Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebentes Capitel,
ctiret werden. Bey jenen ist leichter zu verhü-
ten, daß sie nicht ausgebreitet werden; indem da-
zu nichts weiter nöthig ist, als daß die Personen,
welche dabey gegenwärtig sind, zu schweigen wis-
sen. Dieses hat zwar schon seine Schwierigkeit,
allein ausser dem, daß diese auch bey schrifftlichen
Unterhandlungen statt findet, so kommt bey
Schrifften noch diese neue Schwierigkeit hin-
zu, daß diese jemanden durch Nachläßigkeit
oder unvermeidliche Zufälle zu Gesichte kom-
men, der also dadurch benachrichtiget wird. Da-
her haben Geschäffte, die entweder gantz oder
zum Theil schrifftlich tractiret werden, gedoppelte
Schwierigkeit, daß sie geheim bleiben. Hinge-
gen erkennet man, wie geschickt das Aufschrei-
ben
und die gedruckten und geschriebenen Nach-
richten sind, eine Geschichte in kurtzen allgemein
bekannt zu machen, und überall auszubreiten.

§. 12.
Die Geschichte wird bey der Ausbreitung
verändert.

Nun aber ist nöthig, daß wir genau darauf
mercken, ob die Erkentniß einer Begebenheit, oder
Geschichte, bey ihrer Ausbreitung unverändert
bleibe; oder ob sie, und warum sie bey der Aus-
breitung und Fortpflantzung verändert werde?
Der erste Schritt, den eine Nachricht, so zu re-
den, thut, ist dieser, wenn der Zuschauer, oder
gegenwärtig Gewesene einem Abwesenden
Nachricht giebt (§. 10.). Unsere Leser werden
sich erinnern, daß schon gezeigt worden, ein Zu-

schauer

Siebentes Capitel,
ctiret werden. Bey jenen iſt leichter zu verhuͤ-
ten, daß ſie nicht ausgebreitet werden; indem da-
zu nichts weiter noͤthig iſt, als daß die Perſonen,
welche dabey gegenwaͤrtig ſind, zu ſchweigen wiſ-
ſen. Dieſes hat zwar ſchon ſeine Schwierigkeit,
allein auſſer dem, daß dieſe auch bey ſchrifftlichen
Unterhandlungen ſtatt findet, ſo kommt bey
Schrifften noch dieſe neue Schwierigkeit hin-
zu, daß dieſe jemanden durch Nachlaͤßigkeit
oder unvermeidliche Zufaͤlle zu Geſichte kom-
men, der alſo dadurch benachrichtiget wird. Da-
her haben Geſchaͤffte, die entweder gantz oder
zum Theil ſchrifftlich tractiret werden, gedoppelte
Schwierigkeit, daß ſie geheim bleiben. Hinge-
gen erkennet man, wie geſchickt das Aufſchrei-
ben
und die gedruckten und geſchriebenen Nach-
richten ſind, eine Geſchichte in kurtzen allgemein
bekannt zu machen, und uͤberall auszubreiten.

§. 12.
Die Geſchichte wird bey der Ausbreitung
veraͤndert.

Nun aber iſt noͤthig, daß wir genau darauf
mercken, ob die Erkentniß einer Begebenheit, oder
Geſchichte, bey ihrer Ausbreitung unveraͤndert
bleibe; oder ob ſie, und warum ſie bey der Aus-
breitung und Fortpflantzung veraͤndert werde?
Der erſte Schritt, den eine Nachricht, ſo zu re-
den, thut, iſt dieſer, wenn der Zuſchauer, oder
gegenwaͤrtig Geweſene einem Abweſenden
Nachricht giebt (§. 10.). Unſere Leſer werden
ſich erinnern, daß ſchon gezeigt worden, ein Zu-

