fließt durch widernatuͤrliche Oeffnungen. Der letz- tere Fall kommt an dem maͤnnlichen Gliede nicht ſelten vor, wo dann die Harnroͤhrenoͤffnung ſich unterhalb der Eichel be- findet, oft dadurch zwitterhafte Bildungen entſtehen und ſpaͤ- terhin bei ſolchen Individuen, wegen gehinderter Ejakulation des Samens, Zeugungsunfaͤhigkeit eintritt (Hypospadiaei). Waͤhrend des Saͤuglingsalters koͤnnen nun blos die haͤutigen Verſchließungen der Harnroͤhrenmuͤndung oder Vorhaut durch Operation gehoben werden; tiefe Verwachſungen ſind unheil- bar und toͤdtlich, ungewoͤhnliche Oeffnungen der Harnroͤhre laſſen zuweilen (jedoch nur erſt ſpaͤterhin) eine operative Be- handlung zu, welche der der Harnfiſteln aͤhnlich iſt. — Von der Atresia vaginae, den Verſchließungen des Muttermundes u. ſ. w. iſt ſchon im erſten Theile gehandelt worden. 14. Zwitterbildungen. §. 1670. Es ſind dieß Mißbildungen in welchen ſich entweder eine ſo unvollkommne Entwicklung der Geſchlechtstheile zeigt, daß gar kein Geſchlechtscharakter entſchieden hervortritt, und es daher, fuͤr den erſten Anblick wenigſtens, zweifelhaft bleibt, zu wel- chem Geſchlecht das Individuum zu zaͤhlen ſey; oder aber ein wirklicher Anfang zum Doppeltwerden der Geſchlechtstheile, wie es manchen Thieren z. B. Schnecken, Blutigeln, eigenthuͤm-

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/636>, abgerufen am 20.04.2024.