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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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Vorwort.

Indem ich ein lange gehegtes, viel im Geiste erwogenes,
immer von Neuem durchdachtes Werk jetzt der Oeffentlichkeit
übergebe, kann ich nicht umhin einige Worte über das so
sehr Verschiedene menschlicher Denkweisen in Bezug auf die
hier vorliegende Aufgabe vorausgehen zu lassen. Wer irgend
mit Aufmerksamkeit im Leben um sich geblickt hat, wer ge¬
achtet hat auf die unendlich mannichfaltigen Richtungen,
in welchen sich der Geist des Menschen bewegt wenn es
sich darum handelt von göttlichen Dingen, und somit auch
von der Seele, eine bestimmtere Auskunft zu verlangen oder
zu empfangen, Dem wird zuerst auffallen, daß da, wo
man voraussetzen möchte, ein tiefer Schmerz um das hier
obschwebende Geheimniß, ja eine brennende Sehnsucht nach
der Lösung von Fragen, die das ganz eigentliche, das tief
Menschliche zum Gegenstande haben, müsse überall der Mensch¬
heit inwohnen, man im Gegentheil finde und sich nicht ver¬
bergen könne, in der bei weitem größern Menge menschlicher

Vorwort.

Indem ich ein lange gehegtes, viel im Geiſte erwogenes‚
immer von Neuem durchdachtes Werk jetzt der Oeffentlichkeit
übergebe, kann ich nicht umhin einige Worte über das ſo
ſehr Verſchiedene menſchlicher Denkweiſen in Bezug auf die
hier vorliegende Aufgabe vorausgehen zu laſſen. Wer irgend
mit Aufmerkſamkeit im Leben um ſich geblickt hat, wer ge¬
achtet hat auf die unendlich mannichfaltigen Richtungen,
in welchen ſich der Geiſt des Menſchen bewegt wenn es
ſich darum handelt von göttlichen Dingen, und ſomit auch
von der Seele, eine beſtimmtere Auskunft zu verlangen oder
zu empfangen, Dem wird zuerſt auffallen, daß da, wo
man vorausſetzen möchte, ein tiefer Schmerz um das hier
obſchwebende Geheimniß, ja eine brennende Sehnſucht nach
der Löſung von Fragen, die das ganz eigentliche, das tief
Menſchliche zum Gegenſtande haben, müſſe überall der Menſch¬
heit inwohnen, man im Gegentheil finde und ſich nicht ver¬
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[[III]/0011] Vorwort. Indem ich ein lange gehegtes, viel im Geiſte erwogenes‚ immer von Neuem durchdachtes Werk jetzt der Oeffentlichkeit übergebe, kann ich nicht umhin einige Worte über das ſo ſehr Verſchiedene menſchlicher Denkweiſen in Bezug auf die hier vorliegende Aufgabe vorausgehen zu laſſen. Wer irgend mit Aufmerkſamkeit im Leben um ſich geblickt hat, wer ge¬ achtet hat auf die unendlich mannichfaltigen Richtungen, in welchen ſich der Geiſt des Menſchen bewegt wenn es ſich darum handelt von göttlichen Dingen, und ſomit auch von der Seele, eine beſtimmtere Auskunft zu verlangen oder zu empfangen, Dem wird zuerſt auffallen, daß da, wo man vorausſetzen möchte, ein tiefer Schmerz um das hier obſchwebende Geheimniß, ja eine brennende Sehnſucht nach der Löſung von Fragen, die das ganz eigentliche, das tief Menſchliche zum Gegenſtande haben, müſſe überall der Menſch¬ heit inwohnen, man im Gegentheil finde und ſich nicht ver¬ bergen könne, in der bei weitem größern Menge menſchlicher

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. [III]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/11>, abgerufen am 24.04.2024.