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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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v. d. Zusammenhange d. Begebenh. etc.
man seinen Cörper nicht, als in soferne man ihn
siehet, und durch Schmertzen und Eckel fühlet.
So finden Menschen Abgang an ihren Vermö-
gen, und wissen die Ursachen nicht, ob sie gleich
hauptsächtlich bey ihrem Haußwesen, als gegen-
wärtig anzusehen sind. So bricht auch in Rei-
chen offt eine Conspiration und Rebellion aus,
oder ist wenigstens dem Ausbruche nahe kommen,
ohne daß iemand der an der Regierung Theil hat,
etwas davon inne geworden ist:

§. 36.
Die Untersuchung der Ursachen einer Begebenheit
ist schwer in Regeln zu bringen.

Jn diesen beyden Fällen, da man zu einer
Begebenheit kommt, ohne das Vorhergegangene,
welches in das Gegenwärtige einschlägt, gese-
hen, oder bemerckt zu haben, entstehet nun eine Un-
tersuchung der Ursachen der Begebenheit:
Welches eine der schwersten, und verwickelsten
Handlungen unseres Verstandes, und unserer
Seele ist. Was nur bey bloß cörperlichen
Begebenheiten, vor Schwierigkeiten vorkommen,
wenn man die Ursachen ausfündig machen will,
das haben wir in den vernünfftigen Gedan-
cken, vom Wahrscheinlichen,
und dessen ge-
fährlichen Mißbrauche.
V. Betracht. all-
bereits erkläret, worauf wir uns, beliebter Kürtze
halber, nun beziehen. Jetzo sehen wir hauptsäch-
lich auf die Begebenheiten, die von menschlichen
Willen und Anstalten abhangen; bey welchen
zwar bloß cörperliche Begebenheiten auch gar sehr

einschla-

v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
man ſeinen Coͤrper nicht, als in ſoferne man ihn
ſiehet, und durch Schmertzen und Eckel fuͤhlet.
So finden Menſchen Abgang an ihren Vermoͤ-
gen, und wiſſen die Urſachen nicht, ob ſie gleich
hauptſaͤchtlich bey ihrem Haußweſen, als gegen-
waͤrtig anzuſehen ſind. So bricht auch in Rei-
chen offt eine Conſpiration und Rebellion aus,
oder iſt wenigſtens dem Ausbruche nahe kommen,
ohne daß iemand der an der Regierung Theil hat,
etwas davon inne geworden iſt:

§. 36.
Die Unterſuchung der Urſachen einer Begebenheit
iſt ſchwer in Regeln zu bringen.

Jn dieſen beyden Faͤllen, da man zu einer
Begebenheit kommt, ohne das Vorhergegangene,
welches in das Gegenwaͤrtige einſchlaͤgt, geſe-
hen, oder bemerckt zu haben, entſtehet nun eine Un-
terſuchung der Urſachen der Begebenheit:
Welches eine der ſchwerſten, und verwickelſten
Handlungen unſeres Verſtandes, und unſerer
Seele iſt. Was nur bey bloß coͤrperlichen
Begebenheiten, vor Schwierigkeiten vorkommen,
wenn man die Urſachen ausfuͤndig machen will,
das haben wir in den vernuͤnfftigen Gedan-
cken, vom Wahrſcheinlichen,
und deſſen ge-
faͤhrlichen Mißbrauche.
V. Betracht. all-
bereits erklaͤret, worauf wir uns, beliebter Kuͤrtze
halber, nun beziehen. Jetzo ſehen wir hauptſaͤch-
lich auf die Begebenheiten, die von menſchlichen
Willen und Anſtalten abhangen; bey welchen
zwar bloß coͤrperliche Begebenheiten auch gar ſehr

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[251/0287] v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc. man ſeinen Coͤrper nicht, als in ſoferne man ihn ſiehet, und durch Schmertzen und Eckel fuͤhlet. So finden Menſchen Abgang an ihren Vermoͤ- gen, und wiſſen die Urſachen nicht, ob ſie gleich hauptſaͤchtlich bey ihrem Haußweſen, als gegen- waͤrtig anzuſehen ſind. So bricht auch in Rei- chen offt eine Conſpiration und Rebellion aus, oder iſt wenigſtens dem Ausbruche nahe kommen, ohne daß iemand der an der Regierung Theil hat, etwas davon inne geworden iſt: §. 36. Die Unterſuchung der Urſachen einer Begebenheit iſt ſchwer in Regeln zu bringen. Jn dieſen beyden Faͤllen, da man zu einer Begebenheit kommt, ohne das Vorhergegangene, welches in das Gegenwaͤrtige einſchlaͤgt, geſe- hen, oder bemerckt zu haben, entſtehet nun eine Un- terſuchung der Urſachen der Begebenheit: Welches eine der ſchwerſten, und verwickelſten Handlungen unſeres Verſtandes, und unſerer Seele iſt. Was nur bey bloß coͤrperlichen Begebenheiten, vor Schwierigkeiten vorkommen, wenn man die Urſachen ausfuͤndig machen will, das haben wir in den vernuͤnfftigen Gedan- cken, vom Wahrſcheinlichen, und deſſen ge- faͤhrlichen Mißbrauche. V. Betracht. all- bereits erklaͤret, worauf wir uns, beliebter Kuͤrtze halber, nun beziehen. Jetzo ſehen wir hauptſaͤch- lich auf die Begebenheiten, die von menſchlichen Willen und Anſtalten abhangen; bey welchen zwar bloß coͤrperliche Begebenheiten auch gar ſehr einſchla-

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/287>, abgerufen am 25.04.2024.