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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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v. d. historischen Wahrscheinlichkeit.
eine Menge Gedancken! die man in den an-
dern erwecken, und denen man begegnen muß,
um ihm eine Geschichte so wahrscheinlich zu ma-
chen, wie sie uns ist? 2. Da die Einrichtung einer
gantzen Erzehlung, auch noch keine bekannte Re-
gel hat, ausser was wir von dem Grundrisse einer
Erzehlung gewiesen (§. 18. C. 6.), welches doch
aus einer andern angeführten Ursach (§. 26. C. 6.),
die Einrichtung einer jeden Erzehlung noch nicht
genugsam bestimmet; so wird man Noth haben,
auch nach Beobachtung dieser neuen Regeln, sei-
nes Hertzens Sinn, fremden gantz und gar zu er-
öffnen, und dadurch die Wahrscheinlichkeit bey
andern zu erpressen; so wie es bey der gewissen
Erkentniß möglich seyn muß, den andern von der
Gründlichkeit der Sache, so übel er sich auch dar-
zu anschickt, zu überzeigen.

§. 19.
Dritte wichtige Art der wahrscheinlichen
Stücke in der Historie.

Ein Hauptwerck aber, worinnen sich die histo-
rische Wahrscheinlichkeit recht spiegelt, ist ferner
die Angebung der Ursachen von vergangenen
Dingen. Nun wird man aus unserer Theorie
von dieser Sache (§. 36. seq. C. 8.) ersehen ha-
ben, sowohl wie man disher keine festgesetzten Prin-
cipia
gehabt, von den Ursachen der Begeben-
heiten zu urtheilen, oder zu reden; als auch, was
es vor Bedencklichkeit habe, wenn man in die Ur-
sachen einer Begebenheit hinein gehen will. Un-
terdessen da wir nunmehro Formeln haben, wie

man
Y 3

v. d. hiſtoriſchen Wahrſcheinlichkeit.
eine Menge Gedancken! die man in den an-
dern erwecken, und denen man begegnen muß,
um ihm eine Geſchichte ſo wahrſcheinlich zu ma-
chen, wie ſie uns iſt? 2. Da die Einrichtung einer
gantzen Erzehlung, auch noch keine bekannte Re-
gel hat, auſſer was wir von dem Grundriſſe einer
Erzehlung gewieſen (§. 18. C. 6.), welches doch
aus einer andern angefuͤhrten Urſach (§. 26. C. 6.),
die Einrichtung einer jeden Erzehlung noch nicht
genugſam beſtimmet; ſo wird man Noth haben,
auch nach Beobachtung dieſer neuen Regeln, ſei-
nes Hertzens Sinn, fremden gantz und gar zu er-
oͤffnen, und dadurch die Wahrſcheinlichkeit bey
andern zu erpreſſen; ſo wie es bey der gewiſſen
Erkentniß moͤglich ſeyn muß, den andern von der
Gruͤndlichkeit der Sache, ſo uͤbel er ſich auch dar-
zu anſchickt, zu uͤberzeigen.

§. 19.
Dritte wichtige Art der wahrſcheinlichen
Stuͤcke in der Hiſtorie.

Ein Hauptwerck aber, worinnen ſich die hiſto-
riſche Wahrſcheinlichkeit recht ſpiegelt, iſt ferner
die Angebung der Urſachen von vergangenen
Dingen. Nun wird man aus unſerer Theorie
von dieſer Sache (§. 36. ſeq. C. 8.) erſehen ha-
ben, ſowohl wie man disher keine feſtgeſetzten Prin-
cipia
gehabt, von den Urſachen der Begeben-
heiten zu urtheilen, oder zu reden; als auch, was
es vor Bedencklichkeit habe, wenn man in die Ur-
ſachen einer Begebenheit hinein gehen will. Un-
terdeſſen da wir nunmehro Formeln haben, wie

man
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[341/0377] v. d. hiſtoriſchen Wahrſcheinlichkeit. eine Menge Gedancken! die man in den an- dern erwecken, und denen man begegnen muß, um ihm eine Geſchichte ſo wahrſcheinlich zu ma- chen, wie ſie uns iſt? 2. Da die Einrichtung einer gantzen Erzehlung, auch noch keine bekannte Re- gel hat, auſſer was wir von dem Grundriſſe einer Erzehlung gewieſen (§. 18. C. 6.), welches doch aus einer andern angefuͤhrten Urſach (§. 26. C. 6.), die Einrichtung einer jeden Erzehlung noch nicht genugſam beſtimmet; ſo wird man Noth haben, auch nach Beobachtung dieſer neuen Regeln, ſei- nes Hertzens Sinn, fremden gantz und gar zu er- oͤffnen, und dadurch die Wahrſcheinlichkeit bey andern zu erpreſſen; ſo wie es bey der gewiſſen Erkentniß moͤglich ſeyn muß, den andern von der Gruͤndlichkeit der Sache, ſo uͤbel er ſich auch dar- zu anſchickt, zu uͤberzeigen. §. 19. Dritte wichtige Art der wahrſcheinlichen Stuͤcke in der Hiſtorie. Ein Hauptwerck aber, worinnen ſich die hiſto- riſche Wahrſcheinlichkeit recht ſpiegelt, iſt ferner die Angebung der Urſachen von vergangenen Dingen. Nun wird man aus unſerer Theorie von dieſer Sache (§. 36. ſeq. C. 8.) erſehen ha- ben, ſowohl wie man disher keine feſtgeſetzten Prin- cipia gehabt, von den Urſachen der Begeben- heiten zu urtheilen, oder zu reden; als auch, was es vor Bedencklichkeit habe, wenn man in die Ur- ſachen einer Begebenheit hinein gehen will. Un- terdeſſen da wir nunmehro Formeln haben, wie man Y 3

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/377>, abgerufen am 25.04.2024.