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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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v. d. Verwandelung der Geschichte etc.
Urtheile im voraus absehen kan; ja die gantze Er-
zehlung kan eine Erläuterung seyn, wenn solche
nur zu Ablehnung falscher Vorbildungen bey ei-
ner im übrigen notorischen Begebenheit dienen
soll.

§. 29.
Wo eine Geschichte aufhöret.

Das Ende einer Geschichte, oder vielmehr
einer Erzehlung, hanget ebenfals wie der gantze
Entwurff und Grundriß der Erzehlung von dem
allgemeinen Begriffe ab, aus welchem der Grund-
riß genommen wird (§. 18.). Denn die Ge-
schichte an und vor sich hat kein Ende: sie ziehet
allemahl Folgen nach sich: sie werden aber nicht
mehr zu der Geschichte gerechnet, wenn sie mit
dem allgemeinen Begriffe, unter welchem sie als
ein indiuiduum enthalten ist, keinen Zusammen-
hang haben. Wer von einer Ostindischen Reise
zurückkommt, fängt zwar nunmehro erst seinen Han-
del mit den mitgebrachten Waaren an: aber weder
der Verkauff noch der Profit hanget mit dem all-
gemeinen Begriff der Ostindischen Reise zusam-
men: die Erzehlung höret daher auf, wenn der
Seefahrer wieder in den Hafen seines Vaterlan-
des, wo er ans Land steiget, angelanget ist. So
lässet sich der Beschluß der Erzehlung in den mei-
sten Fällen gar leichte bestimmen.

§. 30.
Geschichte abbrechen.

Man höret also nicht auf zu erzehlen, so lan-
ge etwas, nach Anleitung des allgemeinen Be-

griffes,
K 2

v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc.
Urtheile im voraus abſehen kan; ja die gantze Er-
zehlung kan eine Erlaͤuterung ſeyn, wenn ſolche
nur zu Ablehnung falſcher Vorbildungen bey ei-
ner im uͤbrigen notoriſchen Begebenheit dienen
ſoll.

§. 29.
Wo eine Geſchichte aufhoͤret.

Das Ende einer Geſchichte, oder vielmehr
einer Erzehlung, hanget ebenfals wie der gantze
Entwurff und Grundriß der Erzehlung von dem
allgemeinen Begriffe ab, aus welchem der Grund-
riß genommen wird (§. 18.). Denn die Ge-
ſchichte an und vor ſich hat kein Ende: ſie ziehet
allemahl Folgen nach ſich: ſie werden aber nicht
mehr zu der Geſchichte gerechnet, wenn ſie mit
dem allgemeinen Begriffe, unter welchem ſie als
ein indiuiduum enthalten iſt, keinen Zuſammen-
hang haben. Wer von einer Oſtindiſchen Reiſe
zuruͤckkommt, faͤngt zwar nunmehro erſt ſeinen Han-
del mit den mitgebrachten Waaren an: aber weder
der Verkauff noch der Profit hanget mit dem all-
gemeinen Begriff der Oſtindiſchen Reiſe zuſam-
men: die Erzehlung hoͤret daher auf, wenn der
Seefahrer wieder in den Hafen ſeines Vaterlan-
des, wo er ans Land ſteiget, angelanget iſt. So
laͤſſet ſich der Beſchluß der Erzehlung in den mei-
ſten Faͤllen gar leichte beſtimmen.

§. 30.
Geſchichte abbrechen.

Man hoͤret alſo nicht auf zu erzehlen, ſo lan-
ge etwas, nach Anleitung des allgemeinen Be-

griffes,
K 2
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[147/0183] v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc. Urtheile im voraus abſehen kan; ja die gantze Er- zehlung kan eine Erlaͤuterung ſeyn, wenn ſolche nur zu Ablehnung falſcher Vorbildungen bey ei- ner im uͤbrigen notoriſchen Begebenheit dienen ſoll. §. 29. Wo eine Geſchichte aufhoͤret. Das Ende einer Geſchichte, oder vielmehr einer Erzehlung, hanget ebenfals wie der gantze Entwurff und Grundriß der Erzehlung von dem allgemeinen Begriffe ab, aus welchem der Grund- riß genommen wird (§. 18.). Denn die Ge- ſchichte an und vor ſich hat kein Ende: ſie ziehet allemahl Folgen nach ſich: ſie werden aber nicht mehr zu der Geſchichte gerechnet, wenn ſie mit dem allgemeinen Begriffe, unter welchem ſie als ein indiuiduum enthalten iſt, keinen Zuſammen- hang haben. Wer von einer Oſtindiſchen Reiſe zuruͤckkommt, faͤngt zwar nunmehro erſt ſeinen Han- del mit den mitgebrachten Waaren an: aber weder der Verkauff noch der Profit hanget mit dem all- gemeinen Begriff der Oſtindiſchen Reiſe zuſam- men: die Erzehlung hoͤret daher auf, wenn der Seefahrer wieder in den Hafen ſeines Vaterlan- des, wo er ans Land ſteiget, angelanget iſt. So laͤſſet ſich der Beſchluß der Erzehlung in den mei- ſten Faͤllen gar leichte beſtimmen. §. 30. Geſchichte abbrechen. Man hoͤret alſo nicht auf zu erzehlen, ſo lan- ge etwas, nach Anleitung des allgemeinen Be- griffes, K 2

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/183>, abgerufen am 29.03.2024.