Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Capitel,
§. 13.
Und wie solche geändert wird?

Die dritte Begebenheit eines moralischen We-
sens bestehet also in der Veränderung der Ge-
stalt,
oder der Verfassung, welches geschiehet,
wenn die Verhältniß der Theile und der innerli-
chen Umstände geändert wird, als wenn eine
nothwendige Folge etwa zum Hauptwerck selbst
gemacht wird, oder wenn Nebensachen zur Haupt-
sache, oder zufällige Dinge zu nothwendigen Ei-
genschafften gemacht werden. So wurde die Ge-
stalt des Einsiedlerstandes verändert, als man
ansinge Lehrer aus ihnen zu nehmen; da doch
die Fähigkeit zum Lehren eine so zufällige Sache
vor einen Münch, nach der ersten Verfassung war,
als dieses, daß er alt oder jung war: die Verfas-
sung aber änderte sich noch mehr, da man sie um
der Zucht willen in coenobia und Gesellschafften
vereinigte, da sich vorher die Zucht bey ihnen oh-
ne solche Anstalt gefunden. Die Einsamkeit,
als das ehemahlige Hauptwerck, wurde nicht allein
zum Nebenwercke, sondern verschwand gantz
und gar.

§. 14.
Wachsthum und Verbesserung der Dinge.

Man bemercke weiter, als die vierte Ver-
änderung eines moralischen Wesens, das Wachs-
thum,
und die entgegen gesetzte Abnahme des-
selben: ersterer erfolgt, wenn mehrere Menschen
durch ihren Willen, freywillig oder gezwungen,
daran Theil zu nehmen anfangen; das letztere aber

geschie-
Drittes Capitel,
§. 13.
Und wie ſolche geaͤndert wird?

Die dritte Begebenheit eines moraliſchen We-
ſens beſtehet alſo in der Veraͤnderung der Ge-
ſtalt,
oder der Verfaſſung, welches geſchiehet,
wenn die Verhaͤltniß der Theile und der innerli-
chen Umſtaͤnde geaͤndert wird, als wenn eine
nothwendige Folge etwa zum Hauptwerck ſelbſt
gemacht wird, oder wenn Nebenſachen zur Haupt-
ſache, oder zufaͤllige Dinge zu nothwendigen Ei-
genſchafften gemacht werden. So wurde die Ge-
ſtalt des Einſiedlerſtandes veraͤndert, als man
anſinge Lehrer aus ihnen zu nehmen; da doch
die Faͤhigkeit zum Lehren eine ſo zufaͤllige Sache
vor einen Muͤnch, nach der erſten Verfaſſung war,
als dieſes, daß er alt oder jung war: die Verfaſ-
ſung aber aͤnderte ſich noch mehr, da man ſie um
der Zucht willen in coenobia und Geſellſchafften
vereinigte, da ſich vorher die Zucht bey ihnen oh-
ne ſolche Anſtalt gefunden. Die Einſamkeit,
als das ehemahlige Hauptwerck, wurde nicht allein
zum Nebenwercke, ſondern verſchwand gantz
und gar.

§. 14.
Wachsthum und Verbeſſerung der Dinge.

Man bemercke weiter, als die vierte Ver-
aͤnderung eines moraliſchen Weſens, das Wachs-
thum,
und die entgegen geſetzte Abnahme deſ-
ſelben: erſterer erfolgt, wenn mehrere Menſchen
durch ihren Willen, freywillig oder gezwungen,
daran Theil zu nehmen anfangen; das letztere aber

