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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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abgetrennter Theile, und, in niederen Thieren, die Wieder¬
ersetzung gänzlich verlorner Glieder. Alles sind eigen¬
thümliche Regungen der unbewußten Psyche, und wenn ich
schon oben sagte, daß eigentlich die höchste Aufgabe des
Wissens nur sein könne mit Bewußtsein in die Tiefen des
unbewußten Seelenlebens der Welt einzudringen, so ist es
insbesondre die Aufgabe des ärztlichen Wissens, diesen un¬
bewußt heilkünstlerischen Regungen nachzugehen und sie zum
Behuf ihrer möglichsten absichtlichen Förderung, oft auch um
sie in geeigneten Fällen möglichst nachzuahmen und insbe¬
sondre zu veranlassen, zur klarsten Kenntniß zu bringen.

Und so sei denn dies für jetzt genug um ganz im All¬
gemeinen von der Beziehung der Krankheit zum unbewußten
Seelenleben eine angemessene Vorstellung zu geben; wie wich¬
tige Seiten eine Geschichte der Krankheiten selbst, wenn sie
von diesem Standpunkt aus bearbeitet würde, darbieten
müßte, kann hier nur andeutend bemerkt werden.

abgetrennter Theile, und, in niederen Thieren, die Wieder¬
erſetzung gänzlich verlorner Glieder. Alles ſind eigen¬
thümliche Regungen der unbewußten Pſyche, und wenn ich
ſchon oben ſagte, daß eigentlich die höchſte Aufgabe des
Wiſſens nur ſein könne mit Bewußtſein in die Tiefen des
unbewußten Seelenlebens der Welt einzudringen, ſo iſt es
insbeſondre die Aufgabe des ärztlichen Wiſſens, dieſen un¬
bewußt heilkünſtleriſchen Regungen nachzugehen und ſie zum
Behuf ihrer möglichſten abſichtlichen Förderung, oft auch um
ſie in geeigneten Fällen möglichſt nachzuahmen und insbe¬
ſondre zu veranlaſſen, zur klarſten Kenntniß zu bringen.

Und ſo ſei denn dies für jetzt genug um ganz im All¬
gemeinen von der Beziehung der Krankheit zum unbewußten
Seelenleben eine angemeſſene Vorſtellung zu geben; wie wich¬
tige Seiten eine Geſchichte der Krankheiten ſelbſt, wenn ſie
von dieſem Standpunkt aus bearbeitet würde, darbieten
müßte, kann hier nur andeutend bemerkt werden.

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[95/0111] abgetrennter Theile, und, in niederen Thieren, die Wieder¬ erſetzung gänzlich verlorner Glieder. Alles ſind eigen¬ thümliche Regungen der unbewußten Pſyche, und wenn ich ſchon oben ſagte, daß eigentlich die höchſte Aufgabe des Wiſſens nur ſein könne mit Bewußtſein in die Tiefen des unbewußten Seelenlebens der Welt einzudringen, ſo iſt es insbeſondre die Aufgabe des ärztlichen Wiſſens, dieſen un¬ bewußt heilkünſtleriſchen Regungen nachzugehen und ſie zum Behuf ihrer möglichſten abſichtlichen Förderung, oft auch um ſie in geeigneten Fällen möglichſt nachzuahmen und insbe¬ ſondre zu veranlaſſen, zur klarſten Kenntniß zu bringen. Und ſo ſei denn dies für jetzt genug um ganz im All¬ gemeinen von der Beziehung der Krankheit zum unbewußten Seelenleben eine angemeſſene Vorſtellung zu geben; wie wich¬ tige Seiten eine Geſchichte der Krankheiten ſelbſt, wenn ſie von dieſem Standpunkt aus bearbeitet würde, darbieten müßte, kann hier nur andeutend bemerkt werden.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/111>, abgerufen am 28.03.2024.