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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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Zweytes Capitel,
sind sie nicht von einerley Dauer. Die so ge-
nannten Weltcörper sind die allerdauerhaffte-
sten: als welche, weil Menschen auf der Erde
sind, gedauert haben; ausser daß die Sternse-
her einen und andern Stern vermissen, der sonst
gesehen worden. Die Cometen hat man, weil
sie eben zu geschwinde erscheinen, und wieder
unsichtbar werden, lange Zeit nicht vor Weltcör-
per angesehen. Auf unserer Erde sind theils eben
so alte Stücke anzutreffen; theils aber, besonders
die kleinern, sehen wir hauffenweise entstehen und
wieder vergehen.

§. 2.
Hauptsächlich aber durchs Gefühl vor-
gestellt.

Ohngeachtet wir fast alle Cörper durch die
Augen entdecken, so ist es doch eigentlich das Ge-
fühl,
wodurch wir von der Existentz der eintzeln
Cörper ausser uns, versichert werden. Wenn
wir in der Dämmerung etwas sehen, oder zu se-
hen vermeinen, so gehen wir hin und wollen den
gesehenen Cörper auch anfühlen, um uns dadurch
von seinem Daseyn zu versichern. Finden wir
nichts das wir greiffen könnten, so sagen wir: Es
sey nichts da. Hingegen wenn wir etwas füh-
len, wenn wir es gleich nicht sehen, wie im stock-
finstern, so zweifeln wir nicht, daß ein Cörper
vorhanden sey? und das Sehen, wenn es hin-
zukomt, hilfft uns nur genauer zu erkennen, was
es vor ein Cörper sey?

§. 3.

Zweytes Capitel,
ſind ſie nicht von einerley Dauer. Die ſo ge-
nannten Weltcoͤrper ſind die allerdauerhaffte-
ſten: als welche, weil Menſchen auf der Erde
ſind, gedauert haben; auſſer daß die Sternſe-
her einen und andern Stern vermiſſen, der ſonſt
geſehen worden. Die Cometen hat man, weil
ſie eben zu geſchwinde erſcheinen, und wieder
unſichtbar werden, lange Zeit nicht vor Weltcoͤr-
per angeſehen. Auf unſerer Erde ſind theils eben
ſo alte Stuͤcke anzutreffen; theils aber, beſonders
die kleinern, ſehen wir hauffenweiſe entſtehen und
wieder vergehen.

§. 2.
Hauptſaͤchlich aber durchs Gefuͤhl vor-
geſtellt.

Ohngeachtet wir faſt alle Coͤrper durch die
Augen entdecken, ſo iſt es doch eigentlich das Ge-
fuͤhl,
wodurch wir von der Exiſtentz der eintzeln
Coͤrper auſſer uns, verſichert werden. Wenn
wir in der Daͤmmerung etwas ſehen, oder zu ſe-
hen vermeinen, ſo gehen wir hin und wollen den
geſehenen Coͤrper auch anfuͤhlen, um uns dadurch
von ſeinem Daſeyn zu verſichern. Finden wir
nichts das wir greiffen koͤnnten, ſo ſagen wir: Es
ſey nichts da. Hingegen wenn wir etwas fuͤh-
len, wenn wir es gleich nicht ſehen, wie im ſtock-
finſtern, ſo zweifeln wir nicht, daß ein Coͤrper
vorhanden ſey? und das Sehen, wenn es hin-
zukomt, hilfft uns nur genauer zu erkennen, was
es vor ein Coͤrper ſey?

§. 3.
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[28/0064] Zweytes Capitel, ſind ſie nicht von einerley Dauer. Die ſo ge- nannten Weltcoͤrper ſind die allerdauerhaffte- ſten: als welche, weil Menſchen auf der Erde ſind, gedauert haben; auſſer daß die Sternſe- her einen und andern Stern vermiſſen, der ſonſt geſehen worden. Die Cometen hat man, weil ſie eben zu geſchwinde erſcheinen, und wieder unſichtbar werden, lange Zeit nicht vor Weltcoͤr- per angeſehen. Auf unſerer Erde ſind theils eben ſo alte Stuͤcke anzutreffen; theils aber, beſonders die kleinern, ſehen wir hauffenweiſe entſtehen und wieder vergehen. §. 2. Hauptſaͤchlich aber durchs Gefuͤhl vor- geſtellt. Ohngeachtet wir faſt alle Coͤrper durch die Augen entdecken, ſo iſt es doch eigentlich das Ge- fuͤhl, wodurch wir von der Exiſtentz der eintzeln Coͤrper auſſer uns, verſichert werden. Wenn wir in der Daͤmmerung etwas ſehen, oder zu ſe- hen vermeinen, ſo gehen wir hin und wollen den geſehenen Coͤrper auch anfuͤhlen, um uns dadurch von ſeinem Daſeyn zu verſichern. Finden wir nichts das wir greiffen koͤnnten, ſo ſagen wir: Es ſey nichts da. Hingegen wenn wir etwas fuͤh- len, wenn wir es gleich nicht ſehen, wie im ſtock- finſtern, ſo zweifeln wir nicht, daß ein Coͤrper vorhanden ſey? und das Sehen, wenn es hin- zukomt, hilfft uns nur genauer zu erkennen, was es vor ein Coͤrper ſey? §. 3.

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/64>, abgerufen am 28.03.2024.