Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

v. d. Zusammenhange d. Begebenh. etc.
geben kan, und den der Höchste öffters den grösten
Helden, nach seinem Wohlgefallen entziehet, war
dazumahl, als Pompejus mit den Seeräubern strit-
te, bey ihm in der grösten Uebermaß, und war ihm
hingegen entfallen, sobald, als er wegen Cäsars
Anrückung, Rom zu verlassen genöthigt wurde.

§. 51.
Zusammenfügung derer Begebenheiten.

Nehmen wir also zwey Begebenheiten zusam-
men, die nicht allein auf einander gefolgt, sondern
sogar aus einander geflossen sind, so wird sich den-
noch niemahls die eine völlig zu der andern, wie
der Fordersatz zum Schlußsatze verhalten; weilen
nehmlich die nachfolgende allemahl nur zum Theil
ihren Grund in der vorhergehenden hat. So ist
zwar nichts natürlicher, als daß ein Mörder zu ge-
fänglicher Hafft gebracht wird: Dieses kan nicht
allein geschehen, sondern es soll auch geschehen.
Unterdessen, wenn wir weiter nichts wissen, als daß
iemand einen Mord begangen, so können wir
durch keinen menschlichen Witz ausmachen, oder
schlüssen, daß er müsse arretirt seyn, denn er kan
entflohen seyn, und dieses kan sich sowohl durch
Nachsicht, oder Nachläßigkeit des Richters, und
der Personen, die dazu nöthig sind, als auch ohne
ihre Schuld geschehen. Wird er also würcklich
gefangen gesetzet, so ist nebst der That, die Sorg-
falt des Richters die Ursach darvon, zu welcher
noch die Geflissenheit der Diener hinzukommen
muß. Das Flüssen einer Begebenheit aus
der andern, und das Flüssen der allgemeinen

Wahr-
S

v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
geben kan, und den der Hoͤchſte oͤffters den groͤſten
Helden, nach ſeinem Wohlgefallen entziehet, war
dazumahl, als Pompejus mit den Seeraͤubern ſtrit-
te, bey ihm in der groͤſten Uebermaß, und war ihm
hingegen entfallen, ſobald, als er wegen Caͤſars
Anruͤckung, Rom zu verlaſſen genoͤthigt wurde.

§. 51.
Zuſammenfuͤgung derer Begebenheiten.

Nehmen wir alſo zwey Begebenheiten zuſam-
men, die nicht allein auf einander gefolgt, ſondern
ſogar aus einander gefloſſen ſind, ſo wird ſich den-
noch niemahls die eine voͤllig zu der andern, wie
der Forderſatz zum Schlußſatze verhalten; weilen
nehmlich die nachfolgende allemahl nur zum Theil
ihren Grund in der vorhergehenden hat. So iſt
zwar nichts natuͤrlicher, als daß ein Moͤrder zu ge-
faͤnglicher Hafft gebracht wird: Dieſes kan nicht
allein geſchehen, ſondern es ſoll auch geſchehen.
Unterdeſſen, wenn wir weiter nichts wiſſen, als daß
iemand einen Mord begangen, ſo koͤnnen wir
durch keinen menſchlichen Witz ausmachen, oder
ſchluͤſſen, daß er muͤſſe arretirt ſeyn, denn er kan
entflohen ſeyn, und dieſes kan ſich ſowohl durch
Nachſicht, oder Nachlaͤßigkeit des Richters, und
der Perſonen, die dazu noͤthig ſind, als auch ohne
ihre Schuld geſchehen. Wird er alſo wuͤrcklich
gefangen geſetzet, ſo iſt nebſt der That, die Sorg-
falt des Richters die Urſach darvon, zu welcher
noch die Gefliſſenheit der Diener hinzukommen
muß. Das Fluͤſſen einer Begebenheit aus
der andern, und das Fluͤſſen der allgemeinen