geſchie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0104" n="68"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Drittes Capitel,</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 13.<lb/>
Und wie &#x017F;olche gea&#x0364;ndert wird?</head><lb/>
          <p>Die dritte Begebenheit eines morali&#x017F;chen We-<lb/>
&#x017F;ens be&#x017F;tehet al&#x017F;o in der <hi rendition="#fr">Vera&#x0364;nderung der Ge-<lb/>
&#x017F;talt,</hi> oder der <hi rendition="#fr">Verfa&#x017F;&#x017F;ung,</hi> welches ge&#x017F;chiehet,<lb/>
wenn die Verha&#x0364;ltniß der Theile und der innerli-<lb/>
chen Um&#x017F;ta&#x0364;nde gea&#x0364;ndert wird, als wenn eine<lb/>
nothwendige Folge etwa zum Hauptwerck &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
gemacht wird, oder wenn Neben&#x017F;achen zur Haupt-<lb/>
&#x017F;ache, oder zufa&#x0364;llige Dinge zu nothwendigen Ei-<lb/>
gen&#x017F;chafften gemacht werden. So wurde die Ge-<lb/>
&#x017F;talt des <hi rendition="#fr">Ein&#x017F;iedler&#x017F;tandes</hi> vera&#x0364;ndert, als man<lb/>
an&#x017F;inge <hi rendition="#fr">Lehrer</hi> aus ihnen zu nehmen; da doch<lb/>
die Fa&#x0364;higkeit zum Lehren eine &#x017F;o zufa&#x0364;llige Sache<lb/>
vor einen Mu&#x0364;nch, nach der er&#x017F;ten Verfa&#x017F;&#x017F;ung war,<lb/>
als die&#x017F;es, daß er alt oder jung war: die Verfa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung aber a&#x0364;nderte &#x017F;ich noch mehr, da man &#x017F;ie um<lb/>
der <hi rendition="#fr">Zucht</hi> willen in <hi rendition="#aq">coenobia</hi> und Ge&#x017F;ell&#x017F;chafften<lb/>
vereinigte, da &#x017F;ich vorher die Zucht bey ihnen oh-<lb/>
ne &#x017F;olche An&#x017F;talt gefunden. Die <hi rendition="#fr">Ein&#x017F;amkeit,</hi><lb/>
als das ehemahlige Hauptwerck, wurde nicht allein<lb/>
zum Nebenwercke, &#x017F;ondern ver&#x017F;chwand gantz<lb/>
und gar.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 14.<lb/>
Wachsthum und Verbe&#x017F;&#x017F;erung der Dinge.</head><lb/>
          <p>Man bemercke weiter, als die <hi rendition="#fr">vierte</hi> Ver-<lb/>
a&#x0364;nderung eines morali&#x017F;chen We&#x017F;ens, das <hi rendition="#fr">Wachs-<lb/>
thum,</hi> und die entgegen ge&#x017F;etzte <hi rendition="#fr">Abnahme</hi> de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben: er&#x017F;terer erfolgt, wenn mehrere Men&#x017F;chen<lb/>
durch ihren Willen, freywillig oder gezwungen,<lb/>
daran Theil zu nehmen anfangen; das letztere aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge&#x017F;chie-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0104] Drittes Capitel, §. 13. Und wie ſolche geaͤndert wird? Die dritte Begebenheit eines moraliſchen We- ſens beſtehet alſo in der Veraͤnderung der Ge- ſtalt, oder der Verfaſſung, welches geſchiehet, wenn die Verhaͤltniß der Theile und der innerli- chen Umſtaͤnde geaͤndert wird, als wenn eine nothwendige Folge etwa zum Hauptwerck ſelbſt gemacht wird, oder wenn Nebenſachen zur Haupt- ſache, oder zufaͤllige Dinge zu nothwendigen Ei- genſchafften gemacht werden. So wurde die Ge- ſtalt des Einſiedlerſtandes veraͤndert, als man anſinge Lehrer aus ihnen zu nehmen; da doch die Faͤhigkeit zum Lehren eine ſo zufaͤllige Sache vor einen Muͤnch, nach der erſten Verfaſſung war, als dieſes, daß er alt oder jung war: die Verfaſ- ſung aber aͤnderte ſich noch mehr, da man ſie um der Zucht willen in coenobia und Geſellſchafften vereinigte, da ſich vorher die Zucht bey ihnen oh- ne ſolche Anſtalt gefunden. Die Einſamkeit, als das ehemahlige Hauptwerck, wurde nicht allein zum Nebenwercke, ſondern verſchwand gantz und gar. §. 14. Wachsthum und Verbeſſerung der Dinge. Man bemercke weiter, als die vierte Ver- aͤnderung eines moraliſchen Weſens, das Wachs- thum, und die entgegen geſetzte Abnahme deſ- ſelben: erſterer erfolgt, wenn mehrere Menſchen durch ihren Willen, freywillig oder gezwungen, daran Theil zu nehmen anfangen; das letztere aber geſchie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/104
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/104>, abgerufen am 19.04.2024.