ſchauer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0202" n="166"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebentes Capitel,</hi></fw><lb/>
ctiret werden. Bey jenen i&#x017F;t leichter zu verhu&#x0364;-<lb/>
ten, daß &#x017F;ie nicht ausgebreitet werden; indem da-<lb/>
zu nichts weiter no&#x0364;thig i&#x017F;t, als daß die Per&#x017F;onen,<lb/>
welche dabey gegenwa&#x0364;rtig &#x017F;ind, zu &#x017F;chweigen wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Die&#x017F;es hat zwar &#x017F;chon &#x017F;eine Schwierigkeit,<lb/>
allein au&#x017F;&#x017F;er dem, daß die&#x017F;e auch bey &#x017F;chrifftlichen<lb/>
Unterhandlungen &#x017F;tatt findet, &#x017F;o kommt bey<lb/><hi rendition="#fr">Schrifften</hi> noch die&#x017F;e neue Schwierigkeit hin-<lb/>
zu, daß die&#x017F;e jemanden durch Nachla&#x0364;ßigkeit<lb/>
oder unvermeidliche Zufa&#x0364;lle zu Ge&#x017F;ichte kom-<lb/>
men, der al&#x017F;o dadurch benachrichtiget wird. Da-<lb/>
her haben Ge&#x017F;cha&#x0364;ffte, die entweder gantz oder<lb/>
zum Theil &#x017F;chrifftlich tractiret werden, gedoppelte<lb/>
Schwierigkeit, daß &#x017F;ie geheim bleiben. Hinge-<lb/>
gen erkennet man, wie ge&#x017F;chickt das <hi rendition="#fr">Auf&#x017F;chrei-<lb/>
ben</hi> und die gedruckten und ge&#x017F;chriebenen Nach-<lb/>
richten &#x017F;ind, eine Ge&#x017F;chichte in kurtzen allgemein<lb/>
bekannt zu machen, und u&#x0364;berall auszubreiten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 12.<lb/>
Die Ge&#x017F;chichte wird bey der Ausbreitung<lb/>
vera&#x0364;ndert.</head><lb/>
          <p>Nun aber i&#x017F;t no&#x0364;thig, daß wir genau darauf<lb/>
mercken, ob die Erkentniß einer Begebenheit, oder<lb/>
Ge&#x017F;chichte, bey ihrer Ausbreitung <hi rendition="#fr">unvera&#x0364;ndert</hi><lb/>
bleibe; oder ob &#x017F;ie, und warum &#x017F;ie bey der Aus-<lb/>
breitung und Fortpflantzung vera&#x0364;ndert werde?<lb/>
Der <hi rendition="#fr">er&#x017F;te</hi> Schritt, den eine Nachricht, &#x017F;o zu re-<lb/>
den, thut, i&#x017F;t die&#x017F;er, wenn der <hi rendition="#fr">Zu&#x017F;chauer,</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">gegenwa&#x0364;rtig Gewe&#x017F;ene</hi> einem Abwe&#x017F;enden<lb/>
Nachricht giebt (§. 10.). Un&#x017F;ere Le&#x017F;er werden<lb/>
&#x017F;ich erinnern, daß &#x017F;chon gezeigt worden, ein Zu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chauer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0202] Siebentes Capitel, ctiret werden. Bey jenen iſt leichter zu verhuͤ- ten, daß ſie nicht ausgebreitet werden; indem da- zu nichts weiter noͤthig iſt, als daß die Perſonen, welche dabey gegenwaͤrtig ſind, zu ſchweigen wiſ- ſen. Dieſes hat zwar ſchon ſeine Schwierigkeit, allein auſſer dem, daß dieſe auch bey ſchrifftlichen Unterhandlungen ſtatt findet, ſo kommt bey Schrifften noch dieſe neue Schwierigkeit hin- zu, daß dieſe jemanden durch Nachlaͤßigkeit oder unvermeidliche Zufaͤlle zu Geſichte kom- men, der alſo dadurch benachrichtiget wird. Da- her haben Geſchaͤffte, die entweder gantz oder zum Theil ſchrifftlich tractiret werden, gedoppelte Schwierigkeit, daß ſie geheim bleiben. Hinge- gen erkennet man, wie geſchickt das Aufſchrei- ben und die gedruckten und geſchriebenen Nach- richten ſind, eine Geſchichte in kurtzen allgemein bekannt zu machen, und uͤberall auszubreiten. §. 12. Die Geſchichte wird bey der Ausbreitung veraͤndert. Nun aber iſt noͤthig, daß wir genau darauf mercken, ob die Erkentniß einer Begebenheit, oder Geſchichte, bey ihrer Ausbreitung unveraͤndert bleibe; oder ob ſie, und warum ſie bey der Aus- breitung und Fortpflantzung veraͤndert werde? Der erſte Schritt, den eine Nachricht, ſo zu re- den, thut, iſt dieſer, wenn der Zuſchauer, oder gegenwaͤrtig Geweſene einem Abweſenden Nachricht giebt (§. 10.). Unſere Leſer werden ſich erinnern, daß ſchon gezeigt worden, ein Zu- ſchauer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/202
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/202>, abgerufen am 19.04.2024.