Wahr-
S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0309" n="273"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">v. d. Zu&#x017F;ammenhange d. Begebenh. &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
geben kan, und den der Ho&#x0364;ch&#x017F;te o&#x0364;ffters den gro&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
Helden, nach &#x017F;einem Wohlgefallen entziehet, war<lb/>
dazumahl, als Pompejus mit den Seera&#x0364;ubern &#x017F;trit-<lb/>
te, bey ihm in der gro&#x0364;&#x017F;ten Uebermaß, und war ihm<lb/>
hingegen entfallen, &#x017F;obald, als er wegen Ca&#x0364;&#x017F;ars<lb/>
Anru&#x0364;ckung, Rom zu verla&#x017F;&#x017F;en geno&#x0364;thigt wurde.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 51.<lb/>
Zu&#x017F;ammenfu&#x0364;gung derer Begebenheiten.</head><lb/>
          <p>Nehmen wir al&#x017F;o zwey Begebenheiten zu&#x017F;am-<lb/>
men, die nicht allein auf einander gefolgt, &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;ogar aus einander geflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind, &#x017F;o wird &#x017F;ich den-<lb/>
noch niemahls die eine vo&#x0364;llig zu der andern, wie<lb/>
der Forder&#x017F;atz zum Schluß&#x017F;atze verhalten; weilen<lb/>
nehmlich die nachfolgende allemahl nur zum Theil<lb/>
ihren Grund in der vorhergehenden hat. So i&#x017F;t<lb/>
zwar nichts natu&#x0364;rlicher, als daß ein Mo&#x0364;rder zu ge-<lb/>
fa&#x0364;nglicher Hafft gebracht wird: Die&#x017F;es <hi rendition="#fr">kan</hi> nicht<lb/>
allein ge&#x017F;chehen, &#x017F;ondern es <hi rendition="#fr">&#x017F;oll</hi> auch ge&#x017F;chehen.<lb/>
Unterde&#x017F;&#x017F;en, wenn wir weiter nichts wi&#x017F;&#x017F;en, als daß<lb/>
iemand einen Mord begangen, &#x017F;o ko&#x0364;nnen wir<lb/>
durch keinen men&#x017F;chlichen Witz ausmachen, oder<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e arretirt &#x017F;eyn, denn er kan<lb/>
entflohen &#x017F;eyn, und die&#x017F;es kan &#x017F;ich &#x017F;owohl durch<lb/>
Nach&#x017F;icht, oder Nachla&#x0364;ßigkeit des Richters, und<lb/>
der Per&#x017F;onen, die dazu no&#x0364;thig &#x017F;ind, als auch ohne<lb/>
ihre Schuld ge&#x017F;chehen. Wird er al&#x017F;o wu&#x0364;rcklich<lb/>
gefangen ge&#x017F;etzet, &#x017F;o i&#x017F;t neb&#x017F;t der That, die Sorg-<lb/>
falt des Richters die Ur&#x017F;ach darvon, zu welcher<lb/>
noch die Gefli&#x017F;&#x017F;enheit der Diener hinzukommen<lb/>
muß. Das <hi rendition="#fr">Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</hi> einer <hi rendition="#fr">Begebenheit</hi> aus<lb/>
der andern, und das Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">der allgemeinen</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Wahr-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0309] v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc. geben kan, und den der Hoͤchſte oͤffters den groͤſten Helden, nach ſeinem Wohlgefallen entziehet, war dazumahl, als Pompejus mit den Seeraͤubern ſtrit- te, bey ihm in der groͤſten Uebermaß, und war ihm hingegen entfallen, ſobald, als er wegen Caͤſars Anruͤckung, Rom zu verlaſſen genoͤthigt wurde. §. 51. Zuſammenfuͤgung derer Begebenheiten. Nehmen wir alſo zwey Begebenheiten zuſam- men, die nicht allein auf einander gefolgt, ſondern ſogar aus einander gefloſſen ſind, ſo wird ſich den- noch niemahls die eine voͤllig zu der andern, wie der Forderſatz zum Schlußſatze verhalten; weilen nehmlich die nachfolgende allemahl nur zum Theil ihren Grund in der vorhergehenden hat. So iſt zwar nichts natuͤrlicher, als daß ein Moͤrder zu ge- faͤnglicher Hafft gebracht wird: Dieſes kan nicht allein geſchehen, ſondern es ſoll auch geſchehen. Unterdeſſen, wenn wir weiter nichts wiſſen, als daß iemand einen Mord begangen, ſo koͤnnen wir durch keinen menſchlichen Witz ausmachen, oder ſchluͤſſen, daß er muͤſſe arretirt ſeyn, denn er kan entflohen ſeyn, und dieſes kan ſich ſowohl durch Nachſicht, oder Nachlaͤßigkeit des Richters, und der Perſonen, die dazu noͤthig ſind, als auch ohne ihre Schuld geſchehen. Wird er alſo wuͤrcklich gefangen geſetzet, ſo iſt nebſt der That, die Sorg- falt des Richters die Urſach darvon, zu welcher noch die Gefliſſenheit der Diener hinzukommen muß. Das Fluͤſſen einer Begebenheit aus der andern, und das Fluͤſſen der allgemeinen Wahr- S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/309
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/309>, abgerufen am 23.04.2024.